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Arbeiterstatistik. 1 Begriff nnd Aufgaben — Arten und Notwendigkeit der Lösung 1 IL Organisation der Arbeiterstatistik im Ausland. 12 § 1. Vereinigte Staaten von Nordamerika 12 § 2. England 19 § 3. Frankreich 27 § 4. Belgien 42 § 5. Schweiz 51 § 6. Österreich 72 m. Die bisherige Pflege der Arbeiterstatistik in Deutsch- land 93 Einleitung 93 § 1. Gelegentliche Arbeiterstatistik 95 § 2. Die Thätigkeit der Kommission für Arbeiterstatistik . 101 § 3. Die Amtlichen Mitt^ungen aus den Berichten der Ge- werbeaufsichtsbeamten 107 § 4. Die Statistik der Streiks und Aussperrungen . . . . 113 § 5. Die Volks-, Berufs- und Gewerbezahlungen .... 120 § 6. Die Arbeiter -Versicherungsstatistik 135 § 7. Arbeitsstatistische Leistungen von Organen der Arbeiter- Interessenvertretung 145 IV. Ein deutsches Reichsarbeitsamt 148 Einleitung 148 § 1. Vorschläge, betr. die Oi^nisation einer deutschen Arbeiterstatistik 150 § 2. Gesetzentwurf, betr. die Gründung eines arbeitsstatisti- schen Reichsamts (Beichsaibeitsamts) 163 Alle Bechte vorbehalten. ™^ L ArbeiterstatistÜL Begrijff und Aufgaben. Arten und Notwendigkeit der Lösung. Oft und eindringlich ist- in neuerer Zeit unsere mangelnde Kenntnis sowohl von den sozialen Zuständen im allgemeinen als auch besonders von der Lage der sogen, „arbeitenden Klassen" beklagt und zur Abstellung dieses Mangels auf den Weg der Ai'beiter-Statistik verwiesen worden. Verstehen wir mit Schoen- berg^) darunter „die richtige, genaue erschöpfende Feststellung und Klarlegung aller auf die materielle und soziale Lage der arbeitenden Klassen bezäglichen und zu deren richtiger Be- urteilung wesentlichen Verhältnisse", so ist es klar, dass wir es bei einer derartigen Feststellung mit einer äusserst schwierigen und umfangreichen Aufgabe zu thun haben. Denn nicht nur, dass die sogen, „arbeitenden Klassen" (besser wohl Klasse), d. h. alle diejenigen, welche zur Fristung ihres Lebens aus- schliesslich auf den Verkauf ihrer Arbeitskraft gegen Lohn an- gewiesen sind, einen sehr beträchtlichen Teü der Gresamt- bevölkerung eines modernen Staates ausmachen, wird auch das, was wir unter der Lage einer Gresellschaftsklasse oder auch nur eines einzelnen Gliedes derselben, verstehen, durch eine grosse Anzahl der verschiedensten Momente charakterisiert und be- stimmt; und wird endlich auch der Kieis der auf die Lage der Arbeiter nur „bezüglichen" Verhältnisse ein sehr umfang- reicher sein. Suchen wir jene Aufgabe zunächst ganz im allgemeinen näher zu bestimmen, so wird der Arbeiter-Statistiker oder, wie wir der Einfachheit wegen kurz sagen wollen, der Arbeits ^)- Statistiker ein Dreifaches zu berücksichtigen haben. Er wird — wenn anders wir die Thätigkeit des Statistikers nicht auf die zahlenmässige Feststellung sozialer Massen-Erscheinungen be- ») Schoenberg, HWB. 2. Aufl. ') Ungenau werden Arbeiter- und Arbeitsstatistik von Schönberg, von Inama-Stemegg u. a. häufig nicht unterschieden, obwohl streng genommen Gegenstand jener nur der Arbeiter, Gegenstand dieser nur die Arbeit sein kann, beide aber begrifflich doch durchaus zweierlei bedeuten. — So wäre sehr wohl eine Arbeitsstatistik denkbar, die es lediglich mit der zahlenmässigen FeststeUung der Arbeit, sei es im Sinne von Arbeitsleistung, Arbeitsprodukt, sei es im Sinne von Arbeitsweise (-methode, -technik) zu thun hat. Dreydorff, Ein dentschos BeicbsarbeitMmt. 1 — 2 — schi'änkeii wollen, sondern von ihm auch eine Erklärung und Be- urteilung^) der von ihm gefundenen Zahlen verlangen, nicht nur: 1) zahlenmässig alle diejenigen Verhältnisse zu ermitteln haben, in denen der Arbeiter als handelndes oder leidendes Subjekt selbst, seiner Beobachtung direkt zugänglich ist, sondern er wird in den Kreis seiner Betrachtungen auch einzu- beziehen haben diejenigen Thatsachen, die 2) uns jene Verhältnisse erklären, sowie 3) diejenigen, welche uns zu einem Urteil über dieselben gelangen lassen. Diese dritte Forderung aber ist gerechtfertigt, wenn wir der Statistik einmal den Charakter einer selbständigen Wissenschaft*) (auf dem Grebiete der Gresellschaftswissenschafteu) zuerkennen. Fassen wir von diesen drei verschiedenen Arten der Be- obachtung zunächst die erste näher ins Auge, die wir kurz die „Arbeiter-Statistik im engeren Sinne'' nennen können, so wird es sich hierbei wieder um ein Doppeltes handeln, nämlich 1) um eine quantitative, 2) um eine qualitative Feststellung, das heisst um eine solche, die uns über die Lage der Arbeiter in der Form von Zahlen einen erschöpfenden Aufschluss giebt. Eine jede dieser Feststellungen wird dann aber wieder in eine ganze Eeihe von Einzelfeststellungen zerfallen. So wird es für die erstere nicht genügen, die Arbeiter etwa nur als eine grosse Masse von der Gesamtbevölkemng ab- zugrenzen und als solche zur Ziffer zu bringen; sondern es wird nötig sein, eine Auszählung dieser Masse nach den verschieden- sten Gesichtspunkten vorzunehmen; so nach: Greschleoht, Alter, Oivilstand, Beruf, Stellung im Beruf, Betriebsform (Fabrik, Heim- arbeit), Haupt- und Nebenberuf, Familien bzw. Haushaltungen (Grösse und Zusammensetzung derselben; letztere wieder nach Greschlecht, Alter und Erwerbsthätigkeit der Mitglieder) u. s. w. Aber auch diese besonderen Auszählungen würden ein noch viel zu allgemeines Bild ergeben, wenn sie nur für das, die Ge- samtbevölkerung umschliessende Staatsgebiet im ganzen vor- genommen würden. Über die ausserordentlich wichtige Art der Verteilung der oben genannten Kategorien (des Geschlechts, Alters u. s. w.) sowohl in lokaler Beziehung wie in Hinsicht auf ^) Vgl. y. MayT) Statistik und GteseUschaftslehre, I., S. 23 : «Wenn (dabei) von Q^selfichaftslehre und nicht bloss yon G^sellschafts künde die Rede ist, so hängft dies mit der Grundauffassung der neuzeitlichen Statistik zusammen, welche die wissenschaftliche Aufgabe des Forschers mit der blossen Darlegung des Zählungs- und Messungsbefundes (Kunde) noch nicht für erledigt hält, sondern darüber hinaus zur weiteren, kombinierenden Durchforschung des Materials im Sinne der Ergründung yon Regelmässigkeiten und Gesetz- mässigkeiten der Zustände und Erscheinungen, insbesondere auf dem Gebiete de/ k.ausalitätsbeziehungen, schreitet (Lehre)/ «) Vgl. V. Majrr, ebenda S. 22. 1 — 3 — die verschiedenen Berufsabteilungen, -Gruppen, -Arten würden wir durch sie noch gar nichts erfahren. Also mussten auch diese beiden Gesichtspunkte für eine quantitative Feststellung mit in Eücksicht gezogen werden, wobei hinsichtlich der lokalen Verteilung noch die Frage zu erörtern wäre, ob es sich empfehlen würde, eine Zerlegung des Staats- gebietes in einzelne Abschnitte vorzunehmen, nicht nur einmal nach dem äusserlichen Einteilungsgrund der politisch-staatlichen Verwaltung (Einzelstaaten, Provinzen, Kreise u. s. w,) , sondern daneben auch nach Verschiedenheiten allgemein -geographischer Natur oder etwa nach dem besonderen Charakter, der einer Gegend durch den vorwiegenden Beruf der in ihr ansässigen Be- völkerung aufgeprägt ist. (Agrarische, industrielle Gebiete.) Was nun diese erste quantitative Feststellung ganz im all- gemeinen betrifft, so wird ohne weiteres ersichtlich, dass dieselbe bei mancher ihrer Einzeluntersuchungen bereits in eine qualitative Feststellung umschlägt; so beispielsweise, wenn es sich um die Auszählung der Arbeitermasse nach Haushaltungen, nach dem Beruf, nach der Beschäftigung der verheirateten Frauen, nach der fiir den Arbeiter massgebenden Betriebsform (Fabrik- oder Hausindustrie) und dergl. handelt. Allein diese Ermittlungen qualitativer A-t würden natürlich keineswegs ausreichen, um uns von der Lage der arbeitenden Klasse ein nur einigermassen voll- ständiges Bild zu geben; vielmehr würde man es danach nur mit einigen ganz flüchtigen Konturen eines solchen zu thun haben. Denn was wir unter Qualität der Arbeiterverhältnisse im weitesten Sinne zu verstehen haben, bedeutet Lebensweise, Lebenshaltung und drückt sich, wie schon bemerkt, in einer so grossen Zahl der verschiedensten Momente aus, dass zu ihrer Aufstellung ein bei weitem tieferes Eindringen und eine Indi- vidualisierung erforderlich wird, wie sie bei Ermittelungen der oben genannten Art nicht möglich sind. Bedeutet nun aber weiter Lebenshaltung zugleich soviel wie Lebensgestaltung, so würde sich eine qualitative Untersuchung vor allem auf folgendes erstrecken müssen. Sie würde — prinzipiell wenigstens — für die Arbeiter zahlenmässig festzustellen haben, deren L Lebensgestaltung: Nativität. ^ Mortalität (insbesondere Kindersterblichkeit). Morbidität (inkl. ünfäDe). Salubrität n. Lebensweise und Lebenshaltung: A. Das Budget: 1. Einnalmien und Einnahmequellen. 2. Ausgaben: a) materieller b) geistiger Art 1* — 4 — 3. Konsum: a) in quantitativer b) in qualitativer Beziehung. B. Die Arbeit: 1. Arbeitsstätte. 2. Arbeitsart. 3. Arbeitszeit (Dauer). 4. Arbeitslohn. 5. Arbeitslosigkeit. 6. Arbeitsvertrag. 7. Arbeitseinstellung und Aussperrung. 8. Verhältnis zum Arbeitgeber. C. Der Arbeiter in sozialer Beziehung, gegen- über der Gesamtheit und als Glied einer besonderen sozialen Gruppe (Organisation). 1. in religiöser, 2. in geistiger, 3. in moralischer, 4. in rechtlicher, 5. in politischer Beziehung. Dies — wenigstens in den Hauptzügen — ein Programm, dessen Ausführung bei gleichzeitiger Erfassung der arbeitenden Klasse nach ihren allgemein -demographischen und beruflichen Momenten uns ein Bild von deren materieller und sozialer Lage verschaffen würde. Wie schon aus dem oben Gesagten hervorgeht, soll jedoch nicht behauptet werden, dass nun damit bereits alle Aufgaben einer Arbeiterstatistik erfüllt seien. „AUe auf die materielle und soziale Lage der arbeitenden Klasse bezüglichen Verhält- nisse" im weiteren Sinne würden damit noch nicht erschöpft sein; denn dazu würden auch alle diejenigen Verhältnisse und Thatsachen gehören, durch welche jene von uns gefundenen Zahlen erst bedingt werden. Ohne sie aber wäre wieder eine Erklärung dieser Zahlen, wie wir sie vom Statistiker verlangten, ausgeschlossen oder doch nur zum Teil möglich. Selbstverständlich wird auch der Kreis dieser auf die Lage der Arbeiter bezüglichen Verhältnisse im weiteren Sinne ein ziemlich umfangreicher sein. Es würde beispielsweise zu ihm gehören: die Lage des Arbeitsmarktes im ganzen wie in den einzelnen Berufen, die Zollpolitik wie gewisse Zollsätze, das An- gebot wie die Preise sämtlicher Gegenstände der Konsumtion (wie Lebensmittel, Kleider, Wohnung, Bildungsmittel u. s. w.). ijnerörtert wollen wir dabei die Frage lassen, ob auch für alle diese Verhältnisse eine genaue und erschöpfende Fest- stellung erforderlich wäre. Ebenso möchten mv darauf ver- ^ — 5 — ziehten, auch für diesen Teil der Arbeiterstatistik ein detailliertes Programm zu entwerfen, da yielleicht eine nähere Betrachtung des oben mitgeteilten Arbeitsplanes ergeben wird, dass derselbe nicht in allen seinen Teilen durchfuhrbar und durch Ermittelungen der eben genannten Art zu ergänzen ist. Angenommen aber auch, dass der Arbeitsstatistiker das nötige ZaUenmaterial beschafft hätte, um uns nicht nur ein Bild von der Lage der Arbeiter zu entwerfen, sondern uns dasselbe auch erklären zu können, so würde docli auch das noch nicht genügen, um uns auch zu einem Urteil über die Lage der Arbeiter gelangen zu lassen; was wir — wie oben bemerkt — gleich- falls zu den Aufgaben des Statistikers rechnen. Da wir aber zu einem Urteil nur durch ein Nebeneinander- halten und Gegeneinander -Abwägen vergleichbarer Dinge ge- langen können, so würde in unserem Falle, wo es sich um eine Gesellschaftsklasse, d. h. mn die Teilgemeinschaft eines ihm ver- wandten, grösseren Ganzen handelt, nötig sein, die Arbeiter- klasse quantitativ wie qualitativ zur Gesamtbevölkerung und den übrigen Klassen derselben in Beziehung zu setzen, mit ihnen zu vergleichen. Ob ein solcher Vergleich für alle von uns erwähnten Einzel- feststellungen quantitativer wie qualitativer Art erforderlich wäre, wollen wir dabei gleichfalls dahingestellt sein lassen, und hier nur soviel bemerken, dass nach dem Gesagten die Arbeiter- statistik dann allerdings nicht mehr und nicht weniger ist als — wie von Inama-Stemegg einmal sagt — „das, nur unter einen besonderen Gesichtspunkt gestellte Problem der Gesellschafts- ordnung selbst", dass jedoch ein nicht unbeträchtlicher Teil des zur Lösung dieses Problems erforderlichen Thatsachen-(Zahlen-) Materials mit Hilfe statistischer Aufiiahmen (Volkszählung, Be- rufs- und Gewerbezählungen u. a.) bereits gewonnen ist bezw. ein weiterer Teil durch den künftigen Ausbau solcher Aufiiahmen noch hinzugewonnen werden könnte. Kehren wir jedoch zunächst zur ersten der von uns der Arbeiterstatistik zugewiesenen Aufgaben und dem für sie ent- worfenen Programm zurück. Wenn wir dasselbe zur Gewinnung eines Bildes von der materiellen und sozialen Lage der Arbeiter als ausreichend be- zeichneten, so geschah das natürlich unter der vorläufigen An- nahme seiner Ausfohrbarkeit. Wir würden deshalb genötigt sein, diese Behauptung einzuschränken, wenn sich die Verwii-ldichimg unseres Programms in allen seinen Teilen, d. h.: die wichtige, genaue und erschöpfende — und da es sich um Statistik handelt — zahlenmässige Peststellung der Elemente aller von uns erwähnten sozialen Massenerscheinungen — als praktisch unmöglich heraus- stellen sollte. Zu diesem Ergebnis werden wir bei einer auch nur oberflächlichen Betrachtung der einzelnen Programmpunkte — 6 — und der ihrer streng-statistischen Behandlung entgegenstehenden Schwierigkeiten ohne weiteres gelangen. Gre&en wir zu diesem Zweck aus der grossen Zahl der za behandelnden Materien hier nur einige der wichtigsten heraus. So in erster Linie die Wohnungsstatistik, die gerade in neuester Zeit wieder, und zwar von verschiedener Seite als eine der dringlichsten Forderungen auf sozial -politischem Gebiet geltend gemacht worden ist. Was zunächst die Praxis betrifift, so berechtigen die bis- herigen Versuche, die Wohnungsverhältnisse selbst eines räumlich sehr beschränkten Gebietes mit den Mitteln der Statistik völlig klarzulegen, jedenfalls nicht dazu, die Frage nach der Ausfuhr- barkeit einer Wohnungsstatistik in bejahendem Sinne zu be- antworten. Ja es gilt dies selbst von der wegen ihrer Genauig- keit, Planmässigkeit und spezialisierten Forschungsweise als mustergültig allgemein anerkannten und wohl auch noch unüber- troffenen Untersuchung der Baseler Wohnungsverhältnisse im Jahre 1889. Erklärt doch deren Leiter und späterer Bearbeiter selbst, dass die dabei thätige Kommission in ihr Frageformular zwar erheblich mehr als bei den bisherigen statistischen Auf- nahmen dieser Art, aber doch nicht alles vnssenswerte habe aufnehmen können.') Aber auch über den vorliegenden Einzel- fall hinausgehend, bezeichnet Bücher „die zweckmässige Zu- sammenfassung aller wirtschaftlich, sozial und gesundheitlich wichtigen Momente, auf die es bei einer Wohnungsstatistik an- kommt, als ein vielleicht unlösbares Problem"; 2) und er begründet diese seine Vermutung, indem er das folgende^) geltend macht. Gelänge es auch — sagt er etwa — alle objektiv -fassbaren Merkmale einer Wohnungsstatistik eingehend zu erforschen — und dieser Merkmale wären sehr viele; es wüi'den dazu unter anderem auch gehören: die ganze Umgebung (Breite der an- liegenden Strassen, Höfe, Gärten u. s. w.), alles Zubehör (wie Keller- , Speicher- , Küchenverhältnisse , Abortseinrichtungen, Wasserbezug, Beleuchtungs- und Heizungseinrichtungen u.s.w.) — so hätten diese Ermittelungen doch nur einen beschränkten Wert, wenn wir nicht auch alles das kennen lernten, was den „sozialen Charakter" einer Wohnung ausmacht. (Die Bewohner, deren soziale Znsammensetzung und Beschäftigung, die Art der Wohnungsbenutzung.) Aber auch, wenn man das alles erfahren und erforschen könnte, es in einem bequemen tiberblick statistisch darzustellen, geht über menschliche Kräfte hinaus. Indessen nehmen wir einmal an, dass man sich bei einer Wohnungsstatistik mit der Ermittelung der Wohnungsmerkmale begnügen könnte, welche jene, vorzugsweise mit den Mitteln der Bücher, die Wohnungs-Enquete der Stadt Basel, vom 1. — 19. Februar 1899, S. 66. <) Ebenda S. 64. ») Ebenda S. 64 f. — 7 — Statistik arbeitende Baseler Wohnungsenqußte in Betraoht ge- zogen hat, so müssen wir ans doch gegenwärtig halten, dass sich diese Enqagte auf die Wohnungsverhältnisse nur einer Stadt beschränkt; weshalb es noch für durchaus zweifelhaft gelten muss, ob sich eine derartige Untersuchung nun auch in beliebig grösserer Ausdehnung, etwa für die Wohnungsverhältnisse eines ganzen Landes ausfüb^n liesse. — Um diesen Zweifel des nähern zu begründen, sei nur darauf hingewiesen, dass jene Baseler Enquete, um zu einer, für die Vergleichbarkeit der Ergebnisse unbedingt nötigen, festen Raumgrösse (Einheit) zu gelangen, eine genaue Ausmessung der Zimmerdimensionen verlangt hatte. Wie wir aber danach die Frage nach der Möglichkeit einer streng- statistischen Untersuchungsmethode für die Wohnungsverhältnisse verneinen müssen, so auch für eine ganze Reihe anderer Punkte des obigen Programms. Wir wollen hier weiter nur anziehen die Konsumtionsverhältnisse der Arbeiter nach Quantität und Qualität, deren blosse Erwähnung absurd erscheinen könnte, wenn nicht die Frage danach, theoretisch wenigstens, gerechtfertigt wäre^ Und melu* als das. Wenn für den Begriff der Statistik nicht der Umfang der beobachteten Masse, sondern die bei ihrer Be- obachtung angewandte Methode massgebend ist, und wenn, wie von Mayr mit Recht betont,') auch die einmalige Beobachtung eine Beobachtung bleibt und lücht als im Gregensatz zur Statistik stehend behandelt werden darf, so ist in der That Statistik der Konsumtionsverhältnisse der Arbeiter produziert worden. Freilich ist dieselbe eine so verschwindend geringe und dürftige — wir haben dabei nur wirklich statistische Arbeiten, nicht etwa die ja ziemlich zahlreichen Budgetermittelungen nach Art der Le Playschen Schule im Auge — dass fiir üire Durch* führbarkeit in grossem Style damit noch durchaus nichts bewiesen ist. Allein mehr als bei irgend einem anderen Gegenstande unseres Programms dürften bezüglich der Konsumtionsverhältnisse Erwägungen rein theoretischer Art genügen, um zu einem Aus- schluss ihrer statistischen Behandlung zu gelangen. Diese Er- wägungen selbst scheinen uns aber für jedermann so klar auf der Hand zu liegen, dass wir uns ein näheres Eingehen darauf wohl sparen können. Ein Gleiches wie für die Ermittelung der Wohnungs- und Konsumtionsverhältnisse dürfte aber, wie gesagt, noch för ver- schiedene andere Aufgaben des von uns aufgestellten arbeits- statistischen Programms gelten; so — um hier nur noch einige derselben namhaft zu machen — für die Klarlegung der gesund- heitlichen (Salubritäts-) Verhältnisse, der moralischen Zustände, der Höhe und Verteilung der Ausgaben, des Verhältnisses zum Arbeitgeber u. s. w. Eine streng -statistische Behandlung aller dieser Materien muss als unmöglich bezeichnet werden. *) A. a. 0. S. 98, Anm. 1. ^ 8 — Dies ausdi'ficklich zu betonen, dürfte aber umsomehi* am Platze sein, als — wie von Inama-Stemegg mit Recht betont^) — heutzutage viele, in dem Glauben: ein (centrales) arbeits- statistisches Amt werde über alle, ftir das Problem der sozialen Ordnung der arbeitenden Klassen nur irgend aufzustellenden Fragen eine bändige und erschöpfende Antwort geben, häufig Forderungen stellen, welche über den Bereich jeder Statistik weit hinausgehen. Dessen ungeachtet werden wir uns durch diese Erkenntnis keineswegs veranlasst sehen, jene för eine statistische Behand- I lung von uns als ungeeignet erkannten Gegenstände nun auch ' einfach aus unserem Programm zu streichen. Die Überzeugung von der beschränkten Anwendbarkeit einer bestimmten Unter- suchungsmefhode auf unser Programm, nötigt uns noch nicht zu einer Einschränkung dieses Programms selbst. — Sind doch einerseits jene Gegenstände, wie beispielsweise die Wohnungs- verhältnisse, für die Lage der Arbeiter und fär die Beurteilung derselben viel zu wichtig, als dass auf jeden Versuch einer, wenn auch nur annähernden Klarlegung derselben verzichtet werden könnte und fehlt es andererseits doch auch nicht an weiteren Mitteln der Erkenntnis, die — wenn sie auch die statistische Methode nicht zu ersetzen vermögen — uns doch zu wertvollen Aufschlüssen verhelfen können. Zu diesen ander- weitigen Mitteln der Erkenntnis rechnen wir: „die notizenartige Zahlenorientierung", die typische Einzelbeobachtung, die Schätzung und vor allem die Enquete. Zu untersuchen, welche von diesen vier Arten „ ausser-statistischer Orientierung", wie sie von Mayr nennt, nun für jede einzelne der, einer statistischen Behandlung unzugänglichen Materien, die geeignetste sei, darauf glauben wir liier, wo es sich nur um Erörterungen allgemeiner Natur handelt, verzichten zu dürfen. Dagegen müssen wir auf eine andere Frage an dieser Stelle noch kurz zu sprechen kommen, nämlich auf die Frage der Symptomstatistik, wie sie verschiedentlich, unter anderen auch von Fr. J. Neumann 2) empfohlen worden ist, und wie sie in den Fällen zur Anwendmig kommen soll, in denen die Elemente irgend einer sozialen Massenerseheinung direkt nicht oder niu- schwer' fassbar, wohl aber diejenigen einer anderen Massen- erseheinung, die für die erstere als „symptomatisch" angesehen werden. Um derartige Fälle könnte es sich aber auch bei dem von uns aufgestellten arbeits- „statistischen" Programm handeln. Es könnte sich ergeben, dass einige seiner besonderen Aufgaben weder mit den Mitteln der Statistik, noch, wenn auch unvoll- kommen, mit einer der oben erwähnten Arten ausser-statistischer *) Von Inama-Stemegg, Arbeiterstatistik (Statistische Monatsschrift, XVm. Jahrg. 1892) S. 127. «) Vgl. a. a. 0. — 9 — Orientierung zu lösen wären, und es erhebt sich damit die Frage, ob alsdann eine solche Statistik der Symptome zur Ergänzung herangezogen werden dürfte. Ohne uns hier auf eine Untersuchung der Fälle einzulassen, in denen diese Frage an uns herantreten würde, wollen wir die- selbe nur ganz allgemein dahin beantworten, dass eine derartige Statistik zwar nicht unbedingt von der Hand zu weisen, aber doch nur im äussersten Notfall zu empfehlen ist, und dass ihre Ergebnisse stets mit grösster Vorsicht aufzunehmen und zu ver- werten sind.^) Diese Auffassung findet ihre Begründung durch den Um- stand, dass aller Symptomstatistik und vor allem ihrer Be- nutzung ein sehr subjektives Moment anhaftet, indem die frag- lichen Symptome als Ausdruck irgend einer ganz bestimmten Thatsache oder Erscheinung gedeutet werden, während andere Erscheinungen, die vielleicht die Hauptursache bilden, jedenfalls aber mit in Betracht zu ziehen wären, völlig ignoriert werden. — Als Beispiel hierfür sei nur auf die bedenkliche Art verwiesen, in der so häufig — namentlich in der Presse — die Leihhaus- statistik angezogen wird, indem jede aufsteigende Bewegung des Pfandverkehrs als ein für die wirtschaftliche Lage breiter Schichten (besonders der arbeitenden Bevölkerung) ungünstiges, jede lückläuflge Bewegung als ein günstiges Zeichen gedeutet wird, obgleich in Wirklicläeit vielleicht gerade das Umgekehrte der FaU ist. 2) *) Vgl. auch von Inania-Stemegg, a. a. 0. S. 115. *) So heisst es in dem Yerwaltangsbericht des Magistrats der Stadt Breslau für die Jahre 1892/95, S. 535: „Die Geschäfte des städtischen Leih- amtes sind in den abgelaufenen drei Jahren immer mehr zurückgegangen. Wenn auch gleichzeitig die Privatleiher über einen auffallenden Rückgang ihrer Geschäfte zu klagen haben, so ist darin doch wohl nicht eine Hebung des Volkswohlstandes zu erkennen, sondern es dürften vielmehr die Gründe des aUgemeinen Rückganges der Leihgeschäfte darin zu suchen sein, dass viele stehende Kunden der Leihinstitute ihr Kreditbedürfnis jetzt vielfach auf anderem Wege begründen können." Und in dem Verwaltungsbericht des Rates der Stadt Dresden für das Jahr 1893 heisst es auf S. n, 87: „Was die Verminderung der kleinen, • zumeist auf Kleidungsstücke, Wäsche und Betten gewährten Darlehen betrifft, so könnte dieselbe, wenn man den Leihamtsverkehr als das Spiegelbild der Lage des kleinen Mannes betrachtet, als ein erfreuliches Zeichen für die zu- nehmende Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse der minderbemittelten Klassen angesehen werden/ — Der Bericht glaubt, dass dies auch zum Teil richtig ist, fahrt jedoch einige Zeilen weiter unten fort: „Aber zu einem nicht geringen Teile dürfte die Ursache der Rückwärtsbewegung des Versatz- geschäftes doch auf einem ganz anderen Gebiete zu suchen sein und ins- besondere in folgendem ihren Grund haben: Die besonders bei der Herstellung von Bekleidungsgegenständen herrschende Massenerzeugung minderwertiger Waren hat zur Folge, dass eine Menge derartiger Sachen zu ausserordentlich billigen Preisen auf den Markt geworfen wird. Die Sachen, aus sehr ge- ringen Stoffen, werden hauptsächlich von der Arbeiterbevölkerung getragen. Schon nach kurzem Gebrauch sind die Sachen jedoch in einem Zustande, dass sie, wenn sie dem Leihhause als Pfand angeboten werden, als unbeleihbar zurückgewiesen werden." — Es wird femer erwähnt der ungünstige Einfluss, — 10 — Fassen wir zum Schluss noch einmal kurz zusammen, was sich aus diesen Erörterungen über die Aufgaben der Arbeiterstatistik (im engeren Sinne) und deren Lösung ergiebt, so ist zu sagen: 1) Dass die Arbeiter-Statistik, obwohl sie es mit Massen- erscheinungen besonderer Art zu thun hat, losgelöst von der allgemeinen Statistik, speziell Sozialstatistik, nicht behandelt und ihre Aufgaben ohne diese beMedigend nicht erfüllt werden können; 2) dass die erste Aufgabe der Arbeiterstatistik — die Arbeiterstatistik im engeren Sinne — d. h.: die zahlen- mässige Ermittelung aller derjenigen Verhältnisse, in denen der Arbeiter als handelndes oder leidendes Subjekt selbst der Beobachtung zugänglich ist — sich prinzipiell auf alle Punkte des von uns aufgestellten Progranuns zu erstrecken hat, dass jedoch eine Lösung dieser Auf- gabe ausschliesslich mit den Mitteln der Statistik nicht möglich ist, vielmehr auch andere Untersuchungsmethoden angewandt, eventuell sogar wegen der praktischen Un- erreichbarkeit der Elemente einzelner Massenerscheinungen die Elemente anderer für jene symptomatischen Massen als Quellen der Erkenntnis benutzt werden müssen. (Symptom-Statistik.) Endlich noch ein Wort über die Notwendigkeit der Arbeiterstatistik, wiewohl zu deren Rechtfertigung neues kaum zu sagen ist. — Rein theoretisch betrachtet, ergiebt sich dieselbe als ein der Lösung bedürftiges Problem schon aus der Aufgabe der Statistik im allgemeinen, sofern wir diese mit von Mayr^) nur erblicken in „der auf erschöpfende, in Zahl und Mass festgelegte Massenbeobachtungen gegründeten lOarlegung der Zustände und Erscheinungen des gesellschaftlichen, mensch- lichen Lebens, soweit solche in den sozialen Massen zum Aus- diTick kommen." Dass die Arbeiterstatistik darum doch nicht, wie v. Inama- Stemegg sagt, zu einem selbständigen Hauptgebiet der Statistik ausgebildet werden kann, „weil von dem Problem, welches mit» der Arbeitsstatistik formuliert ist, kein Gebiet der Statistik un- berührt bleibt," beruht vorwiegend auf Gründen technischer Natur, ist aber für die Sache selbst gleichgiltig. den der rasche Wechsel der Frauenmoden in dieser Beziehung ausübt; das rasche Sinken des Silberpreises, — aUes Umstände, die die Taxatoren vor- sichtiger gemacht haben. ^Es erscheint daher erklärlich, " heisst es zum Schluss, „wenn in letzter Zeit die Zahl derjenigen Pfönder sich vermehrt hat, welche zurückgewiesen worden sind, weil sie für das niedrigste Darlehen von 3 Mk. keine genügende Sicherheit bieten. Im Jahre 1893 dürften aus diesem Grunde mindestens 10000 Personen im Leihamte abgewiesen worden sein, und dieser Umstand kann als eine weitere Ursache des Rückganges der Zahl der kleinen Pfänder betrachtet werden." ^) V. Mayr, a. a. 0. S. 22. — 11 — Wichtiger noch als die theoretische erscheint jedoch die prak- tische Seite der Frage. Dies nicht zum wenigsten auch für die Wissenschaft selbst, da leicht einzusehen ist, dass der eine Teil der vom Statistiker zu leistenden Arbeit, näinlich das rein-mecha- nische Auszählen der verschiedenen Massenelemente und vor allem auch die vorherige Ermittelung derselben, ein viel zu kolossaler ist, um von einem einzelnen Menschen bewältigt werden zu können, dass dazu vielmehr ein so umfangreicher Apparat erforderlich ist, wie ihn nur der Staat bereit zu stellen in der Lage ist. Allein mehr als darum handelt es sich bei Erwägung der praktischen Seit^ der Frage um Gründe, welche die Arbeiter- statistik als eine notwendig zu lösende Aufgabe für den Staat selbst erscheinen lassen. Will man mit Schönberg ^) auch schon die blosse Feststellung der auf die Lage der arbeitenden Klassen bezüglichen Verhält- nisse als eine Staatshilfe betrachten-, so wird man deren Not- wendigkeit gleich üim in erster Linie als absolute Staatspflicht schon aus der Staatsidee ableiten dürfen, indem man mit dem Begriff eines geordneten Staatswesens den Gedanken verbindet, dass die Staatsverwaltung den wirklichen Zustand aller Verhält- nisse, die ein öffentliches Interesse haben, kenne. Giebt man des weiteren zu, dass der Staat nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht habe, zu Gunsten der in wirt- schaftlicher und sozialer Beziehung Schwachen und Bedrängten gesetzgeberisch in das Leben seiner Volkswirtschaft einzugreifen — eine Anschauung, die von allen modernen Kulturstaaten wenigstens im Prinzip anerkannt sein dürfte — , so folgt die Not- wendigkeit der Arbeiterstatistik (zweitens) daraus, dass eine er- folgversprechende Arbeiterhilfe nicht ohne gründliche Kenntnis der Arbeiterverhältmsse möglich, zu dieser aber wieder nur auf dem Wege einer genauen und erschöpfenden Feststellung, d. h. eben einer Arbeiter„statistik" zu gelangen ist. Endlich (drittens) aber könnte die Notwendigkeit derselben auch — wie dies ver- schiedentlich geschehen ist — vom Gesichtspunkte der Staats- klugheit aus begründet werden, indem man durch die völlige Klar- stellung der fraglichen Verhältnisse einer sachgemässen öffentlichen Diskussion den Boden bereitet, den teils aus Unkenntnis, teils aus Parteileidenscheft fliessenden Übertreibungen von vornherein die Spitze abbricht und damit den Gefahren etwaiger gewalt- samer, revolutionärer Ausbrüche vorbeugt. Darf nach alledem aber also eine Arbeiterstatistik als eine notwendige Staatsaufgabe als hinreichend begründet gelten, so wird des weiteren zu erörtern sein, ob und inwieweit der Staat, insbesondere das Deutsche Reich, dieselbe bereits gelöst hat, und wenn solches bisher nicht oder nicht zur Genüge geschehen ist, mit welchen Mitteln und Wegen diese Lösung anzustreben ist. ^) Schönberg^, Arbeitsämter, eine Aufgabe des Deutschen Eeiches, S. 31. U. Organisation der Arbeiter statistik im Auslände. § 1. Tereinigte Staaten Ton Nordamerika. Ehe wir uns den arbeits-statistischen Leistungen des Deutschen Reiches zuwenden, sei es gestattet, erst kurz diejenigen des Aus- landes Revue passieren zu lassen, da wir auf diese Weise gleich einen Massstab für den Wert und Umfang der bisherigen deutschen Arbeiterstatistik gewinnen. — Sehen wir dabei ab von den- jenigen arbeits-statistischen Ergebnissen, die gleichsam als „Ab- fall" allgemeiner arbeits-statistischer Auftiahmen gewonnen werden, und beschränken wir uns auf diejenigen Untersuchungen, die lediglich oder doch in der Hauptsache die Aufklärung der Arbeiter- verhältnisse zum Zweck haben, so kommen für uns in erster Linie die Vereinigten Staaten von Nordamerika in Betracht. Denn mögen die von Seiten der Union und deren Bundesstaaten an- gestellten arbeits-statistischen Untersuchungen auch keineswegs als mustergiltige anzusehen sein, mögen dieselben vielfach mehr durch die Grösse des gesteckten Zieles imponieren, als in ihren Ergebnissen den Anforderungen einer strengen Statistik genügen, so sind doch Institute, mit der speziellen Aufgabe, Arbeiterstatistik zu treiben, zuerst von den Vereinigten Staaten von Nordamerika ins Leben gerufen worden. Neben den uneigennützigen Bemühungen arbeiterfreundlicher Sozialreformer verdanken dieselben ihre Entstehung vor allem der lebhaften Agitation der Arbeiter, welche die erstmalig 1866, auf dem Arbeiterkongress von Baltimore erhobene Forderung arbeits-statistischer Bureaus sämtlich in ihre verschiedenen Partei- programme aufgenommen hatten. — Diese Forderung wurde am frühesten verwirklicht für den hochentwickelten Industriestaat Massachusetts, dessen Senat, in der Besorgnis, andernfalls bei den Staatswahlen die Stimmen der Arbeiter zu verlieren, am 14. Juni 1869 einen Gresetzentwurf, betr. die Errichtung eines arbeits-statistischen Bureaus annahm. Trotz der unverhohlenen Abneigung des Unternehmertums gegen derartige Institutionen, folgten dem Beispiele Massachusetts im Laufe der nächsten Jahre noch weitere 20 Staaten, von denen die industriereichen östlichen den industriearmen, aber minen- reichen westlichen Staaten vorausgingen. — 13 — Es thaten dies — wenn aach unter yerschiedenem Namen, wie Bureau für Arbeitsstatistik, Bureau für Arbeits- und In- dustriestatistik, so doch zu gleichem Zweck — Pennsylvania 1872, Connecticut 1873, Ohio 1877, New-Jersey 1878, Missouri 1879, Illinois 1879, Indiana 1879, New- York, Kalifornien, Michi- gan, Wisconsin 1883, Jowa, Maryland 1884, Kansas 1885, Maine, Minnesota, North -Carolina, Colorado, Bhode- Island, Nebraska 1887. Wenn auch in Einzelheiten, auf die wir jedoch nicht weiter eingehen wollen, voneinander abweichend, ist die durch Gesetz der Einzelstaaten bestnnmte arbeitsstati^tische Aufgabe dieser Bureaus im wesentlichen dieselbe und besteht, um es mit den Worten des Gresetzes von Massachusetts auszudrücken, darin: „statistische Details über alle Arbeitszweige des Gemeinwesens, insbesondere in ihren Beziehungen zur kommerziellen, industriellen, sozialen, erzieherischen und gesundheitlichen Lage der arbeitenden Klassen und zum dauernden Gedeihen der Industrie des Gremein- wesens zu sammeln, zu sichten und zu systematisieren und in jährlichen Berichten ... der gesetzgebenden Körperschaft zu überreichen." Über diesen Bahmen einer eigentlichen Arbeiterstatistik gingen jedoch einige der genannten Staaten bei weitem hinaus; so Pennsylvanien, dessen Bureau mit der Auftiahme einer Pro- duktionsstatistik für Ackerbau, Bergbau, Handel und Gewerbe und andere geschäfüiche Interessen des Staats — also nicht nur eine Statistik der Arbeiter, sondern zugleich eine Statistik der Arbeit zur Aufgabe gemacht wurde. — Andere Bureaus wieder sollten neben ihrer arbeits-statistischen Thätigkeit die Funktionen der Fabrikinspektion, das Amt von Illinois auch noch gericht- liche Funktionen ausüben — eine Mannigfaltigkeit der Aufgaben, die aus dem Mangel einer systematischen Arbeiterschutzgesetz- gebung, wie sie beispielsweise das Deutsche Reich au&uweisen hat, wohl begreiflich erscheint, jedoch — wie das Beispiel des Departement of Statistics and Geology in Indiana gezeigt hat — sich einer gründlichen Behandlung der Arbeiterstatistik kaum forderlich erweisen dürfte. Dies zu betonen, erscheint aber um- somehr angezeigt, als auch die Progranune, wie sie von deutsch- sozialdemokratischer Seite verschiedentlich für derartige arbeits- statistische Bureaus oder Arbeitsämter aufgestellt worden sind, an einer gleichen Überladung mit den verschiedenartigsten Auf- gaben leiden. Was nun die Einrichtung jener amerikanischen Bureaus an- langt, so ist auch diese bei ^en ün wesentlichen die gleiche. Wenn wir von dem Bureau in Illinois absehen, das in seiner Organisation den von deutsch -somldemokratischer Seite vor- geschlagenen Arbeitskammem verwandt ist, so bestehen diese Bureaus in der Regel aus 8—5 ordentlichpn Mitgliedern (de- puties, assistants, clercks) und weiteren Hilfsbeamten, denen ein — 14 — vom Staatsgouverneur oder mit dessen Zustmunung vom Sekretär für innere Angelegenheiten ernannter Chief (commissioner, secre- tary) übergeordnet ist. Beträchtliche Unterschiede weisen die einzelnen Bureaus dagegen hinsichtlich ihrer Budgets auf. — Neben reich dotierten Bureaus, wie denen von Missouri, Californien, Massachusetts und vor allem dem ünionsamt in Washington, befinden sich spärlich ausgestattete wie die von Ohio, Wisconsin, Kansas, Jowa u. a. — Es ist selbstverständlich, dass diese finanzielle Seite der Bureaus auf deren arbeits-statistische Leistungen von bedeutendem Einfluss sein muss. Noch in höherem Grade werden dafür freilich noch zwei andere Momente massgebend sein; näm- lich die Fähigkeit, d. h. die statistischen Kenntnisse und Er- fahrung der Beamten, vor allem ihres chief oder commissioner, und zweitens die Methoden, die bei den einzelnen arbeits-statistischen Untersuchungen zur Anwendung kommen. Was den ersten Punkt betrifft, so fehlte es — wenigstens Ende der 80 er Jahre noch — an einem genügend vorgebildeten Beamtenpersonal. — So sagt Joachim, wohl gestützt auf Mit- teilungen von Carol D. Wright: „manchem Beamten sind die Anfangsgründe der Statistik unbekannt; viele beherrschen die statistische Technik nur sehr mangelhaft und den meisten von ihnen fehlt alle Erfahrung, die zur Durchführung der ihnen über- tragenen, so wichtigen, aber auch schwierigen Aufgaben un- bedingt erforderlich ist. Diese sammeln sie erst dort, wo sie sie benutzen soUten." Haben sie aber eine solche glücklich er- worben, so kommen die betreffenden Beamten — und dies be- sonders bei den neueren Bureaus — häufig gar nicht mehr in die Lage, diese Erfahrung nun auch zu verwerten. Die Beamten wechseln nämlich zu häufig, was nach Bemis seinen Grund in dem noch immer herrschenden Amterausbeutungssystem hat. — Die Gouverneure sehen in den Ämtern lediglich ein Mittel zur Belohnung ihrer politischen Anhänger — - oder aber, sie wollen nur solche Leute, die allein jene Missstände in den Arbeits- verhältnissen und Monopolfragen erforschen, über welche eine Berichterstattung der regierenden Partei am förderlichsten wäre." Jedenfalls ist es bezeichnend für diese Zustände, dass — wie Bemis mitteilt — die durchschnittliche Dienstzeit der als Leiter der verschiedenen staatlichen Amter im Jahre 1896 Funktio- nierenden sich nur auf drei Jahre und, unter Ausschluss von Washington und Maine, sich nur auf 2®/io Jahre belief. Nicht weniger als die Qualität der Beamten wird aber für die Leistungen der Bureaus — wie schon oben erwähnt — die von ihnen angewandte Untersuchungsmethode und, wie wir gleich hinzufügen wollen, die zur eventuellen Erzwingung gewisser Antworten ihnen verliehene Machtbefugnis von Bedeutung sein. — Um diesen letzten Punkt vorauszunehmen, so enthalten zwar die meisten der auf die Arbeiterstatistik bezüglichen Gesetze der — 15 — Einzelstaaten Strafbestiminungen (Geld- und Haftstrafen) fiir Unterlassung oder Verweigerung der Erteilung von Auskünften, insbesondere auch der Ausfüllung von Fragebogen, aber die Be- stimmungen kommen praktisch nicht zur Ausführung, und die Amter sind — wie sogar das ünionsamt in Washington, dem keinerlei Exekutivgewalt zusteht — auf freiwillige Mitteilungen angewiesen. Was nun aber die, bei den arbeitsstatistischen Untersuchungen beliebte Methode anlangt, so war es um diese in der Eegel nicht eben glänzend bestellt. — Es kamen — teils wegen mangelnder statistischer Kenntnisse, teils wegen der geringen Geldmittel, mitunter wohl auch aus beiden Gründen — Verfahren zur An- wendung, die nicht zu genügenden Resultaten führten und, wie die Theorie längst erwiesen, zu solchen auch gar nicht führen konnten. — Es gehört dahin die Untersuchung mittels Frage- bogen (circular plan) und die ja eigentlich überhaupt nicht zur Statistik im engeren Sinne gehörige (schriftliche) Enquete, mit der man ebenso schlechte Erfahrungen machte, wie mit jener. Die besten Ergebnisse lieferte noch die (mündliche) Unter- suchung durdi Spezialagenten (personal inspection plan), die ein grosses und tüchtig geschultes Corps solcher Agenten und be- deutende Geldmittel erfordert; eine Methode, wie sie nächst dem, in dieser Hinsicht vorbildlich gewesenen Amt von Massachusetts aber eben nur finanziell günstig gestellte Bureaus zur Anwendung bringen konnten. — Andere, die sich nicht in dieser Lage be- fanden, blieben, obwohl sie von deren Unzulänglichkeit überzeugt waren, bei den alten Methoden der Untersuchung. Nach dem bisher Gesagten wird man bei aller Anerkennung für die wirklich wertvollen arbeitsstatistischen Ergebnisse und die grossen Ziele, die sich verschiedene Bureaus gesetzt haben, davor bewahrt bleiben, die Leistungen der amerikanischen Arbeiter- statistik als Ganzes zu überschätzen. Auf den ersten Blick könnte diese ja imponierend wirken, wenn man eine Zusammenstellung aller der Gegenstände vor sich hat, um deren Ermittelung sich das eine oder andere Bureau bemüht hat. — Um aus der grossen Menge derselben hier nur einige herauszugreifen, suchte man beispielsweise zu ermitteln: die Kinderarbeit in Fabriken, die Erziehung von Kindern, welche in der Industrie beschäftigt werden, die Verhältnisse der Tenement- häuser und der Wohnungen niedrig gelohnter Arbeiter in den Städten, Streiks, Kosten des Lebensunterhaltes; die Sparkassen und ihr Verhältnis zum Wohlstand des Volkes; die Arbeitszeit; Löhne und Verdienst, Gewinnbeteiligung; die Lage der Fabrik- arbeiter; die moralische, wirtschaftliche und gesundheitliche Lage der weiblichen Arbeiter; das Trucksystem, Unfälle in den Fabriken; das Genossenschaftswesen, Gewerkvereine, Schieds- gerichte und Einigungsämter, vergleichende Lohn- und Preis- statistik in verschiedenen Gegenden; Armut und Verbrechen; — 16 — die Arbeitslosigkeit; die Grefangnisarbeit; Trankeiüieit und Brannt- weinhandel; die Verbrechen; den Gresundheitszustand in den Arbeiter Wohnungen und Arbeitsstätten; die Wirkungen bestimmter Beschäftigungszweige auf die Gesundheit der Frauen; die Harft- pflicht der Unternehmer für Unfälle; die gewerbliche Bildung; die Lage der Grubenarbeiter ; die Konsumtionsstatistik u. s. w. Könnten wir nun aber auch annehmen, dass jede dieser Arbeiten, für sich betrachtet, hinsichtlich der Methode, d. h. im Bezug auf die Gewinnung und Aufbereitung des Materials den Anforderungen der Statistik genügte, so würde es sich im ein- zelnen Falle doch immer nur um Ergebnisse von lokal sehr be- schränktem Weite handeln. — Wo wir es aber auch mit — dem Gegenstand wie der Zeit nach — gleichen Untersuchungen zu thun hätten, wäre eine Vergleichung doch nur möglich, wenn die Methoden nicht nur dieselben wären, sondern wenn in B^ug auf ihre Anwendung auch dieselbe Gewissenhaftigkeit obgewaltet hätte, — ein Fall, der bei der absoluten Selbständigkeit der Bureaus emerseits, und bei deren verschiedener Leistungsfähig- keit andererseits wohl noch kaum jemals vorgelegen haben dürfte. — Wie wenig aber die einzelnen Bureaus auch nur hin- sichtlich der zu untersuchenden Gegenstände aufeinander Rück- sicht nehmen, geht aus einer Anzahl von Reports hervor, wie sie Joachim auf S. 25 seiner Arbeit zusammengestellt hat. Danach handelt der auf dem Staats-Census von 1885 be- ridiende XVIII. Report für 1887 von Massachusetts über Arbeits- losigkeit, der XV. Bericht von Pennsylvanien für 1887 besteht fast nur aus Beschreibungen einiger hervorragender Eisenwerke des Staates; das Bureau von Connecticut erhielt in der Mitte des Jahres 1887 einen neuen Kommissär, welcher den Bericht mit einer Geschichte der industriellen Entwicklung von Connecticut und einigen Briefen hervorragender Männer föllte, in welchen diese ihre Meinung über die Arbeiterfrage aussprachen. In Ohio berichtet das Bureau vom selben Jahre hauptsäch- lich über Arbeitslohn und Arbeitszeit. Das Bureau für Arbeits- statistik und Industrie in New -Jersey hat in seinem X. Report (1887) die lang gepflegte Lohnstatistik verlassen und sehr inter- essante Aufschlüsse über Geschichte und Statistik der Trade- Unions und anderer Arbeiterorganisationen in seinem Staate ge- liefert u. s. w. u. s. w. Dass dies „statistische Chaos" — um mit Joachim zu reden — auch von den Chiefs der einzelnen arbeits- statistischen Bureaus als ein bedauerlicher Übelstand empfunden wurde, geht aus der Thatsache heiTor, dass sich die Chiefs — ähnlich unseren deut- schen Städtestatistikem — jährlich zu gemeinsamen Beratungen zusammenfanden, freilich nur mit einem anderen Resultalt als jene — d. h. so gut wie keinem. Hatte man sich nach langen Diskussionen auch vielleicht über eine Untersuchungsmethode als die beste geeinigt, so war — 17 — damit doch noch keinerlei Garantie gegeben, dass die einzelnen Bureauleiter nun daheim auch wirklich diese Methode zur An- wendung brachten, geschweige denn, dass sie nach einem gemein- samen Plan nun auch gleichzeitig dieselben Gegenstände in An- griff nahmen. Mehr noch als die Leiter der einzelstaatlichen Bureaus em- pfanden diesen, in der Divergenz der Arbeiterstatistik liegenden Mangel aber wohl die an einer Aufklärung der Arbeiterverhält- nisse am meisten interessierten Personen, die ^ Arbeiter selbst, sowie die auf eine Beseitigung der sozialen Übelstände ernst- lich bedachten Sozialreformer. — Für diese aber konnte an- gesichts des ausgesprochen föderativen Charakters der Union eine zwangsweise Unterordnung der einzelstaatlichen Bureaus unter irgend welche gemeinsame, höhere Instanz niemals in Frage kommen, und es blieb somit nur die Möglichkeit der Errichtung eines selbstständigen arbeits-statistischen Bureaus für den ganzen Bundesstaat übrig. — Dieser Gedanke hielt denn auch im Jahre 1874 mit einem darauf abzielenden Antrag eines Mitgliedes des Repräsentantenhauses, Mr. Shank, seinen Einzug ins Parlament. — Das Schicksal, das ihm in diesem beschieden war, erinnert leb- haft an die Geschichte, welche die im wesentlichen gleiche Idee im deutschen Reichstage erlebt hat, nur mit dem Unterschied, dass die auf die Errichtung eines Deutschen Reichs- Arbeitsamts ausgehenden Vorschläge und Wünsche nach 30 jähriger Dauer noch immer der Lösung harren, während der Antrag Mr. Shanks wenigstens nach 10 jährigem Eintreten und Kämpfen für die Sache — in der Form eines Arbeits-Bureaus der Union in Washington greifbare Gestalt gewonnen hat. Anfänglich dem Ministerium des Inneren unterstellt, wurde es diesem im Jahre 1888 als selbständiges Departement (United States Departement of labor) koorduiiert und neben reichlicher Dotation seit 1889 mit einem Beamtenkörper von mindestens 64 Personen (darunter 20 Spezialagenten) ausgestattet. Als Leiter des Bureaus fungiert ein, mit Zustimmung des Senats, vom Präsidenten ernannter Kommissär, der, wenn nicht früher ent- hoben, 4 Jahre und bis sein Nachfolger ernannt und eingeübt ist, sein Amt innehaben und in einem jährlichen Bericht die ein- geholten Informationen mitteilen, sowie die zui- Verbesserung der Wirksamkeit des Bureaus nötigen Vorschläge machen soll. Aufgabe des Departements soll nach Art. 1 des konstituieren- den Gesetzes sein: „unter der Bevölkerung der Vereinigten Staaten nützliche Erkundigungen über Verhältnisse einzuholen und zu verbreiten, die mit der Arbeit in dem allgemeinsten und umfassendsten Sinne dieses Wortes in Zusammenhang stehen, insbesondere aber über deren Beziehung zum Kapital, über Arbeitszeit, Verdienst der männlichen und weiblichen Arbeiter und die Mittel zur Förderung der materiellen, sozialen, geistigen und sittlichen Wohlfahrt der arbeitenden Klasse." Damit aber Dreydorff; Ein deutsches Reichsarbeitsamt. 2 1 — 18 — ist gesagt, dass die Thätigkeit des Departemeuts über den Eahmen einer blossen Arbeiterstatistik weit hinausgehen soll. Es wird dies noch deutlicher durch den, Art. 1 weiter ans- ftihrenden Art. 7, in dem es heisst: „der Arbeitskommissär ist speziell beauftragt, so bald als möglich und, so oft industrielle Veränderungen es als wesentlich erscheinen lassen, über die Her- stellungskosten der zur Zeit in den Vereinigten Staaten zoll- pflichtigen Artikel genaue Auskunft in den Ländern, wo diese Artikel produziert werden, einzuholen, mit vollständig spezi- fizierten Einzelpunkten, betreffend die Herstellung derselben, und mit einer Klassifizierung, welche die verschiedenen Faktoren der Herstellungskosten solcher Fabrikationsartikel nachweist, ein- schliesslich der in den betreffenden Industriezweigen pro Tag, Woche, Monat oder Jahr, oder auch per Stück gezahlten Arbeits- löhne, der Arbeitsstunden, des Nutzens der Fabrikanten oder der Erzeuger solcher Artikel und der verhältnismässigen Kosten des Lebensunterhaltes, sowie der Lebensweise. — Zur Pflicht des Kommissärs soll femer gehören, die Einwirkungen der Zoll- gesetze, sowie den Einfluss des Standes der Münzwährung auf die landwirtschaftliche Industrie festzustellen und darüber Be- richt zu erstatten, insbesondere, sofern die hypothekarische Ver- schuldung der Landwirte davon berührt wird, femer was für Artikel von Tmsts oder anderen Kapitals-, Geschäfts- oder Arbeitskoalitionen beherrscht werden und welchen Einfluss solche Trusts oder andere Kapitals-, Geschäfts- oder Arbeitskoalitionen auf Produktion und Preise üben" u. s. w. Fragen wir, wie bei den einzelstaatlichen Bureaus, nun auch hier nach der Leistungsfähigkeit des Unions-Bureaus, so ist das- selbe zunächst finanziell sein* reichlich ausgestattet. — Dass dem erfahrenen Leiter des Bureaus — zuerst Caroll D. Wright — ein grosser, geschulter Beamtenapparat zur Verfügung steht, wurde bereits erwähnt, und man könnte geneigt sein, daraus nun auch auf ausserordentliche Leistungen des Washingtoner Amtes auf arbeitsstatistischem Gebiet zu schliessen. Bis zu einem ge- wissen Grade ist dies auch gewiss der Fall. Seit dem ersten, am 17. März 1886 erschienenen, sehr wertvollen Report über die Krisen des 19. Jahrhunderts in England, Frankreich, Belgien u. s.w. sind in fortlaufender Reihe jährlich neue Berichte publiziert worden, welche sich jeweilig auf die Untersuchung nur eines Gegenstandes beschränkten und über wichtige Fragen und Ver- hältnisse des wirtschaftlichen und sozialen Lebens wertvollen Aufschluss gaben. — Und doch wird man gut thun, auch den Wert dieser Arbeiten, soweit sie sich auch über die Berichte der meisten einzelstaatlichen Bureaus erheben mögen, nicht zu überschätzen und dies besonders in den Fällen, in denen es sich um Untersuchungen der Lage der Arbeiter handelt. Der Grund hierfür ist ein doppelter. — Er liegt einmal darin, dass, ent- gegen dem Gesetzentwurf Mr. Blairs, dem Departement keinerlei 1 1 — 19 — Vollmachten erteilt wurden, und dasselbe somit auf freiwillige, unverantwortliche Auskünfte von selten der Befragten ange- wiesen ist. — Ferner aber trägt die vom Departement beliebte Untersuchungsmethode des personal inspection plan (mündliches Verfahren unter Verwendung von Agenten) mehr den Charakter der Enquete als einer, alle Elemente der jeweiligen sozialen Massen- erscheinung umfassenden, statistischen Untersuchung. — Wie die Enquete beschränkt sich die Methode des personal inspection plan nur auf eine ausgewählte Zahl solcher Elemente, und es ist somit dem subjektiven Ermessen ein Spielraum gegönnt, der bei einer streng statistischen Untersuchung ausgeschlossen ist. — Der hieraus entspringende Fehler aber wiid um so grösser werden, je kleiner die Zahl der ausgewählten Elemente ist. — Dies ist aber bei den Untersuchungen des Unions- Bureaus verschiedent- lich der Fall gewesen. — So wurden, um nur ein von Joachim angeführtes Beispiel zu erwähnen, bei der im 4. Report nieder- gelegten Untersuchung über die Lage der Arbeiterinnen in grossen Städten allerdings 17 427 Arbeiterinnen über die ver- schiedensten Punkte befragt. — Allein diese 17 427 Personen stellten doch nur 6 oder 7% der städtischen Arbeiterinnen dar, die in Frage kamen. Dazu kommt, dass auf einige der gestellten Fragen von diesen 6 oder 7% nicht einmal ein Drittel ant- worteten, und endlich dass die Städte von nur 17 Staaten der Union in Betracht gezogen wurden, während dieselbe deren im ganzen 45 zählt. Man wird sich also hüten müssen, die Ergebnisse derartiger Untersuchungen oder besser, die dadurch iQustrierten Zustände ohne weiteres zu verallgemeinern, indem man sie etwa als für die ganze Union typische betrachtet. Suchen wir zum Schluss das, was sich aus diesen Mit- teilungen über die amerikanische Arbeiterstatistik ergiebt, kurz zusammenzufassen, so wird man sagen dürfen: dass die in der Union vorhandene lebhafte Überzeugung von der Notwendigkeit einer umfassenden, ins einzelne gehenden Arbeiterstatistik sowie die Grösse der für sie massgebenden Gesichtspunkte volle An- erkennung verdienen und als vorbildlich angesehen werden dürfen, dass jedoch die zur Lösung des Problems einer Arbeiterstatistik bisher eingeschlagenen Wege noch nicht als zureichend oder gar mustergültige betrachtet werden können. § 2. England. Mit der staatlichen Organisation der Arbeiterstatistik folgte dem Beispiel der Vereinigten Staaten von Nordamerika zunächst — und zwar im Jahre 1886 — England. — Dabei ist freilich zu erinnern, dass in diesem, fiir die industrielle Entwickelung klassischen Lande die tiberall mit den Anfängen der modernen kapitalistischen Produktionsweise verknüpften sozialen Miss- } — 20 — stände schon lange vor 1886 zur Überzeugung von der Befonn- bedüiftigkeit der Arbeiterverhältnisse und in der Folge zu mehr- fachen Untersuchungen der sozialen und materiellen Lage der Arbeiter geführt hatten. Jedoch wollen wir an dieser Stelle, wo es uns lediglich um die staatlich organisierte Arbeiterstatistik Englands zu thun ist, auf jene Untersuchungen nur insoweit eingehen, als sie uns für die Entstehung dieser wichtig zu sein scheinen. Danach aber ist zu sagen, dass Ermittelungen der gedachten Art, deren Resultate meist in ausflihrlichen schnfüichen Berichten niedergelegt wurden, in der Hauptsache von drei verschiedenen Seiten ausgegangen sind, nämlich: 1) von den sog. Parlamentaiischen Kommissionen, d, h. Aus- schüssen (Select Committees) des Ober- oder Unterhauses, 2) von kgl. Untersuchungskommissionen (Royal Commissions), 3) von den Fabrikinspektoren. Was zunächst die beiden erstgenannten Institutionen betrifft, so besteht das ihnen gemeinsame, charakterische Merkmal darin, dass sie nur behufs Vorbereitung gesetzgeberischer Massnahmen, d. h. nur gelegentlich zu einem ganz bestimmten Zweck ein- berufen werden. — Sie unterscheiden sich voneinander dadurch — und es ist das für ihre Leistungsfähigkeit jedenfalls nicht ohne Bedeutung — dass jene Parlamentsausschüsse — ähnlich unseren Reichstagskommissionen — ihre Thätigkeit mit dem Schluss der Session einstellen, und dass ihnen nur Mitglieder des Parlaments angehören dürfen, während die königl. Kommissionen hinsichtlich ihrer Dauer, ihrer Zusammensetzung, der Begrenzung ihrer Auf- gabe und der Art, diese durchzuführen, vom Parlament durchaus unabhängig sind. — Beiden Institutionen gegenüber nimmt — so- wohl in Bezug auf ihre Zweckbestimmung, wie auf die Dauer ihres Bestehens — eine besondere Stellung die Fabrikinspektion ein. Diese ist — mögen auch ihre Träger wechseln — ein In- stitut von gleichsam ewiger Dauer; ihre Aufgabe aber besteht zunächst in einer beständigen Kontrolle der zum Schutze der Arbeiter und Arbeiterinnen erlassenen gesetzlichen Bestimmungen. Allein, so sehr dies auch der Fall ist, waren die Fabrik- inspektoren doch von Anbeginn zugleich ein Organ, welches der Centralbehörde teils periodisch, teils von Fall zu Fall über die sozialen Zustände im Fabrikwesen zu berichten und dadurch ent- sprechende Massregeln der Gesetzgebung vorzubereiten hatte. Für die Beurteilung der Arbeiterverhältnisse wichtiges Material wird von diesen drei verschiedenen Faktoren auch heute noch geliefert; von den Fabrikinspektoren fortlaufend, von den parlamentarischen oder von den königl. Kommissionen, so oft ein Augenblicksinteresse die Einsetzung solcher Kommissionen erheischt. Dass aber dieses Material — eine so umfangreiche Masse es auch heute darstellt — nicht als genügend angesehen wurde, um daraus jederzeit ein umfassendes und gründliches — 21 — Urteil über die wirtschaftliche und soziale Lage der Arbeiter abzuleiten, geht daraus hervor, dass einer in der Unterhaus- sitzung vom 2. März 1886 angenommenen Resolution-Bradlaugh ^) in der Weise Folge gegeben wurde, dass mit der Aufgabe einer Arbeiterstatistik die, unter K. Giffen stehende Handelsabteilung des Board of Trade betraut wurde. Diese — in ihrer Eigen- schaft als arbeitsstatistisches Amt auch als „Labour Bureau" bezeichnete Abteilung — sollte sich nach einem, dem Parlament überreichten ausführlichen Arbeitsplan zunächst der Lohnstatistik zuwenden und dabei ebenso das seit 1830 an den verschiedensten Stellen (besonders in den zahlreichen Blaubüchem) verstreute, einschlägige englische Material verarbeiten, wie auch die Lohn- verhältnisse anderer Länder in Betracht ziehen. — Nächstdem sollten Ermittelungen angestellt werden über die Lage der Arbeiter im allgemeinen, über das Zahlenverhältnis der Arbeiter in den einzelnen Lohnklassen, über die Kosten des Arbeiter- haushaltes, über Lebensmittelpreise, Produktions- und Konsumtions- verhältnisse, über Sparwesen, Arbeiterselbsthilfe u. a. m. Was nun die Leistungen dieses Labour Bureau betrifft, das namentlich im Anfang mit mancherlei Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, so wurden die ihm gestellten Aufgaben nur zum Teil, und auch soweit dies geschah, nicht immer befriedigend gelöst. — Auf die zahlreichen Publikationen des Bureaus, die eine statt- liche Anzahl Bände repräsentieren, im einzelnen einzugehen, würde zu weit führen. Genug, dass die Überzeugung von der Verbesserungsbedürftigkeit des Bureaus, dessen Beamtenkörper nie mehr als 13 Personen gezählt hatte, im Januar 1893 zu einer völlig neuen Organisation der amtlichen Arbeiterstatistik führte. — In Rücksicht auf die später zu erörternde Stellung, die die deutschen Regierungen bisher zur Frage einer staatlich organisierten Arbeiterstatistik eingenommen, mag bei dieser Ge- legenheit jedoch betont werden, dass die auf eine Neuorganisation des Labour Bureau gerichteten Wünsche, wie solche von Mit- gliedern des Parlaments, von Kommissionen des G^werkvereins- kongresses wie des Genossenschaftsverbandes von Grossbritannien geäussert wurden, sogleich das volle Verständnis und Entgegen- kommen der englischen Regierung fanden. Jene Organisation selbst bestand nun darin, dass die „Sammlung, Sichtung und Veröffentlichung von statistischen und sonstigen, auf Fragen der Arbeiterverhältnisse bezüglichen Nachrichten" einem besonderen Zweig des Board of Trade übertragen wurde, der, in 3 getrennte Abteüungen — eine Handels-, eine Arbeits- und eine statistische Abteilung — zerfallend, einem Generalkontrolleur unterstellt wurde. Neben dieser Oberleitung hat jedoch die Arbeitsabteilung (Labour Departement) noch einen besonderen Abteilungschef in ^) Dieselbe besagt, „dass nach der Meinung des Hanses sofort Schritte gethan werden sollten, um für England eine vollständige und genaue Samm- lung und Veröffentlichung einer Arbeitsstatistik zu sichern. *" -- 22 — dem Commissioner of Labour, dem weiter ein erster Arbeits- sekretär (Chief Labour Correspondent), drei ordentliche Arbeiter- sekretäre (darunter eine Frau) und ca. 30 Bureaubeamte ver- schiedenen Grades zur Seite stehen. Nach einem, am 28. April 1893 über das Labour Departe- ment herausgegebenen Memorandum soll dessen Aufgabe zunächst in der Fortführung und weiteren Ausdehnimg der von dem früheren Labour Bureau begonnenen Arbeiten bestehen. Da- neben waren als besondere Aufgaben in Aussicht genommen: die Herausgabe einer, für weitere Arbeiterkreise berechneten Arbeiterzeitung, sowie die Vornahme einer Reihe gelegentlicher, die Arbeiterverhältnisse betreffenden Untersuchungen. Was die erst- genannte Aufgabe betrifft, so ist ein Organ der gedachten Art unter dem Titel „Labour Gazette, the Journal of the Board of Trade" im Mai 1893 ins Leben gerufen worden und seitdem regelmässig — monatlich einmal — erschienen. Obwohl sehr billig (das Blatt kostet pro Nummer 1 Penny, wird aber auch in grosser Zahl an öffentliche Bibliotheken, Arbeitervereine, Handelskammern u. s. w. unentgeltlich abgegeben), ist die Labour Gazette, die sich prin- zipiell jeglichen persönlichen Urteils enthält, ebenso umfang- als inhaltreich. — Auf zahlreiche Quellen gestützt, ist sie bemüht, rein objektiv, genau und schnell namentlich über folgende Gegen- stände zu berichten: über die Lage des Arbeitsmarktes im In- und Auslande, die Trade-Unions, über die Eintragung oder Auf- lösung von Arbeitervereinen, über Armenunterstützung in den Hauptindustriegegenden, über Straffalle betr. die Arbeiterschutz- gesetzgebung, über Unfälle im Eisenbahn- und Industriebau, fort- laufend, und zwar monatlich, über Arbeitseinstellungen und Ver- änderungen hinsichtlich der Löhne und Arbeitsstunden; in periodischer Wiederkehr über die Preise der für die Arbeiter wichtigsten Lebensmittel u. s. w. u. s. w. Was die, an zweiter Stelle erwähnten, gelegentlichen Unter- suchungen betrifft, so waren als Gegenstand derselben in Aus- sicht genommen: die Arbeitsverhältnisse in den Saisonbetrieben, die im In- und Ausland mit sogenannten Notstandsarbeiten ge- machten Erfahrungen, die Kinderbeschäftigung, die Arbeit in gesundheitsschädlichen Gewerben, die Fremdeneinwanderung, die Löhnungsmethoden,. Frauenarbeit, Unterhaltskosten, die Arbeits- stunden, Überzelt u. a. m. War aber mit diesen, in dem eben erwähnten Memorandum in Aussicht genommenen Arbeiten auch eine Art Programm aufgestellt, so sind doch der arbeitsstatistischen Thätigkeit des Labour Departement — und es verdient dies hervorgehoben zu werden — damit keinerlei Grenzen gesteckt. Der Vollständigkeit halber sei bei dieser Gelegenheit noch erwähnt, dass dem Labou?* Departement neben den aus eigener Initiative hervor- gehenden Arbeiten auch bestmunte Untersuchungen vom Parla- ment aufgegeben werden können, ein Umstand, der als eine — 23 — Beschränkung der Selbständigkeit des Departements aber kaum angesehen werden kann. Fragen wir nunmehr nach der Arbeitsweise des Labour Departement, so muss vorausgeschickt werden, dass sich dasselbe zur Lösung der ihm gestellten Aufgaben noch einer Keihe anderer Organe bedient, bezw. von solchen unterstützt wird. Nicht nur, dass für gewisse Untersuchungen zeitweilig be- sondere Sachverständige in Dienst genommen werden, dass die, speciell mit lohnstatistischen Arbeiten beschäftigte, statistische Abteilung ihre Beiträge liefert, hat man auch eine Anzahl aus- wärtiger Mitarbeiter (insonderheit die Sekretäre der Arbeiter- konsumvereine (Cooperative Union), von gewerblichenVereinigungen, Handelskammern, Trade -Councils, Arbeitgebervereinen) zu Mit- teilungen über die Arbeiterverhältnisse in den verschiedenen Branchen und Gegenden des Landes zu veranlassen gewusst. Unter ihnen sind von besonderer Wichtigkeit die, zu dem De- partement in einem näher geregelten Verhältnis stehenden „Labour Correspondents^S das sind: in den bedeutendsten Industrie- bezirken ansässige Ortssekretäre, welche gegen eine gewisse Entschädigung über wichtige Vorgänge innerhalb ihres Bezirks, wie Ausstände und Aussperrungen, Änderungen der Lohnsätze und Arbeitsstunden, Eröffnung oder Schliessung grosser Industrie- betriebe und ähnliches — sofort an die Centralstelle Mitteilung zu machen und ausserdem am Ende jeden Monats einen Bericht über den Stand der Beschäftigung während des abgelaufenen Monats einzusenden haben. Fenier gehen dem Labour Departement Mitteilungen über Arbeiterverhältnisse zu : von den, in den wichtigeren, ausländischen Staaten befindlichen englischen Konsulaten und Gesandschaften, welche angewiesen (!) sind, über die Arbeiterverhältnisse der betreffenden Länder in bestimmter Richtung (über wichtige Arbeiterstreitigkeiten, Änderungen der Arbeitergesetzgebung, (üe Löhne, die Arbeitszeit, den Stand der Beschäftigung u. dergl.) regelmässig zu berichten. — Es kommen in dieser Beziehung weiter in Frage das Home Offtee mit monatlichen Nachweisen über Betriebsunfälle und die Straöalle im Bereich der Arbeiter- schutzgesetze, der Chief Registrar of ftiendly societies mit Nach- weisen über die Eintragung oder Auflösung der, in seinen Be- reich fallenden Vereine, das Local Government Board mit Mit- teilungen über das Armenwesen in bestimmten Bezirken. Soweit nicht schon aus diesen wenigen Bemerkungen über die EQlfsorgane des Labour Departement auf dessen Thätigkeit geschlossen werden kann, besteht dieselbe hauptsächlich in der periodischen Versendung von Rundschreiben an diejenigen Per- sonen, die man jeweUs für die Ausfüllung bestimmter (bei- liegender) Frageformulare für geeignet hält. — Dass man bei einem derartigen Verfahren aber durchaus unparteiisch zu Werke geht und sich damit auch keineswegs immer begnügt, geht — 24 — daraus hervor, dass man — so besonders bei lohnstatistischen Ermittelungen — ebenso die Partei der Arbeitgeber wie die- jenige der Arbeitnehmer (die Sekretäre von PabrikanteD Ver- einigungen und von Gewerkvereinen) um Auskunft ersucht, dass man alle in den Angaben zu Tage tretenden Widersprüche auf- zuklären bemüht ist, und dass man endlich in wichtigen Fällen zwecks persönlicher Information einen Beamten der Abteilung nach dem Schauplatz der fraglichen Verhältnisse selbst entsendet. Schliesslich ist noch zu erwäJmen, dass das Labour Departement fortgesetzt auch die Londoner wie die Provinzialpresse verfolgt, um auch auf diesem Wege alle für die Lage der Arbeiter wichtigen Ereignisse so bald wie möglich in Erfahrung zu bringen. Unter den positiven Leistungen wurde die Monatsschrift Labour Gazette bereits erwähnt. Dazu kommt ein, seit 1893 regelmässig erscheinender „ Annual Report of the Labour Departe- ment", in dem über die Thätigkeit des Amtes im verflossenen Jahre sowie in gedrängter Darstellung über die wichtigsten Er- gebnisse der Arbeiterstatistik berichtet wird. Im übrigen hat sich das Labour Departement seit 1893 mit verschiedenen Materien beschäftigt ^), regelmässig wiederkehrende Arbeiten aber nur veröffentlicht über: die Trade -Unions, über Strikes and Lockouts und über Wages and Hours of Labour. Was diese letztgenannten Arbeiten betrifft, so geben die Reports on Trade-Unions eine Gesamtdarstellung der Verhältnisse der im Vereinigten Königreich vorhandenen Gfewerkvereine, zu welchen diese in der Hauptsache selbst die nötigen Unterlagen liefern. — Es wird darin vor allem über die Leistungen dieser Vereine auf dem Gebiet des Unterstützungswesens berichtet: so über Streik-, Arbeitslosen-, Krankenunterstützung, über die für Unfall-, Altersrenten, Begräbnisgelder u. dergl. aufgewandten Summen. Femer smd daraus zu erwähnen: umfassende Mit- teilungen über die üblichen Lohnsätze in den verschiedenen Ge- werben und Bezirken. Die Reports on Strikes and Lockouts bieten unter Berück- sichtigung aller für diesen Gegenstand wichtigen Fragen eine zusammenfassende Darstellung der im Vorjahr unternommenen *) Rates of Wages in the United Kingdom (1886—95), Changes in Wages and Hours of Labour (jährlich), Report on Profit Sharing (1894), „ Gaing Sharing (1895), „ „ the Statistics of Employment of Women and Girls (1896), „ „ Trade-Unions (jährlich), „ „ the Strikes and Lockouts (jährlich), „ „ Agencies and Methods for dealing with the Unemployed (1 893), Alien Immigration into United States (1893), Recent Immigration from Eastem Europe into the United Kingdom (1894), Employment of Women and Girls in Flax and Jute Centres (1898), • Money Wages of Indoor Domestic Servants (1898), Provision for Old Age by Goyemment Action in Certain European Countries (1899). — 25 — bezw. verhängten Streiks und Aussperrungen, — eine Darstellung, die bei der gründlichen Beobachtung, die allen Eieignissen dieser Art zugewendet wird, wohl als ziemlich vollständig angesehen werden darf, hinsichtlich des von ihr beigebrachten Zahlen- materials (Zahl der Ausstandigen bezw. Ausgesperrten, die Ver- luste auf Seiten der Arbeitgeber und Arbeitnehmer etc.) dagegen keineswegs als genau oder erschöpfend gelten kann. Die Reports on Wages and Hours of Labour endlich berichten für den ge- samten Staat und unter Spezialisierung der Arbeiterschaft über die im Vorjahr eingetretenen Veränderungen der Lohnsätze und Arbeitszeiten. Es ist gewiss nicht zu leugnen, dass die fortgesetzte Regi- strierung auch dieser Erscheinungen wichtig und wertvoll ist; es kann aber auf der anderen Seite auch nicht behauptet werden, dass damit für die Kenntnis der wirtschaftlichen und sozialen Lage der Arbeiter schon viel geleistet wäre. — Nicht nur, dass die Angabe der blossen Lohnsätze noch zu keinerlei Schlüssen auf das Lohneinkommen oder gar auf die ganze wirt- schaftliche Lage des Arbeiters berechtigt, es handelt sich bei dem in diesen Reports gebotenen Zahlenmaterial auch nicht ein- mal um die Lohnsätze der englischen Arbeiter. ~ Eine ganze Anzahl grosser Arbeitergruppen*), die sich dem Überblick des Labour Departement entziehen, bleiben dabei völlig unberück- sichtigt. Dieser Mangel der UnvoUkommenheit haftet auch mehr als einer der sonst vom Labour Departement angestellten arbeits- statistischen Untersuchungen an. Es gilt dies ebenso von der gross angelegten und gewiss auch höchst wertvollen nationalen Lohnstatistik des Labour Census, bei welchem von den, in die wichtigeren Industriegebiete entsandten Formularen doch nur 10—25% ausgefällt zurückkamen, und nicht weniger von Miss CoUet's „statistischer" Untersuchung der Beschäftigung von Frauen und Mädchen, einem Bericht „dessen Daten überall un- zulänglich sind und somit zuverlässigen Folgerungen nicht als Basis dienen können." (Bowley.) Dass dieser oben erwähnte Mangel — dessen sich das Labour Departement selbst jedenfalls durchaus bewusst ist — fast allen arbeitstatistischen Leistungen desselben anhaftet, begreift sich leicht, wenn.. man Jbedenktt -dass die von dem Amte angestellten Untersuchungen in der Regel von vornherein auf den Charakter der Enquete zugeschnitten sind, und wenn man femer bedenkt, ') 1) Die Dur gelegentlich Arbeitenden ohne regelmässigen Berufe 2) die Arbeiter für aUes, welche — obgleich regelmässig beschäftigt — keinem Gewerkverein angehören, 3) die von Zwischenmeistem beschäftigten Arbeiter, 4) die Dienstboten, 5) die Ladengehilfen, 6) die Arbeiter in Werkstätten der minder be- deutenden Gewerbe, wo nur Nicht-Gewerkvereinler beschäftigt / werden, 7) die Angestellten grosser Industrie-Unternehmungen, die keine Aus- . r kunft erteilen. — 26 — dass das Amt mit keinerlei Zwangsbeflignis ausgestattet ist, vielmehr alle ihm gemachten Mitteilungen lediglich dem guten Willen der Befragten zu verdanken hat. — So sehr nun aber auch im Laufe der Zeit das Vertrauen der Arbeitnehmer wie Arbeitgeber zum Amte zugenommen hat, so ist dieser gute Wille doch noch keineswegs überall oder im wünschenswerten Masse vor- handen. So wenigstens wurde 1897 noch darüber geklagt, dass zahlreiche Arbeiterkategorien den Bestrebungen der Arbeits- abteilung durchaus misstrauisch gegenüberstehen, und ebenso viele Unternehmer die an sie gerichteten Fragen entweder höchst un- vollkommen beantworten oder aber (so besonders die grossen Eisenbahngesellschaften) jede Auskunft strikte verweigern. Dass aber in dieser Beziehung innerhalb weniger Jahre ein völliger Umschwung eingetreten sei, ist kaum anzunehmen. Dass die Verhältnisse verschiedener grosser Arbeiterkate- gorien (in der Hauptsache die schlechtbezahlten; die in zerstreut und unregelmässig betriebenen Industrien beschäftigten; keinem bestimmten Beruf angehörigen Arbeiter u. a.), weil dieselben statistisch nur sehr schwer fassbar sind, dem Amte unbekannt bleiben, wurde bereits erwähnt. Es scheint uns jedoch angebracht, auf diesen Mangel der englischen Arbeiterstatistik Mer noch einmal hinzuweisen, nicht nur, weil jene Arbeiterkategorien einen grossen Prozentsatz der Arbeiterschaft überhaupt ausmachen, sondern auch weil der gute Wille auf selten der fiiquirenten wie der Inquirierten allein nicht genügen dürfte, um hier zu be- friedigenden Resultaten zu gelangen. Solche dürften vielmehr nur mit Hilfe eines erheblich grösseren, zugleich mit genügenden Vollmachten ausgerüsteten Beamtenkörpers zu gewinnen sein, wie er nicht nur dem Labour Departement in London selbst, sondern auch den an den wichtigsten Handels- und Industrie- Centren ansässigen Korrespondenten zui' Verfügung stehen müsste. Suchen wir, wie bereits bei der amerikanischen Arbeits- statistik, unser Urteil auch über die Arbeiterstatistik Englands kurz zusammenzufassen, so werden wir sagen dürfen, dass auch sie noch keineswegs als Ideal einer solchen Statistik angesehen werden kann. Dem grossen Vorzug, welcher in der dem Labour Departement verliehenen Selbständigkeit gegenüber der Regierung wie der Volksvertretung zu erblicken ist, stehen grosse Mängel der Organisation gegenüber. Dieselben liegen einmal in einem — nicht an Sachkenntnis, wohl aber an numerischer Stärke — noch immer ungenügenden Beamtenapparat, zum andern in dem Fehlen jeglicher Vollmacht, irni dem Amt wichtig erscheinende Auskünfte nötigenfalls zu er- zwingen bezw. für wissentlich unrichtig gegebene Antworten Strafe zu verhängen, — beides Momente, die die Lösung ge- wisser arbeitsstatistischer Aufgaben einfach unmöglich machen. Was aber die bisherigen Publikationen der, 1893 neu organi- sierten,' englischen Arbeiterstatistik betrifft, so wird gesagt werden ~ 27 — dürfen, dass das Labour Departement für die Beurteilung der Arbeiterverhältnisse wichtiges Material in grosser Fälle geliefert hat, dass die Untersuchungen sich fortschreitend durch das Streben nach Gründlichkeit und wissenschaftlicher Methode aus- zeichnen, dass in den periodisch wiederkehrenden, wenn auch keineswegs erschöpfenden Mitteilungen eine für die Vergleichung wichtige und wertvolle Systematik beobachtet wird. — Auf der anderen Seite wird nicht zu leugnen sein, dass auch in den Fällen, in denen eine Untersuchung in streng statistischem Sinne möglich wäre, eine solche bisher noch kaum geleistet worden ist, dass es sich immer nur mehr um, mit den Mitteln der Statistik- arbeitende Enqueten, wenn auch meist solche grossen Styles handelt, dass zahlreiche für die Beurteilung der Arbeiterlage wichtige Momente, über die man jederzeit informiert sein sollte, entweder noch gar nicht oder nur gelegentlich einmal Gegen- stand arbeitsstatistischer Untersuchungen gewesen sind. — Man wird danach nicht zuviel behaupten, wenn man sagt, dass auch das ■ englische Arbeitsamt noch keineswegs allen, einem solchen Amt zufallenden Aufgaben gerecht wird, und dass die Lösung der von ihm bisher in Angriff genommenen Probleme als muster- gültige nicht zu betrachten ist. § 3. Frankreich. Die Pflege der Arbeiterstatistik als der besonderen Aufgabe eines staatlichen Organs datiert in Frankreich seit dem Gesetz vom 21. Juli 1891, durch welches das heutige Offlee du travail begründet wurde. Wie in England hat es jedoch auch in Frankreich die Regierung vor der Errichtung eines solchen Arbeitsamts — wenn auch ohne die Absicht planmässiger Wiederholung — nicht an Erhebungen fehlen lassen, die bald über diese, bald über jene Seite der für die Lage der Arbeiter wichtigen Verhältnisse Licht verbreiteten. Von den Organen, die Erhebungen dieser Art veranstaltet haben, kommt in erster Linie das im Jahre 1833 gegründete, dem Handelsminister unterstellte Bureau de la, Statistique g6n6- rale en France in Betracht und von dessen Arbeiten besonders die grossen Enqueten über Landwirtschaft und Industrie, eine Lohnstatistik vom Jahre 1863, wie periodische Nachweise über bestimmte industrielle Verhältnisse: Löhne, Ausstände u. dergl. Ausser von diesem Bureau de la Statistique gönörale, welches eine „Sammlung aller Thatsachen im sozialen, im wirtschaftlichen Leben und in der Verwaltung des Landes" veranstalten sollte, dieser weitgehenden Aufgabe jedoch nicht völlig zu genügen ver- mochte, wurden, wie gesagt, aber auch von anderer Seite Bei- träge zu einer Arbeiterstatistik geliefert. So smd solche ent- halten in den aller 10 Jahre stattfindenden, 1882 vom Ministerium — 28 — für Ackerbau übernommenen landwirtschaftlichen Enqueten, in der, mit Hilfe der ingenieors des mines vom Mhüsterium for öffentliche Bauten herausgegebenen periodischen Bergwerks- statistik, in den Berichten über die, von der Pariser Handels- kammer für ihren Bezirk unternommenen, drei grossen Industrie- Enqueten sowie in den Jahresberichten der Inspecteurs du travail, zu deren Thätigkeit auch die Vornahme statistischer Erhebungen gehören soll. — Femer ist zu erinnern, dass wie in England auch in Frankreich verschiedentlich ad hoc eingesetzte Kom- missionen arbeitsstatistische Untersuchungen angestellt haben, so oft Regierung oder Parlament die, fär ihre sozialpolitischen Massnahmen oder Erörterungen nötigen Unterlagen zu erhalten wünschten. — Endlich kommt — zunächst für die französische Statistik überhaupt, jedoch auch speziell für die ArbeiterstatistOc in Betracht der, durch Dekret vom 19. Februar 1885 begründete, gleichfalls dem Handelsroinister unterstellte Conseil sup6rieur de Statistique. Dieses Organ, dazu bestimmt, die Einheitlichkeit und Zuverlässigkeit der französischen Statistik zu fördern, hat sich über statistische Fragen gutachtlich zu äussern, und ist, wenn nicht als Produzent arbeitsstatistischen Materials, so doch fOr Anlage und Plan arbeitsstatistischer Erhebungen von Bedeutung. Auf alle diese, soeben von uns genannten arbeitsstatistischen Leistungen des näheren einzugehen, können wir uns ersparen. Denn wenn es uns dabei doch nur darauf ankommen würde, nach- zuweisen, dass alle diese Arbeiten sowie die an ihnen beteiligten Organe den Ansprüchen einer genauen und umfassenden Arbeiter- statistik nicht genügen bezw. nicht genügen konnten, so ist dieser Nachweis ja bereits vollkommen durch die Thatsache der Be- gi'ündung eines besonderen arbeitsstatistischen Amtes eAracht. — Allein die Überzeugung von der Unzulänglichkeit des bisher Gre- leisteten, die sich in dieser Gründung bekundete, kam auch expressis verbis zum Ausdruck sowohl in den Motiven, die die Regierung ihrem Gesetzentwurf, betr. die Errichtung eines Arbeits- amtes, beigegeben, wie später in dem Bericht der Kommission, welcher die Vorlage der Regierung überwiesen worden war. Obwohl im Parlament zu verschiedenen Malen diesbezügliche Wünsche laut geworden waren, gab den direkten Anstoss zur Gründung des Offtee du travail der, durch Dekret vom 22. Januar 1891 eingesetzte Conseil sup^rieur du travail, ein dem Handels- minister unterstehendes Organ, das — wenn auch in beschränktem Masse (vergl. Art. 5 des Dekrets) — zwar eine arbeitsstatistische Thätigkeit sollte entfalten können, vornehmlich JQdoch als eine Interessenvertretung der Arbeiter gedacht war, wie sie für andere wirtschaftliche und soziale Gruppen bereits existierte.^) Dieser oberste Arbeitsrat nun erhob gleich in seiner ersten ^) ,,Der Rat kann mit (!) Zustimmung des Ministers EnquSten einleiten und alle Personen vernehmen, die er für geeignet hält, ihn über die ihm unter- breiteten Fragen aufzuklären/^ — 29 — Sitzung einstimmig die Forderung der augenblicklichen Errich- tung eines Arbeitsamtes, das die Aufgabe haben sollte: alle Er- mittelungen aber die Verhältnisse der Arbeiter im weitesten Sinne des Wortes zu sammeln und zu veröffentlichen. — Dieser Anregung gab die Eegierung nach, indem sie in der Sitzung der DeputierteÄammer vom 13. Juni 1891 eine entsprechende Gre- setzesvorlage einbrachte. Die Gesichtspunkte, von denen sie dabei ausgegangen, sowie die Aufgaben, die sie dem, von ihr vorgeschlagemen Arbeits- amte zudachte, legte sie ausführlich in besonderen Motiven dar, in denen es unter anderem hiess: „Die vom Arbeitsamt zu organisierende Statistik soll alles umfassen, was Bezug hat auf den Stand und die Entwicklung der Produktion, die Organisation und den Arbeitslohn, die Beziehungen zwischen Arbeit und Ejapital, die wirtschaftliche und sozi^de Lage der Arbeiter, die Arbeitsverhältnisse Prankreichs im Vergleich zu denen des Aus- lands etc. Man kann behaupten, dass eine derartige Statistik gegenwärtig nicht vorhanden ist; es finden sich allerdings in den verschiedenen Veröffentlichungen unserer Staatsbehörden und anderwärts zahlreiche Belege, von denen einige sehr gut zu ver- werten sind, doch bilden sie nur vereinzelte, oft sich wider- sprechende Bruchstücke, da sie weder nach einheitlicher Methode noch nach gemeinsamer Anordnung aufgenommen wurden. Sie zu vervollständigen, zu vereinigen, verwertbar zu machen, ist die Aufgabe des Arbeitsamtes. Es wird sich nicht darauf beschränken, trockene Übersichten aufisustellen, Zahlen zu sammeln, die ohne gegenseitige Beziehung und Verbindung erscheinen, es wird ihm auch obliegen, sie einander gegenüber zu stellen, sie zu prüfen, ihre Schlüsse zu ziehen und aus ihnen die Belehrungen zu schöpfen, welche sie enthalten." — (Und unter den Gegen- ständen, welche zu behandeln sein werden, wird genannt: „die wirkliche Bewegung der Löhne durch Vergleichung mit den Kosten des Arbeiterlebens. (!) ") — „Kurzum das Amt soll — heisst es endlich — alles Material vereinen, welches zur zweck- mässigen Vorbereitung der Reformen unbedingt erforderlich ist, und gewissermassen ein Observatorium der Verhältnisse der Arbeiter bilden." Noch ausführlicher als von selten der Regierung wurde das Programm des Office du travail entwickelt von dem Referenten der oben erwähnten Kommission, Maru^jouls, aus dessen Aus- führungen wir jedoch hier einen anderen Punkt hervorheben wollen; nämlich die Worte, mit denen er zunächst die Notwendig- keit einer genauen Arbeiterstatistik begründete. Er sagte in dieser Beziehung unter anderem: „alle, die sich mit der Präge der Arbeit im weitesten Sinne dieses Wortes zu beschäftigen haben, sind darüber einig, dass in Prankreich ein fast voll- ständiger Mangel an statistischer Auskunft zu beklagen ist; es kommt nicht selten vor, dass selbst innerhalb des Paria- — 30 — ments über eine äussere Thatsache sich widersprecliende Be- hauptungen aufgestellt werden, deren Entscheidung bei dem Fehlen sicherer und amtlicher Unterlagen unmöglich ist." Seine endgültige Formulierung fand die dem Arbeitsamt gestellte Aufgabe in Art. 1 des konstituierenden Gesetzes vom 21. Juli 1891 und in weiterer Ausführung in Art. 1 eines Dekrets vom 19. August desselben Jahres. Von diesen beiden Artikeln lautet der erste: „Es wird im Ministerium des Handels, der Gewerbe und der Kolonien ein Arbeitsamt errichtet, welches die Aufgabe hat, sämtliche (!) auf die Arbeitsstatistik bezüg- lichen Daten zu sammeln, zu ordnen und zu veröffent- lichen." Und in dem Art. 1 des Dekretes hiess es: „Das Arbeitsamt hat die Aufgabe: sämtliche Aus- weise über die Arbeit, insbesondere über den Stand und die Entwicklung der Produktion, die Organisation und Löhnung der Arbeit, ihr Verhältnis zum Kapital, die Lage der Arbeiter, den Zustand der Arbeit in Prank- reich, verglichen mit dem Ausland, innerhalb der durch die gegenwärtige Verordnung bestimmten Grenzen zu sammeln, zu ordnen und zu veröffentlichen; und alle, in dieses Gebiet einschlagenden Arbeiten, welche der Minister für Handel etc. von ihm verlangen sollte, zu bewerk- stelligen." Was die Organisation des Amtes betrifft, welche das oben citierte Dekret sowie eine spätere Verordnung vom 4. Februar 1892 regelten, so wurde das Office du travMl als eine, dem Minister direkt unterstehende, besondere Behörde des Handels- ministeriums eingerichtet und als solche in eine Centralstelle und in einen, von drei dauernd angestellten Delegierten versehenen Aussendienst eingeteilt. (Art. 2 u. 3.) Zu diesen beiden Abteilungen wurde als dritte dann noch das Bureau der oben bereits erwähnten Statistique gönörale en France hinzugefügt, das im Laufe der Zeit seinen Geschäftskreis mehr und mehr beschränkt, und seit 1870 schliesslich die Be- deutung einer selbstständigen Behörde verloren hatte. Durch die Artikel 7, 8 und 9 wird sodann des näheren die Thätigkeit bestimmt, durch die das Arbeitsamt den ihm in Art. 1 vorgezeichneten Aufgaben gerecht werden soll. Nach Art. 7 geschieht dies zunächst dadurch, dass die Centralstelle „sowohl durch schriftlichen Verkehr mit Zweigen der Staatsregierung, mit Beamten, mit Körperschaften oder Privatpersonen, als durch Ermittelungen in französischen und ausländischen Veröffent- lichungen, die für die Arbeiten des Amts verwertbaren Aus- künfte sammelt, dass sie dieselben mit den ihr vom Aussendienst gelieferten Mitteilungen zusammenstellt und alles dies zur Ab- — 31 — fassiing der für die Öffentlichkeit oder für den Minister be- stimmten Schriftstücke benatzt. Zu den für die Öffentlichkeit bestimmten Schriftstücken ge- hört das nach Art. 9 periodisch erscheinende Bulletin de FOfflce du travail. Neben dieser kompilatorisch- kritischen Arbeit am Sitze des Arbeitsamts besteht dessen Thätigkeit nach Art. 8 weiter in Erhebungen an Ort und Stelle, die von den ständigen oder auch vorübergehend angestellten Delegierten des Aussen- dienstes vorgenommen werden. ^) — Weil für die Ergebnisse der- artiger Untersuchungen wichtig, mag dazu gleich bemerkt werden, dass diese Delegierten unmittelbar dem Leiter des Arbeitsamtes unterstehen, und ihre Arbeiten nach dessen Weisungen auszu- ftihren haben. — Ausser den fest engagierten Delegierten des Aussendienstes sowie dem oben erwähnten Leiter des Amtes ge- hören zu dessen ständigem Personal vier Abteilungsvorsteher (zwei chefs de section, von denen der eine zugleich den Rang eines sous-directeur einnimmt, und zwei sous-chefs de section), ein Aktuar, ein Archivar, drei Redakteure und vier Bureau- beamte. — Wenn nötig, werden zur Aushülfe andere Personen herangezogen. — So können nach Art. 5 mit Genehmigung des zuständigen Ministers Beamte oder Angestellte der verschiedenen Zweige der Staatsregierung zur zeitweiligen Dienstleistung beim Arbeitsamt verwendet werden; oder es werden wohl auch auf Vorschlag des Direktors auf bestimmte Zeit Delegierte ernannt, die mit besonderen Aufgaben betraut werden, (^t. 6.) Was die finanzielle Ausstattung des Office du travail be- trifft, so ist für dasselbe im Staatshaushaltsplan eine jährliche Summe von 152 000 fr. vorgesehen. Allein mit dieser Schilderung des Offlee du travail ist die Frage nach der heutigen Organisation der amtlichen Arbeiter- statistik in Frankreich noch nicht erschöpfend beantwortet. Wir hatten bei Erwähnung der für die Arbeiterstatistik in Betracht kommenden Faktoren bemerkt, dass sowohl der Conseil supörieur du travail, der Conseil supörieur de statistique wie das einst selbständige, nunmehr dem Office du travail angegliederte Bureau der Statistique gönörale direkt dem Handelsminister unter- stellt wurden. — Es ist also damit in der Person des Handels- ministers flir die verschiedenen Zweige der französischen Statistik eine Centralverwaltungsstelle geschaffen, die auch für die Aus- gestaltung speziell der Arbeiterstatistik jedenfalls von grossem Vorteil ist. Darf man doch annehmen, dass bei einer solchen Centralisation die verschiedenen statistischen Ressorts einander in die Hände arbeiten werden, dass keine Arbeit doppelt ge- ^) Eine Ausnahme findet nur statt bei Unternehmungen oder Gewerbe^ zweigen, welche unter der Leitung oder Aufsicht des Staates stehen. SoUen Über diese Erhebuncfen angesteUt werden, so sind dieselben ausschliesslich yon der zuständigen Behörde zu bewirken, es sei denn, dass diese selbst die Hilfe des Arbeitsamtes beansprucht (Art 8). — 32 — leistet wird, dass vielmehr die grösstmögliche Arbeitsteilung Platz greifen und damit Zeit und Geld gespart werden wird — alles Momente, die sowohl für die Leistungen der französischen Statistik überhaupt wie für diejenige des Offtee du Travail von grosser Bedeutung sein müssen. — Eine solche Arbeitsteilung ist denn nun auch thatsächlich eingeführt worden durch einen Beschluss des Handelsministers vom 3. August 1899, nach welchem die Kompetenzen der einzelnen Dienstzweige und Bureaus der Central Verwaltung wie folgt geordnet sind: THrehtion du travaü, Office du Travail. Arbeitsstatistik. Conseil supörieur du travail. Das Offtee du travail hat die Aufgabe: Alle auf die Arbeit bezüglichen Informationen zu sammeln, zu ordnen und zu veröffentlichen, besonders soweit sie in sich begreifen: den Stand und die Entwickelung der Produktion, die Organisation und Bezahlung der Arbeit, ihr Verhältnis zum Kapital, zur Lage der Arbeiter, die Vergleichung der Lage der Arbeit in Frankreich und im Ausland; das Arbeitsamt hat femer alle Arbeiten auszuführen, die ihr, diesem Plan entsprechend, vom Handelsminister aufgegeben werden. I. Bureau. — Allgemeine Statistik (Statistique gönörale). Conseil sup6rieur de statistique. Vorbereitung und Veröffentlichung der jährlichen Statistik. Redaktion und Veröffentlichung des „Annuaire statistique", die Hauptresultate der aller 5 Jahre stattfindenden Volkszählungen. n. Bureau. — Arbeitervereine. — Sozialökonomische Studien. Die die Arbeit betreffende Gesetzgebung. Streiks — Arbeiterschiedsgerichte — Einigungsämter und Schiedsgerichte — Arbeitslosigkeit — die Syndikate der ge- werblichen Arbeiter und Unternehmer — gemischte und ländliche Syndikate — Syndikatsverband — Syndikatsstatuten — Arbeits- börsen — Einrichtungen und Reglements, die sich auf die SteUen- vermittelung für Arbeiter und Angestellte beziehen. Kooperativ- genossenschaften — Verteilung von Subventionen für Arbeiter — Produktions- und Kreditgenossenschaften, die Teilnahme an Wohl- thätigkeitseinrichtungen — die Veröffentlichung des Jahrbuchs der Syndikate. — 33 — Abteilung für Versicherung tmd soziale Fürsorge, 1. Bureau. — Versicherung — Arbeitsunfälle — Ver- sicherungskontrolldienst. Lebensyersicherung — Versicherung gegen Feuer, Arbeits- losigkeit u. s. w. — Leibrentengesellschaften — Überwachungs- kommission — Nationalversicherungskassen für Sterbe- und Un- glücksfälle — Oberste Kommission für diese Kassenarbeitsunfälle — Vorbereitung und Anwendung der auf Arbeitsunfälle bezüglichen Gesetze und Verordnungen — Kontrolldienst für die Versicherungs- gesellschaften, betr. Arbeitsunfälle — - Personalien der Kontroll- kommissare. 2. Bureau. — Fürsorge und Pensionen. Gewöhnliche Sparkassen — National- Alterspensionskasse ; Pensionskassen u. s. w. — Billige Wohnungen — Oberkommission für die Nationalpensionskasse und Sparkassen — Oberster Eat für billige Wohnungen. Nächst dieser Neuordnung der Centralverwaltung des Handels- ministeriums ist für die französische Arbeiterstatistik femer von Bedeutung eine, durch Dekret vom 1. September 1899 eingeführte Reorganisation des conseil sup^rieur du travail. Dieser oberste Arbeitsrat sollte nach dem Dekret vom 21. Januar 1891 nur in beschränktem Masse eine selbständige arbeits- statistische Thätigkeit entwickeln, und war vielmehr in erster Linie als eine Interessenvertretung der Arbeiter gedacht. Allein dieser Bestimmung hatte er in Wirklichkeit nicht entsprochen und sich daher keinerlei Sympathien seitens der Arbeiter zu erfreuen gehabt. Sowohl hinsichtlich seiner Zusammensetzung wie seiner Auf- gaben trat nun zufolge jenes Dekrets vom 1. September 1899 eine völlige Änderung ein. Was zunächst den ersten Punkt betrifft, so muss unbedingt anerkannt werden, dass durch die Artikel 2 und 17 der Arbeiter- schaft eine bedeutend stärkere Vertretung, als sie sie bis dahin be- sessen, garantiert wird.^) ^) Laut Art. 2 setzt sich der Arbeitsrat zusammen aus QQ Mitgliedern. Von diesen werden ernannt 22 von den Arbeitgebern, 22 von den Arbeit- nehmern. Der Rest vnrd gebildet aus 3 Senatoren, erwählt vom Senat, 5 Deputierten, erwählt von der Deputiertenkammer, 4 vom Handelsminister be- stimmten, kompetenten Personen, 10 von gesetzeswegen dem Arbeitsrat an- gehörigen Personen, nämlich dem Präsidenten der Pariser Handelskammer, dem Schatzmeister der beratenden Kammer der Arbeiter-Produktivgenossenschaften, dem Vizepräsident der Beratungskommission der Pariser Arbeitsbörse, dem Vorsitzenden des Pariser Munizipalrates, dem Generaldirektor der Manu- fakturen, dem Direktor für Schiffahrt, Wege und Minen im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, dem Direktor der SUatseisenbahnen, dem Direktor für Industrie im Ministerium des Handels, dem Direktor für die Arbeit, ebenda, dem Chef der Abteilung für soziale Fürsorge und Versicherung, ebenda. Dreydorff, Ein deatschos Rdichsarbeitsamt. 3 — 34 — Von besonderer Bedeutung ist in dieser Hinsieht Artikel 17, der über die Zusammensetzung einer permanenten Kommission ^) — des entschieden wichtigsten Organs des Arbeitsrats — Be- stimmung trifft. — Diese Kommission, die aus 16, innerhalb des Rates gewählten Mitgliedern (7 Arbeitgeber, 7 Arbeitnehmer, 1 Senator, 1 Deputierter) und 5 gesetzlichen (du droit) Mit- gliedern gebildet wird, eröffnet nämlich (Art. 18) auf Wunsch des Ministers Enqußten über: „die Lage der Arbeit wie der Arbeiter und über die Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Sie nimmt Kenntnis von Dokumenten und statistischen Mitteilungen, welche ihr als Basis für ihre Arbeiten dienen müssen, verlangt Enqueteergänzungen innerhalb der Grenzen der ihr zur Verfügung stehenden Geldmittel, bewirkt schriftliche oder mündliche Zeugenaussagen kompetenter Personen, und hebt in einem Gesamtbericht die beobachteten Thatsaehen, die festgellten Missstände wie die angezeigt erscheinenden Re- formen hervor. Auf Wunsch des Ministers kann 'sie diesem auch über die Ursachen und Umstände eines Streiks Bericht erstatten." Irgend welche Vorschriften über die Art, in der jene En- queten vorzunehmen sind, enthält das Dekret nicht; dagegen bestimmt Art. 19 — und es ist dies für den Wert der Unter- suchungen jedenfalls nicht gleichgültig — , dass der jährlich einmal zusammentretende Arbeitsrat die jedem Mitglied desselben zu- gehenden Enqueteberichte diskutieren soll, dass er nötigenfalls neue Zeugenaussagen fordern und entgegennehmen kann, wie endlich, dass die Diskussion mit einer Resolution geschlossen wird, in der 1) die durch die Enqußte aufgedeckten Unzuträglichkeiten und Missstände, 2) die für jeden Fall geeigneten Reformen aufgeführt werden. Unter den Leistungen des OfQce du travail kommen als regelmässig wiederkehrende Arbeiten in Betracht: 1) die jährlich herausgegebene Statistique des grfeves et des recours ä la con- ciliation et k l'arbitrage. 2) Das monatlich einmal erscheinende Bulletin de TOffice du travail. Von ihnen ber ichtet di e Statisti(|ne des grfeves^) e tc. 1) über die im Vorjaür unternommenen Streiks Hier auch die ausführlichen Bestimmungen des Dekretes über den Wahl- modus, wie über die Gültigkeitsdauer der Mandate wiederzugeben, würde zu viel Platz in Anspruch nehmen. — Zur Kennzeichnung des durchaus fort- schrittlich gehaltenen, den Arbeitern günstigen Dekretes sei nur erwähnt, dass auch weibliche Kandidaturen zugelassen sind, und dass die Erwählten der Arbeitersyndikate und Schiedsgerichte Diäten erhalten. ') Id Bezug auf eine solche Kommission , die laut Art. 17 also obliga- torisch ist, hiess es in dem Dekret vom 22. Januar 1891, Art. 4 nur: „der Minister kann (!) auch eine permanente Kommission bilden.^^ *) Über diese hatte vor dem Office du travail bereits das Bureau de la Statistique generale zu berichten angefangen, jedoch zufolge unvollständiger Erhebungen keine befriedigenden Resultate zu liefern vermocht. — 35 — (bezw. Aussperrungen), 2) über die Inanspruchnahme wie über die Erfolge der Einigungsämter und Schiedsgerichte, für deren Thätig- keit das Gesetz vom 27. Dezember 1892 bestimmte Vorschriften er- lassen hatte. — Bezüglich der Streiks werden in detaiUierten Über- sichten für jeden Streikfall Angaben gemacht über alle für den- selben wichtigen Momente, so über Ort, Beginn und Beendigung des Streiks, über die Zahl der vom Streik betroffenen Betriebe, über die Zahl der Ausständigen wie der gezwungen Feiernden, über Lohn- sätze und Arbeitszeit vor und nach dem Streik u. s. w. — Diesen statistischen Mitteilungen stehen gegenüber monographische Schilde- rungen der wichtigsten Arbeitseinstellungen, sowie rekapitulierende Übersichten, die über gewisse Zusammenhänge, wie über: Streik und Gegend, Streik und Jahreszeit u. dgl. Aufschluss geben sollen. Für diese Statistik bilden die Hauptinformationsquelle die Präfekten, die, gestützt auf Mitteilungen der Maires und der Gemeindepolizeibehörden, nach Beendigung jedes Streiks aus- führlichen Bericht erstatten, zu dem vor allem auch die Beant- wortung eines durch Gesetz vom 20. November 1892 erlassenen Frageformulars gehört. — Soweit nötig, sucht das Offtee du travail diese Berichte zu ergänzen durch einschlägige Mitteilungen der Lokalpresse, durch Telegrammkopien, die ihm von den Tele- graphenämtem eingesandt werden, eventuell auch durch die per- sönüchen Ermittelungen eines seiner Beamten am Ort des Streiks. — Nach alledem glaubt das Ofiftce du travail, seine Streikstatisik, die es übrigens ständig zu verbessern bemüht ist, als ziemlich vollständig ansehen zu können. — Wie weit es zu einer solchen I Annahme berechtigt ist, wird der femer Stehende schwer zu ' entscheiden vermögen. Es darf jedoch erinnert werden, dass ' bis zum Jahre 1894 — wenn auch nur in Einzelheiten — die dem Amte zugehenden Berichte noch zu wünschen übrig liessen. So erkennt der Handelsminister in einem Bundschreiben vom 4. Juli 1894 zwar durchaus lobend die Aufinerksamkeit und Sorgfalt an, mit welcher die Präfekten den Vorschriften des Cirkulars vom 20. November 1892 nachgekommen sind, erwähnt aber zugleich gewisse Lücken, die noch auszufiillen seien. Ob dies nun in der Folgezeit geschehen ist, darüber lässt sich den späteren Publikationen über Streiks nichts entnehmen. Was aber die an zweiter Stelle genannten Mitteilungen über die Thätigkeit und die Ergebnisse der Einigungsämter und der Schiedsgerichte betrifft, so dürfte deren Vollständigkeit durch das gesetzlich vorgeschriebene Verfahren: die Einsendung von Ab- schriften der Verhandlungsprotokolle und Entscheidungen, ziem- lich verbürgt erscheinen. Die Monatsschrift des Bulletin de TOfftce du travail, die hin- sichtlich ihrer Anlage wie ihres Zweckes der englischen Labour Gazette entspricht, i) berichtet, wie diese, über alle, für die Arbeiter ^) Auch das Bulletin de l'Office du travail ist für breite Schichten, be- 3* — 36 — wichtigen Verhältnisse des In- und Auslandes. — Dabei stutzt sie sich in ihren Mitteilungen über das letztere auf die ihr vom Auswärtigen Amt zugehenden Berichte der diplomatischen Ver- treter und Konsuln, während sie für ihre Nachrichten über die Lage der einheimischen Arbeit und Arbeiterverhältnisse die Hilfe verschiedener, zu monatlichen Berichten verpflichteter Orts- korrespondenten wie diejenige von Vertretern der syndicats pro- fessionnels in Anspruch nimmt Zur Illustrierung des eben Gesagten teilen wir in der An- merkung^) die Inhaltsäbersicht der letzten Dezembemummer mit Bedeutend grösser als die Zahl der regelmässig erscheinenden Publikationen ist die Zahl derjenigen, die über gelegentliche Untersuchungen erschienen sind. In chronologischer Eeihenfolge lenkt die grosse Enquete über die Löhne und Arbeitsdauer in der französischen Industrie^) zunächst das Interesse auf sich. Sie wurde im Jahre 1892 eingeleitet und bezog sich zunächst auf das Vorjahr; sie wurde später noch durch mehrere Spezialuntersuchungen ergänzt, die sich zum Teil auch auf andere Dinge als Löhne und Arbeits- dauer erstrecken. Ihre Ergebnisse wurden niedergelegt in vier starken Bänden, von denen der erste das Seinedepartement, die beiden folgenden die übrigen Departements und der, unter dem Titel „Resultats gönöraux" erschienene, vierte Band, unter gleich- zeitiger Veröifentlichung neuen Materials, die Summe der ge- wonnenen Besultate zieht. sonders die Arbeiterwelt berechnet; es kostet bei einem Umfang von 80 bis 100 Seiten — pro Nummer 20 c. ^) I. Soziale Bewegung in Frankreich: Arbeitsilbersicht für November. Allgemeine Lage, Streiks, Einigungsämter und Schiedsgerichte. EnquSten von 1891—92; 1897—98 über Stellenvermittelungsinstitute. Die gewerbliche Be- völkerung nach der Zählung von 1896. n. Soziale Bewegung im Ausland: Arbeitsübersicht — Streiks. Ein Museum für Arbeiterhygiene in München — Verordnungen, betr. die Sitz- gelegenheit für LadenangesteUte. Österreich: Arbeitsübersicht, Streiks; das- selbe für Belgien. Vereinigte Staaten: Die mechanische Ausbeutung der Steinkohlenwerke. Gesetz betr. die Sitzgelegenheit für weibliche Angestellte in Restaurants im Staate New -York. ni. Rechtsprechung: Arbeitsunfälle — Frauen- und Kinderarbeit, Wohl- thätigkeitsanstalten. IV. Regierungsakte und Aktenstücke: Ministerialrundschreiben vom 26. November 1900, betr. die Hilfsarbeiten in Fällen von Arbeitslosigkeit — Ministerialbeschluss vom 29. November 1900, der das Verzeichnis der Ver- sicherungsgesellschaften für ArbeitsunfäUe feststellt etc. ') S^res et dur^e du travail dans l'industrie fran^aise. Tome I. Departement de la Seine (1893). II. Autres D^part (1894). Tome in. Autres Döpart. (1895), Rösultats gönäraux (1897). Tome IV. Verschiedene Mitteilungen: Auszüge aus den Mitteilungen 1) der Untemehmerverbände, 2) der Korrespondenten (nach Departements) — Auszüge aus den Mitteilungen der Arbeitervereine (nach Departements) — Sub- missionen — Marktpreise — offizieUe Berechnung des Bro^reises — Stempel- ämter (für Goldsachen) — Aussenhandel — Transportwesen — Bankerotte — Baukonzessionen — Syndikatsbewegung — Leihhäuser — Einrichtungen für (Arbeiter-)Ptirsorge — Unentgeltliche Stellenvermittelung — Bibliographisches. r_3 ■ ^ It- — 37 — Man gliederte das Material nach 10 Industriegruppen und bot dasselbe in den ersten drei Bänden in der Form, dass man zunächst eine kurze Beschreibung aller besuchten Betriebe gab. Dieser, mit einer detaillierten Zusammenstellung aller möglichen Zahlen verbundenen Schilderung liess man ^ann, nach In- dustrien und nach Gegenden aufgestellte, rekapitulierende Über- sichten folgen, in denen Angaben über die verschiedensten Dinge: über Zusammensetzung und Veränderung des Arbeiterpersonals, die Arbeitsdauer, Durchschnittslöhne (Lohnsätze) u. s. w. gemacht werden. Was den 4. Band betrifft, so zerfallt derselbe in drei Teile. — Von diesen resümiert der erste die aus der Provinzial- enquete gewonnenen, in Band n und III veröffentlichten Ziffern, imi dieselben zunächst miteinander, sodann beide mit den, in Band I veröffentlichten Resultaten zu vergleichen. Im 11. Teil wird vom regionalen Gresichtspunkte aus eine Übersicht über die Verschiedenheit der Löhne wie der, fiir die wichtigsten Gegen- stände gezahlten Löhne gegeben. — In einem dritten Teüe endlich versucht man, soweit angängig, die Lohnermittelungen der vorliegenden Enquete mit denen früherer Untersuchungen dieser Art (besonders derjenigen von 1840 — 45; 1860—65, der jährlichen Enquete des Minendienstes und der seit 1853 vom Bureau de la statistique g6n6rale unternommenen Enqueten) zu vergleichen. — Dazu kommen verschiedene Übersichten über Lebensmittelpreise, sowie eine solche über die Höhe des Kost- geldes (pension) allein stehender Arbeiter, über welches man durch eine, im Jahre 1896 veranstaltete Umfrage Aufschluss zu erlangen suchte. Wie schon bemerkt, ist die grosse Fülle des in jenen vier Bänden dargebotenen Materials aus verschiedenen Quellen ge- schöpft; verschiedene Methoden der Untersuchung sind zur An- wendung gekommen, auf die hier des nähern einzugehen nicht möglich ist. Nur soviel sei bemerkt, dass — wenigstens soweit es sich um die Ermittelung der Löhne (richtiger Lohnsätze) und der Arbeitsdauer handelt — die wichtigsten Ermittelungen durch Delegierte des Offtee du travail an Ort und Stelle vor- genommen wui-den, wobei dem einzelnen, der Enqußte unter- worfenen Betriebe mindestens die Arbeit eines ganzen Tages gewidmet werden musste. — Ohne selbst hier den Versuch einer kritischen Würdigung dieser ersten grossen Leistung des fran- zösischen Arbeitsamtes zu unternehmen, wollen wir nur be- merken, dass man sich bei einem solchen Versuche wird gegen- wärtig halten müssen, 1) dass es sich bei jenem Unternehmen immer nur um die Untersuchung einer Aiizahl ausgewählter Betriebe gehandelt hat, 2) dass auch für diese Zwecke die Aus- übung jedes gesetzlichen Zwanges zur Auskunfterteilung aus- geschlossen war, 3) dass wir — soweit es sich um Statistik handelt — es in der Hauptsache nur mit abgeleiteten Resultaten — 38 — (berechneten Lohnsätzen, Arbeitszeiten u. s. w.) zu thim haben. — Hatte sich nun diese Enquete mit denjenigen Betrieben beschäftigt, die vorwiegend in den Formen der Grossindustrie und der mitt- leren Industrie auftreten, so wandte man sich in einer zweiten Paralleluntersuchung der Ermittelung der Löhne (Lohnsätze) wie der Arbeitsdauer in der Kleinindustrie zu, beschränkte sich dabei jedoch auf das Pariser Nahrungs- und Bekleidungsgewerbe. Wegen der grossen Zahl rudimentärer Betriebe, welche das Kleingewerbe auszeichnen, sowie in Eücksicht auf die in ihm herrschende Mannigfaltigkeit hatte man von vornherein darauf verzichtet, dasselbe mit den Mitteln der Statistik zur Dar- stellung zu bringen. Statt dessen bot man die, in 2 Bänden*) niedergelegten Resultate der Untersuchung in der Form von Monographien, in denen ziffernmässige Übersichten nur eine be- scheidene Rolle spielen. Was die den Untersuchungen zu Grunde liegende Methode betriflFt, so handelte es sich um an Ort und Stelle vorgenommene Befragung durch Delegierte, die zu diesem Zweck eine grosse Zahl von Betrieben in Augenschein nahmen. In demselben Jahre 1892, in dem die grosse Enquete über Löhne und Arbeitsdauer begann, wurde auch eine solche über den Arbeitsnachweis für Angestellte, Arbeiter und Gesinde — und zwar unter Bezugnahme auf das Jahr 1891 — veranstaltet. Das ziemlich verwickelte Ermittelungsverfahren bestand in der Hauptsache in der Versendung von Fragebogen an alle Präfekten, 3253 dem Gesetz vom 21. März 1884 entsprechende Berufs- syndikate und an alle Inhaber der, durch Gesetz vom 25. März 1852 autorisierten Stellenvermittelungsbureaus. — Die über die gewonnenen Resultate herausgegebene Publikation 2) , eingeleitet durch eine umfangreiche geschichtliche Darstellung des Arbeits- nachweises (bezw. der Arbeitsverdingung) in Frankreich seit dem Mittelalter, enthält statistische Übersichten, in denen für jeden Oit, für jede Art der Stellenvermittlung sowie für jedes Ge- werbe angegeben wird: die Zahl der vorhandenen Bureaus, die Zahl derjenigen Bureaus, über welche Auskunft zu erlangen war, die Zahl der jährlichen Stellen-Gesuche und -Angebote, die Zahl der dauernd oder nur vorübergehend bewirkten An- stellungen, sowie die Sätze der Vermittlungsgebühren — alles in allem eine Fülle aus kompetenter Quelle geschöpften Materials, das zwar nicht den Ansprüchen der Enqueteunternehmer ^), wohl aber den Bedürfnissen der an der Frage der Stellenvermittlung damals gesetzgeberich interessierten Kammer genügt haben dürfte. *) La petite Industrie (Salaires et duröe du travail). Tomel. L'alimentation ä. Paris (1892). 11. Le vetement ä Paris (1893/94). *) Le placement des employ^s, ouvriers et domestiques en France, son histoire, son ^tat actuel (1893). ^) So kamen z. B. von 1375 an die bureaux autorises versandten Frage- bogen nur 994 — das sind 72 7o — beantwortet zurück. — 39 — Unter dem Titel „Hygiene et securitö des travailleurs dans les ateliers indostriels" gab das Amt 1895 eine sehr umfassende Sammlung aller in Frankreicli wie im Ausland erlassenen Ge- setze und Verordnungen heraus, welche zu gunsten der Industrie- ai-beiter gegebene hygienische und Unfallschutz -Bestimmungen enthalten. Dieses Werk, in welchem die Statistik vollkommen zurücktritt, war, wie es am Schluss des Lettre au ministre heisst, dazu bestimmt, „allen denjenigen nützliche Dienste zu leisten, die sich besonders mit den sozialen Fragen und dem Loos der Arbeiter beschäftigen." Unter dem Titel „Repartition des saJaires du personel ouvrier dans les manufactures de TEtat et les compagnies de chemin de fer" und „Note sur le minimum de salaire dans les trayaux publics en Angleterre, en Belgique, en Hollande, en Suisse, aux Etats-Unis et en France" erschienen sodann in den Jahren 1896 und 1897 zwei weitere Publikationen des Amtes. Von ihnen enthält die erste die Ergebnisse einer von der Arbeitskommission der Deputiertenkammer angeregten Enquete, durch welche die Lohnsätze (taux de salaires) ermittelt werden sollten, welche in den Staatsmanufakturen und von den Eisenbahngesellschaften deren Arbeitern und Beamten gegenüber zur Anwendung kommen. Dabei sollte vor aUem auch auf alle diejenigen Umstände Rücksicht genommen werden, die hauptsächlich geeignet sind, die Löhöe zu beeinflussen (Greschlecht, Alter, Örtlichkeit, Art der Arbeit). — Mag man diese Enquete, bei der ausschliesslich Fragebogen zur Anwendung kamen, welche sodann vom Ofüce du travail bearbeitet wurden, nun auch mit Fontaine^) als eine äusserst erschöpfende bezeichnen, so ist doch andrerseits zu be- tonen, dass sich die Untersuchungskonmiission infolge Zeitmangels mit den Resultaten einer einzigen Lohn- bezw. Gehaltszahlung begnügte. Die an zweiter Stelle erwähnte Publikation „Note sur le minimum etc." ist wiederum keine eigentlich statistische Arbeit. Entstanden auf eine Anregung des conseil sup^rieur du travail hin, stellt sie sich vielmehr nur dar als eine Sammlung aller derjenigen Aktenstücke des In- und Auslands, in denen es sich um die Festsetzung von Minimallöhnen wie Maximalarbeitszeiten handelt. — Es kommen dabei vor allem in Betracht eine Reihe staatlicher und kommunaler Submissionsverträge, in denen eine bestimmte Arbeitszeit wie ein bestimmtes Lohnminimum vor- schreibende Klauseln enthalten sind. Die Ergebnisse einer Enqu§te wiederum sind niedergelegt in der gleichfalls 1897 erschienenen Arbeit „sur les associations ouvriferes de production." Der Zweck dieser Untersuchung war: die Bedeutung der Arbeiter -Produktivgenossenschaften kennen zu lernen, weshalb A. a. 0. — vo- rnan die verschiedenen Typen dieser Organisation, deren die Personalzahl der einzelnen Unternehmungen, die Löbney die Gewinne, die Art der Gewinnbeteiligung, eventuelle Verluste und deren Ursachen u. s. w. zu ermitteln suchte. — Alle Irieranf bezüglichen Fragen, welche in einem sehr detaillirten Quesrtibn- naire enthalten waren, wurden durch Beamte des Office du travail an Ort und Stelle beantwortet. — Es wurden auf diesem Wege die Verhältnisse von 200 — unter im ganzen 213 ^) — Associationen, die in den Jahren 1895 und 1896 bestanden, er- mittelt. — Was die übrigen 13 betrifft, so waren dieselben im Lauf der Enquete entweder wieder spurlos verschwunden oder aber dem Amt bereits aus anderen Quellen bekannt. Im Jahre 1898 publizierte das Amt unter dem Titel „Ijes caisses patronales de retraites" die Ergebnisse einer Enquete, die es unter Mitwirkung der Arbeitsinspektoren auf Wunsch der Kommission der Deputiertenkammer ffir soziale Fürsorge und Versicherung unternommen hatte. — Es handelte sich damals darum, eine möglichst genaue Voi-stellung von den Pensions- einrichtungen industrieller Etablissements zu gewinnen, und sachte man vor allem die Zahl, die Organisation sowie die Resultate der von den Unternehmern begründeten Arbeiter-Pensionskassen zu ei-mitteln. Was die Vollständigkeit der Erhebung sjüangt, die sich nur auf die, der Arbeitsinspektion unterstellten Betriebe und auch nur auf ein bestimmtes Jahr erstreckte, so giebt das Arbeitsamt selber zu, dass ihm wohl das eine oder andere der fraglichen Etablissements entgangen sein mag, glaubt aber, dass deren Zahl jedenfalls nicht so gross ist, als dass dadurch die gewonnenen Resultate alteriert werden könnten. Eine Ergänzung zu der seit 1899 jährlich herausgegebenen Statistik der syndicats patronaux, ouvriers, agricoles soUte eine Enquete über die Entwicklung und Thätigkeit der gewerblichen Arbeitervereine 2) bilden und insofern eine vorhandene Lücke ausfüllen, als aus den verschiedenen statistischen Mitteilungen über Stellenvermittlungsbureaus, Pensionskassen, Kassen zu gegen- seitiger Unterstützung, Produktions- und Konsumtionsgenossen- schaften nur sehr unvollkommen zu ersehen war, welcher Ein- fluss durch jede dieser Institutionen auf die Lebensfähigkeit der Association, welche sie geschaffen hat, ausgeübt wird. Die betreffende Publikation des Amtes zerfallt in drei Teile. Gewissermassen die Basis des Ganzen bildet der zweite Teil, in ^) In diesen 213 sind zwar nicht alle Arbeiterassociationen inbegriffen, wohl aber diejenigen, welche den, vom Office du travail für den Begriff der associations ouvriäres de production aufgestellten, von ihm für wesentlich er- achteten Bedingungen entsprachen. Diejenigen, welche ihnen nicht entsprachen, waren deshalb von vornherein ausgeschieden worden. ') Von der unter dem Titel „Les associations professionneUes ouvriöres" herausgegebenen Publikation ist 1899 der erste Band erschienen, welcher die einschlägigen Verhältnisse für die Landwirtschaft, den Bergbau, die chemische Industrie und die graphischen Gewerbe behandelt ^•^^ r — 41 — welchem die mancherlei Associationsversuche beschrieben werden, welche die Arbeiter in den wichtigsten französischen Städten in der Zeit von 1791 — 1798 zum Zwecke grosser nationaler Föde- rationen unternommen haben. — Da die Bildung und Thätigkeit der Associationen, die nach den in früheren Publikationen des Amtes aufgestellten Industriegruppen klassifiziert werden, offen- bar beeinflusst worden sind, einmal von Massnahmen der Gresetz- gebung und Verwaltung, zum andern von gewissen grossen sozial- reformerischen Ideen, so wurde jener geschichtlichen Darstellung ein erster Teil vorausgeschickt, in welchem 1) ein allgemeines Bild des politischen und sozialen Milieus, aus dem heraus die verschiedenen Associationsformen sich entwickelt haben, gezeichnet und 2) ein Überblick über die für die Associationen wichtige Gesetzgebung seit 1791 gegeben wird. Dieser I. Teil schliesst ab mit einer vergleichenden Zu- sanmienstellung der Zahl und des Effektivbestandes der Syndi- kate, der Berufsgenossenschaften zu gegenseitiger Unterstützung und der Produktivgenossenschaften. — Ein III. Teil soll der Ge- schichte der lokalen Vereinigungen und der Syndikatsverbände verschiedener Berufe und der Arbeitsböi^en gewidmet sein. Nach dem Gesagten kann man ohne Übertreibung behaupten, dass das französische Office du travail innerhalb der noch immer kurzen Zeit seines Bestehens bereits viel dazu beigetragen hat, nicht nur über die Lage der französischen Arbeiter manches Licht zu verbreiten, sondern auch das Interesse und das Ver- ständnis für die Arbeiterfrage im allgemeinen zu fördern. Die Ergebnisse, die das Amt aus seinen Ennittelungen einheimischer Zustände gewonnen hat, wird man zwar noch keineswegs als vollkommen befriedigende ansehen können; man wird an den Methoden der Untersuchung mancherlei — unter Umständen so- gar sehr vieles zu tadeln haben, aber man wird dabei auch nicht vergessen, dass hinsichtlich der Methode — wir erinnern nur an die Frage der Lohnstatistik — manches noch durchaus Problem ist, und volle Klarheit erst und nur auf dem Wege des Experi- ments zu gewinnen sein dürfte. Sicher ist jedenfalls, dass die bisherige Thätigkeit des Office du travail das fortgesetzte Streben nach VervoUkommnung der Untersuchungsmethoden wie der Aufbereitung seines Materials erkennen lässt; und es ist endlich an den Publikationen selbst rühmend hervorzuheben die Objektivität der Darstellung wie die Offenheit und Genauigkeit, mit der von der Art der Material- gewinnung Rechenschaft abgelegt wird. Allein wichtiger als die bisherigen Leistungen der franzö- sischen Arbeiterstatistik scheinen uns für eine Beurteilung der- selben doch die ihi' gestellten Aufgaben wie die zu ihrer Lösung geschaffenen Organe zu sein. — Während uns nun von diesen beiden Faktoren der erstgenannte allen Ansprüchen zu genügen scheiDt, glauben wir, dass die Organisation der französischen — 42 — Arbeiterstatistik noch in mancher Hinsicht der Verbesserung und eines weiteren Ausbaus bedürftig ist. Als höchst wertvoll ist es gewiss zu betrachten, dass der arbeitsstatistische Apparat ganz selbständig seine bestimmten Funktionen ausübt und nicht etwa — wie z. B. die deutsche Kommission für Arbeiterstatistik — auf ausdrückliche Anregung von anderer Seite zu warten braucht, um in Thätigkeit zu treten. Es ist femer als ein Voi'zug der französischen Arbeiterstatistik anzusehen, dass das Offlee du travail infolge der neuerdings ge- schaffenen Centralisation der Statistik überhaupt, mit anderen statistischen Eessorts in einem organischen Zusammenhang steht und somit von diesen sicherlich mancherlei wertvolle Unter- stützung erfährt. Diesen Vorzügen stehen jedoch — wie uns scheint — vor allem zwei Mangel gegenüber. Von ihnen ist der eine für uns darin gelegen, dass das Office du travail überall, wo eine Aus- kunftspflicht — wie z. B. bei den Berichten der Präfekten über Ausstände — nicht gesetzlich normiert ist, auf den guten Willen der Befragten angewiesen ist. — Es ist uns nichts bekannt von irgend einer gesetzlichen Zwangs- bezw. Strafgewalt — wie sie etwa den deutschen Gewerbeinspektoren durch § 139 b der Ge- werbeordnung zur Unterstützung beigegeben ist, — und es ist klar, dass unter solchen Umständen die Arbeit des Amtes ge- legentlich sehr erschwert werden kann, wie auch dass die ge- wonnenen Resultate nicht in allem und jedem als unbedingt genau gelten können. Zum anderen aber scheint es uns fraglich, ob för die weit- reichenden Aufgaben, die dem Offtee du travail gestellt sind, der heutige Beamtenkörper, vor allem die Organisation des so- genannten Aussendienstes wie auch das Institut der ziemlich selb- ständigen, in vielen Stücken kaum kontrollierbaren Lokalkorre- spondenten genügen dürfte. Wir möchten darum behaupten, dass die Organisation der französischen Arbeiterstatistik noch einer weiteren Entwicklung fähig ist, in dem Sinne, in dem der Berichterstatter der Kom- mission, der der erste Gesetzentwurf, betreffend die Errichtung eines Arbeitsamts, vorgelegen, seiner Zeit von dem Amt als „dem Kern einer Krystallisation gesprochen hatte, die sich durch aufeinander folgende Schichten bUden werde." § 4. Belgien. Mit der Errichtung eines besonderen arbeitsstatistischen Amtes folgte dem Beispiel der Vereinigten Staaten, Englands, Frankreichs im Jahre 1894 endlich auch Belgien. Wir sagen endlich, weil dieses industriell hoch entwickelte Land mit seiner zahlreichen Arbeiterbevölkerung schon längst zu einem Vorgehen in dieser Richtung Veranlassung gehabt hätte; - 43 — und dies umsomehi^ als die Klasse der belgischen Lohnarbeiter, jedes staatlichen Schutzes entbehrend, der Willkür eines rück- sichtslos ausbeutenden Unternehmertums völlig preisgegeben war. Schuld an derartigen Zuständen waren ßegierung und Parlament jedenfalls in gleichem Masse. Der Anregung des radikalen Brüsseler Deputierten Janson, der bereits zu Anfang der 80 er Jahre die Einführung des all- gemeinen Stimmrechts für die Kammerwahlen verlangt hatte, war von keiner Seite Folge gegeben worden, und so war es dann nicht verwunderlich, dass die in den breiten Schichten der Arbeiter schon längst angesammelte Erbitterung schliesslich im März 1886 zu einem formlichen Aufstand führte. — Unter Auf- wendung von Waffengewalt war die Regierung desselben rasch Herr geworden, hatte aber bald darauf, zur Besänftigung der erregten Gemüter, auch einen Ausschuss zur Prüfung der ge- werblichen Verhältnisse eingesetzt. — Dass es der Regierung mit dieser Einrichtung jedoch nicht sonderlich Ernst war, darf wohl daraus gefolgert werden, dass von den mancherlei treff- lichen Vorschlägen dieses Ausschusses so gut wie nichts durch- geführt wurde. Wie sehr es aber auf Seiten der bürgerlichen Parteien an jedem guten Willen, etwas für die Arbeiterklasse zu thun, mangelte, geht daraus hervor, dass ein, in der Session 1889/90 vom Abgeordneten Janson eingebrachter Gresetzentwurf, nach welchem eine öeneralarbeitsdirektion im Ministerium des Innern eingerichtet und mit der Sammlung und Veröffentlichung aller wissenswerten Auskünfte über die Arbeiterverhältnisse betraut werden sollte, in der Repräsentantenkammer eine sehr kühle Aufnahme fand und Paragraph für Paragraph abgelehnt wurde. Im Interesse der Arbeiterklasse wurde im Jahre 1891 ja dann insofern etwas gethan, als man mit Hilfe der conseüs de rindustrie et du travaü Erhebungen über die Löhne und die Budgets der Arbeiter veranstaltete. — Allein, es ist doch frag- lich, ob diese, durch die Kündigung der Handelsverträge ver- anlasste Enquete für die .Behandlung der Arbeiterfrage schon den Anbruch einer neuen Ära bedeutet hätte, wäre nicht infolge der Verfassungsänderung und auf Grund des neuen Wahlrechts eine Anzahl Sozialisten in die Kammer eingezogen. — Erst durch das Drängen dieser Gruppe, die sogleich eine ganze Reihe von Arbeitergesetzentwürfen einbrachte, hatte sich die Regierung veranlasst gesehen, ein Gleiches zu thun, und so erschien denn am 12. November 1894 schliesslich eine königliche Verordnung, welche die Errichtung eines Arbeitsamtes verfiigte. Eine königliche Verordnung vom 12. April 1895 bestimmte sodann des nähern die Organisation und die Funktionen dieses Amtes, dessen Thätigkeit noch erweitert wurde durch eine königliche Verordnung vom 28. August desselben Jahres und durch eine Verordnung vom 2. Januar 1897. — 44 — Fragen wir nun, worin diese Thätigkeit bestehen sollte, so ist als ein für das belgische Arbeitsamt charakteristisches Merk- mal zunächst hervorzidieben, dass wir es bei ihm mit einer, in gleichem Masse sonst bei keinem Institut dieser Art wieder- kehrenden Vereinigung dreier ganz verschiedenen Aufgaben zu thun haben, nämlich mit einer statistischen, einer legislativen und einer administrativen Aufgabe. Deren Inhalt des nähern zu bestimmen, ist aber kaum möglich ohne gleichzeitiges Eingehen auf die Organisation des Amtes, und ist darüber das Folgende zu sagen. Das von einem Generaldirektor geleitete, belgische Arbeits- amt ist eingeteilt in 5 Sektionen und in seiner Gesamtheit dem Ministerium für Industrie und Arbeit (ministfere des Industries et du travail) unterstellt, einem Ministerium, das durch eine königl. Verordnung vom 25. Mai 1895 von dem ehemaligen Ministerium für Ackerbau, Industrie, Gewerbe und öffentliche Arbeiten als selbständiges Ressort abgezweigt worden ist. Von diesen 5 Sektionen ist nun die wichtigste — das eigent- liche arbeitsstatistische Amt und die Grundlage der ganzen Ein- richtung — die erste Sektion. Sie ist das Organ, welches die Arbeiterstatistik zu pflegen hat, über Ausstände und Aussperrungen berichtet, die Vor- bereitung, Ausführung und Veröffentlichung von Enqueten be- wirkt, jede, den Arbeitsminister interessierende Frage zu prüfen und zu bearbeiten hat, eine monatliche „Revue du travail'' heraus- giebt, mit einem Wort: alle, für die Lage der Arbeit und der Arbeiter wichtigen Daten zu sammeln und zu publizieren hat. Genügt dies schon, um die Aufgabe dieser I. Sektion als äusserst wichtig und umfangreich erscheinen zu lassen, so wird dies doch noch deutlicher, wenn wir hören, dass nach der grund- legenden Verordnung vom 12, April 1895 im besonderen Gegen- stand der Untersuchungen des Amtes sein sollen:^) die ökonomische und kommerzielle Lage der verschiedenen Zweige der Arbeit; der Stand des Arbeitsmarktes der verschiedenen Berufe ; die Arbeitslosigkeit, ihre Ursachen, ihre Dauer, ihre Folgen, die Mittel dagegen, inklusive Versicherung, die Lage der Arbeiter und Lehrlinge beiderlei Geschlechts in betreff des Lohnes und der Art der Lohnzahlung, der Arbeitszeit, der Ruhetage, der Antritts- und Entlassungsbedingungen und sonstiger Para- graphen des Arbeitsvertrages, die Kosten des Unterhalts, das Haushaltungsbudget der verschiedenen lOassen von Arbeitern und Arbeiterinnen, die Detailpreise der Lebens- mittel und Bedarfsartikel der grossen Masse des Volkes; der Einfluss der Steuern auf das Einkommen, den Ver- brauch und die Lebenshaltung der Arbeiter; die Anzahl *) Soziale Praxis 1895, No. 2, S. 39. — 45 — der Unfälle in den einzelnen Berufen, Schwere der Ver- letzung; Dauer der Arbeitsunfähigkeit, Alter und Familien- stand der Unfallverletzten, und mechanische und moralische Ursachen der Unfälle; die Sterblichkeit der verschiedenen Kategorien der Arbeiter, nach Alter, Geschlecht und Beruf, namentlich die Bj-ankheiten, welche aus dem Be- ruf, der Ernährungsweise oder aus dem Alkoholmissbrauch entstehen; die Anzahl der Arbeiter, welche alljährlich wegen mangelnden Militännasses, körperlicher Fehler oder Schwäche der Konstitution vom Dienst im Heere befreit werden; die Anzahl der Arbeiter, welche all- jährlich den Bettlerstationen (depots de mendicitö), Asylen, Besserungsanstalten und Gefängnissen überwiesen werden; die industriellen Kämpfe zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern; ihre Häufigkeit, Ui'sachen, Ausdehnung, Abschluss, Folgen; die gesetzmässigen oder über das Gesetz hinausgehenden Mnrichtungen, welche dazu be- stimmt sind, das gute Einvernehmen zwischen Arbeit- gebern und Arbeitern zu fördern, wie Einigungsämter, Fabrikausschüsse , Schiedsgerichte , Arbeitskammem, Ältestenkollegien, und die Wirkung dieser Einrichtungen ; die Wirkung der Gresetze betr. die Arbeit von Frauen und Jugendlichen, betr. den Lohn, die Fabrikordnung, den Arbeitsvertrag und überhaupt aller gesetzlichen Massnahmen, welche Gesundheit und Unfallverhütung in den Arbeitsräumen betreffen, der Stand der Arbeiter- wohnungsfrage; die Wirkung des Gesetzes über die Arbeiterwohnungen ; die Thätigkeit der comitös du patro- nage, die Entwickelung und Wirksamkeit der Gesell- schaften für Arbeiterwohnungsbau; die Lage und Ent- wickelung der Arbeitgebervereine, der Arbeitervereine, und der Vereine, in welchen Arbeitgeber und Arbeiter zusammenwirken; die Lage und Entwickelung der Ge- nossenschaften und die Wirkung des dieselben betreffenden Gesetzes; die Lage, Entwickelung und die verschiedenen Arten der Versicherung gegen Krankheit, Unfall, In- validität, Alters-, Witwen- und Waisenversicherung; der Stand und die Entwickelung des Sparkassenwesens in den einzelnen Landesteilen und unter den einzelnen Arbeiterkategorien; der Stand und die Entwickelung der Kooperativgenossenschaften und die Wirkung des dieselben betreffenden Gesetzes, die Ausdehnung und Fortbildung des Fach- und Fortbildungsunterrichts und des Haushaltungsunterrichts; der Stand des Lehrlings- wesens in den einzelnen Industrien und Handelszweigen; die Wirkung der Massnahmen gegen die Armut; die Wirkung der von einzelnen Behörden mit Bezug auf die Arbeitsbedingungen getroffenen Massnahmen (Lohnmini- — 46 — mum, Arbeitsdauer, Prämien, Einigungsämter, Gewinn- beteiligung, Unfallversicherung u. s. w.), der Stand der Industrie, die Produktionsverhältnisse, die Lage der Arbeiter, die Kosten des Lebensunterhalts, Auswanderung, Kolonisation, Streiks, kriegerische Ereignisse in fernen Ländern. Was die übrigen Sektionen des Arbeitsamtes betrifft, so hat die zweite die von der Regierung dem Parlament vorzulegenden Sozialgesetzentwürfe auszuarbeiten, aus der Initiative der Kammern hervorgegangene Gesetzentwürfe zu begutachten und endlich die zum Gesetz erhobenen zu interpretieren und durch die nötigen Ausführungsbestimmungen zu ergänzen. Durch die Zustellung der nötigen Unterlagen wird sie dabei unterstützt von der I. Sektion, während sie selbst die einschlägige Gesetzgebung des Auslands zu studieren hat. Neben ihr hat eine rein administrative Thätigkeit auszuüben die in. Sektion, die mit der Durchführung der Gesetze und Verordnungen be- traut ist. Nächst der ersten ist die bei weitem wichtigste die IV. Sektion, die seit der schon erwähnten Begründung eines besonderen Arbeits- ministeriums eine bedeutende Ausdehnung erfahren und eine eigene Organisation erhalten hat. — Ihre Aufgabe besteht in der Inspektion der Arbeit, wie in der Beaufsichtigung der ge- fährlichen, ungesunden und lästigen Betriebe. Dieselbe hat durch eine kgl. Verordnung vom 2L September 1894 wie durch ein Ministerialrundschreiben vom 10. Januar 1896 noch insofern eine Erweiterung erfahren, als die Arbeitsinspektoren durch erstere auch mit der Überwachung der sanitären Zustände und der Fortschritte in der Anwendung von Unfallschutzapparaten in den Betrieben betraut, durch letzteres auch auf die Wichtigkeit des Studiums der wirtschaftlichen und moralischen Verhältnisse, so- wie der Entwickelung der Industrieen hingewiesen wurden. Ist durch diese beiden Verordnungen nun auch weder den Arbeitsinspektoren noch der IV. Sektion die Aufliahme irgend- welcher Statistik zur Pflicht gemacht, so ist doch aus der That- sache, dass von der Centralstelle verschiedene Enqueten — so im Jahre 1895 eine solche über die hygienischen Verhältnisse in verschiedenen gesundheitsschädlichen Industrieen — vor- genommen worden sind, zu ersehen, dass auch die IV. Sektion gelegentlich in der Lage ist, Beiträge zu einer Arbeiterstatistik zu liefern. Dasselbe darf endlich wohl auch von der V. Sektion des Arbeitsamtes angenommen werden, die sich mit den Wohl- fahrtseinrichtungen, den Hilfsvereinen auf Gegenseitigkeit, den sogenannten Arbeiterhäusem und ähnlichen Dingen zu be- schäftigen hat. Zur Erfüllung aller dieser Aufgaben verfügt das Office du travail — abgesehen von dem mit der Gesamtleitung betrauten I. Sektion = 1 n. w = 1 111. » => IV. M 1 — 47 — Generaldirektor — über ein Beamtenpersonal, das sich auf die einzelnen Sektionen, wie folgt, verteilt: Chef, 5 Beamte. - 3 „ „ 1 Oberinspektor, 4 Oentralinspektoren, 4 Bureauchefs, 4 Schreiber. V. „ =»1 Chef, 4 Beamte. Unter den statistischen Leistungen des belgischen Arbeits- amtes, und also im besonderen seiner I. Sektion, kommen als periodisch wiederkehrende in Betracht: 1) Eine Statistik der Streiks und Aussperrungen, 2) die, bereits erwähnte, monatlich ei*scheinende Revue du travail (80—100 Seiten stark). Diese Zeitschrift, die nach dem Muster des französischen Bulletin de l'Offlce du travail angelegt ist, und sowohl in einer französischen wie in einer vlämischen Ausgabe erscheint, zerfällt ihrem Inhalt nach in zwei verschiedene Teile, von denen der, fast die Hälfte jeder Nununer beanspruchende erste die regel- mässigen Berichte von Ortskorrespondenten bringt. Das Amt unterhält deren — gegen eine nur sehr massige Bezahlung — 16—18 und bezieht von ihnen Mitteilungen über: „die Lage des Arbeitsmarktes in ihren Bezirken, den Thätigkeitsgrad der In- dustrie, das Verhältnis der Arbeitslosen in einer jeden, wichtige Änderungen im Lohn oder in der Arbeitszeit, die Entwicklung der Genossenschaften, der Gregenseitigkeitsvereine, der Fach- vereine, die Fälle schiedsrichterlicher Einigung sowie die Ein- richtungen zur Verallgemeinerung gütlicher Beilegung von Streitig- keiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitern, die von Lokal- behörden ergriffenen Massnahmen zur Regelung der sanitären Zustände und zur Herbeiführung der Unfallsicherheit in den Be- trieben, sowie andere im Interesse der Arbeiter getroffene An- ordnungen, die Entwicklung des Baus von Arbeiterwohnungen imd endlich die Auswanderung der Arbeiter." In einem zweiten Teil bringt die Revue allmonatlich Artikel über: „die Statistik der Ausstände im letzten Monat, die Ent- wicklung der Gegenseitigkeits- und der Fachvereine, eine Chronik der für die Arbeitsverhältnisse in Belgien und im Ausland wichtigen Ereignisse, Artikel über die gesetzgeberische Thätigkeit des belgischen und der ausländischen Parlamente, sowie eingehende Mitteilungen über die Fachvereine." In Verbindung mit dieser Revue du travail erscheint dann noch regelmässig ein Bulletin de l'Inspection du travail, während endlich in einem Anhang die jeweils erlassenen Arbeitergesetze und Verordnungen mitgeteilt werden. Ausser diesen regelmässigen Publikationen sind von der I. Sektion des Amtes bisher ausgegangen: — 48 — 1) Eine Enquete über Sonntagsarbeit im Jahre 1895. 2) Eine Untersuchung über die Nachtarbeit der Arbeiterinnen und Eander im Ausland (Frankreich, Schweiz, England, Österreich, Deutsches Eeich^). 3) Eine Enquete über die von Arbeitgebern getroffenen Wohlfahrtseinrichtungen der verschiedensten Art. 4) Eine Untersuchung über die Hausindustrie in Belgien. Von diesen Arbeiten ist die umfangreichste diejenige über Sonntagsarbeit, welche 5 Bände umfasst. Von ihnen enthält der I. (erschienen 1896) die von den Arbeitsinspektoren nachgeprüften Antworten auf 81 Fragen be- treffend die Sonntagsarbeit in 1459 industriellen Etablissements (unter Ausschluss der Bergwerke, Gruben und Steinbrüche). Als Ergänzung der in diesem Bande veröffentlichten Statistik behandelt der, gleichfalls 1896 erschienene, IL Band die ein- schlägigen Verhältnisse dieser 1459 Betriebe in Form von Mono- graphien. Ein- im selben Jahre herausgegebener Band V enthält vier Berichte von Fachleuten (2 üniversitätsprofessoren und 2 Mini- sterialbeamten), welche die Frage der Sonntagsruhe in Deutsch- land, Österreich, England und der Schweiz an Ort und Stelle studiert haben. — Und während ein 1898 erschienener IV. Band die Eesultate veröffentlicht, die bei einer Befragung der Industrie- und Arbeitsausschüsse wie der gewerblichen und kaufmännischen Vereinigungen über die Sonntagsbeschäftigung von Gehilfen und sonstigem Personal in grossen Ladengeschäften erzielt worden sind 2), sind in dem gleichfalls 1898 erschienenen Band HI end- lich die vom corps de mines untersuchten Verhältnisse in den Bergwerken, Gruben und Steinbrüchen behandelt. Über die Ergebnisse der Untersuchung, betr. die belgische Hausindustrie (les industries ä Domicile en Belgique), ist 1889 ein I. umfangreicher Band erschienen, welcher unter Beifügung einer Anzahl Illustrationen und Karten über die Waffenfabrikation von Lifege, die Brüsseler Männerkleidungs- Industrie und das Messerschmiedehandwerk von Gembloux berichtet.*) — Ein 1900 herausgegebener n. Band orientiert über die Verhältnisse der flandrischen Leinenweberei, die Strohflechterei des Geerthals und die vlämische Schuh- und Stiefelindustrie.*) — Jede dieser für sich behandelten Industrien ist Gegenstand der Ermittelungen eines zu diesem Zweck vom Arbeitsamt ernannten besonderen Untersuchers gewesen. Neben diesen regelmässigen wie gelegentlichen Untersuchungen beschäftigte die I. Sektion des Amtes vor allem die Publikation der im Jahre 1896 in Belgien veranstalteten Gewerbezahlung, ') Labour Gazette, May 1898. *) Labour Gazette, January 1899. ') Labour Gazette, Dezember 1899. *) Labour Gazette, August 1900. — 49 — voa welcher man sich wichtige Aufschlüsse auch über die Lage der Arbeiter versprach (so besonders solche über Alter und Löhne [thatsächliche] der Arbeiter der verschiedenen Industrie- zweige wie über Tag- und Nachtarbeit). Für die bisherigen Leistungen des Amts (im Sinne von selbst- ständigen Publikationen) kommen nächst der I. dann noch die n. und IV. Sektion in Betracht. So war die 11. Sektion diejenige, von welcher überhaupt die erste Arbeit des Amts (1895) ausging, nämlich ein Band, be- treffend die Alters- und Livalidenversicherung in Deutschland. Er enthält eine Übersetzung des deutschen Gesetzes vom 22. Juni 1889, die Begründung des Entwurfs, einen Auszug aus den Reichstagsverhandlungen, die Grundzüge der finanziellen Organi- sation und die Statistik der ersten Eesultate des Gesetzes. Eine zweite, 1896 erschienene Arbeit der Sektion bot eine Zusammenstellung der Texte der wichtigsten Arbeitergesetze. — Dieselbe hat eine Fortsetzung erhalten in dem Annuaire de la lögislation du travail, von dem 1897 der I. Band erschienen ist. Danach soll sich dieses Jahrbuch darauf beschränken, die auf die Arbeit im eigentlichen Sinne bezüglichen Gesetze, Verord- nungen etc. Belgiens wie des Auslands in französischem Texte wiederzugeben und also enthalten ^) : Gesetze, betreffend die Organi- sation der Arbeit, d. h. alle diejenigen, welche berühren: die Freiheit der Arbeit, das Koalitions- und Streikrecht, das Recht der Vereinigung der Unternehmer und Arbeiter, die Gesamt- beziehungen zwischen Kapital und Arbeit, Einigungsämter und Schiedsgerichte; die Gesetze, betreffend den Arbeitsvertrag und Lehrvertrag, die Löhne, die Regelung der Arbeit, die Mass- nahmen zu gunsten der Sicherheit und Gesundheit der Arbeiter, die Arbeitsinspektion; die Gesetze, betreffend die Arbeitsunfälle und Arbeiterversicherung etc. — Dabei soll den wichtigsten Ge- setzen und Erlassen dieser Art eine Übersicht über die darauf bezüglichen parlamentarischen Verhandlungen wie über etwa vorausgegangene amtliche Untersuchungen beigegeben werden. Eine dritte Arbeit der Sektion endlich enthält den I. Teil des Vorentwurfs eines Gesetzes über den Arbeitsvertrag, der später Gegenstand eingehender Beratungen des obersten Arbeits- rates war. Im übrigen kommen die Resultate der Thätigkeit dieser n. Sektion wohl auch in Form von Berichten in der Revue du travail zur Veröffentlichung. Von Publikationen der IV. Sektion ist ein im Jahre 1895 in zwei Bänden erschienener Generalbericht über die Thätigkeit der ihr unterstellten Arbeitsinspektoren zu nennen, welche nach ganz bestimmten, in dem schon erwähnten Ministerial-Rund- schreiben vom 10. Januar 1896 bekannt gegebenen Grundsätzen ^) Vorrede des Ministers, a. a. 0. Dreydorff, Ein deatsches Beichsarbeitsamt. — 50 — jährlich Bericht zn erstatten haben und damit jedenfalls auch mancherlei wertvolle Aufschlüsse über die Lage der Arbeiter zu liefern berufen sini Näher auf alle diese Arbeiten des Ofiäce du travail sowie auf die jeweils zur Anwendung gekommenen Untersuehungs- methoden einzugehen, ist uns leider nicht möglich, da uns — bis auf jenen I. Band des Annuaire de la l^gislation du travail — keine der betreffenden Publikationen selbst vorgelegen hat Dessen ungeachtet wird man auf Grund eines Vergleichs der bisherigen Leistungen mit dem in Aussicht genommenen detaillierten Arbeitsprogramm des Amtes zu der Behauptung be- rechtigt sein, dass bis heute erst ein ganz verschwindend geringer Teil dieses Progranmis verwirklicht worden ist. In anbetracht der kurzen Zeit des Bestehens des Amtes wie der umfangreichen und schwierigen Aufgabe, welche der I. Sektion desselben mit der Bearbeitung der Ergebnisse der Gewerbezählung zugefallen war, soll damit aber keineswegs irgend welcher Tadel ausgesprochen sein. Anders wie mit der Frage nach dem Werte der bisherigen Leistungen des Office du travail steht es nun aber mit der Frage nach dem Werte seiner Organisation. In Übereinstimmung mit Yarlez u. a. ^) wird man da zunächst ganz im allgemeinen jene seltsame Vereinigung der verschiedensten Funktionen (statistischer, legislativer, administrativer Art) inner- halb desselben Organs, besser noch: in der Hand einer Person — zunächst in der Hand des Generaldirektors des Amtes, in letzter Linie des Ministers — für nicht unbedenklich halten müssen. Für jede der drei Funktionen in gleicher Weise verantwort- lich, wird der eine wie der andere bemüht sein, "Widersprüche innerhalb seines Ressorts möglichst zu vermeiden. — Ein solcher Widerspruch würde aber z. B. vorliegen, sobald durch die er- mittelnde Thätigkeit der I. Sektion Missstände aufgedeckt würden, welche auf falsche oder ungenügende Massnahmen der H. Sektion zurückzufuhren sind. — Um einer solchen Eventualität von Selbst- beschuldigung bezw. -berichtigung zu entgehen, bliebe dann nichts anderes übrig, als zu gunsten der einen Sektion die Funktion einer anderen zu beschneiden, was in unserem Falle eine tenden- ziöse Beeinflussimg bezw. Beschränkung gerade der widitigsten Funktion des Amtes, nämlich der statistischen Thätigkeit des- selben bedeuten würde. — Dass eine solche Massnahme der Idee eines Arbeitsamtes direkt zuwiderlaufen würde, braucht wohl nicht des weiteren ausgeführt zu werden. Aber auch was die Organisation des belgischen Arbeitsamtes im einzelnen betrifft, so wird auch diese noch keineswegs als genügend oder gar vollkommen angesehen werden können. 1) Varlez a. a. 0. S. 971. Schoenberg a. a. 0. S. 977. — 51 — Die an allen wichtigeren Bevölkerungseentren vorhandenen Orts-, Industrie- und Arbeitsräte *) wie auch der oberste Arbeits- rat ^) leisten dem Amt zwar nicht selten wertvolle Beihilfe, aber doch im wesentlichen nur, soweit es sich um Fragen gesetz- geberischer Natur handelt. — Dagegen fehlt es dem Amt an dem nötigen Personal für seine EnquSten wie überhaupt für alle arbeitsstatistischen Untersuchungen, die nur ausserhalb der Cen- trale vorgenommen werden können. Die 16 — 18 Ortskorrespondenten, die infolge ihrer geringen Besoldung ihre Berichterstatterthätigkeit nur als Nebenbeschäf- tigung ansehen können, sind dazu nicht qualifiziert. ^) — Ist man aber somit genötigt, etwa die Arbeitsinspektoren dafür heranzu- ziehen, so bedeutet dies eine Beeinträchtigung anderer wichtiger Funktionen des Arbeitsamtes. Nach alledem wird man sagen müssen, dass auch das belgische Ofüce du travail noch einer weiteren Ausgestaltung bedürfen wird, wenn anders Aussicht vorhanden sein soll, dass das in seinem Detail gewiss sehr anerkennenswerte Programm des Amtes zu einem guten Teil nicht bloss auf dem Papier stehen bleiben soll. § 5. Die Schweiz. Nicht wie in den bisher erwähnten Ländern, das heisst, weder durch einen Akt der staatlichen Gesetzgebung noch auf administrativem Wege fand die Frage der Arbeiterstatistik ihi'e Lösung in der Schweiz. Das hier im Jahre 1887 für die Zwecke der Arbeiter- statistik gegründete „Schweizerische Arbeiter-Sekretariat" näm- lich ist lediglich eine Schöpfung und ein Organ der Arbeiter, dessen Selbständigkeit nur insofern eine Einschränkung erleidet, als die ihm vom Staate gewährte finanzielle Unterstützung an die Erfüllung gewisser Bedingungen geknüpft ist. Wie in anderen Ländern sind auch in der Schweiz die auf die Begründung einer speziellen Arbeiterstatistik gerichteten Wünsche älter als das schliesslich mit ihrer Pflege betraute Organ. Es sind dies gemischte FachTereine, welche die Aufgabe haben, Streitig- keiten zwischen Arbeitern und Arbeitgebern auf gütlichem Wege beizulegen und der Regierung die gewünschten Auskünfte zu geben. *) Derselbe ist eine beratende Behörde, deren Mitglieder in fi^leicher Zahl aus den Reihen der Arbeiter, der Arbeitgeber und der Fachgelehrten ent- nommen sind. ') Wenn man — wie Yarlez mitteilt — anf&ngUch versucht hatte, Lokal- agenturen des Arbeitsamtes bei den ProTinzialregierungen zu organisieren, damit aber schlechte Erfahrungen gemacht hat, so ist das natürlich sehr begreiflich, wenn man hört, dass die be^. Beamten anderen, selbständigen Behörden unter- stellt waren. — Dagegen hätte es wohl nahegelegen, nun zunächst erst einmal einen Versuch mit der Einrichtung selbständiger Lokalagenturen zu machen; ein Versuch, der freilich bedeutend grössere finanzieUe Opfer erfordert, dafür aber vieUeicht auch zu besseren Reraltaten geführt hätte, als sie unter den heutigen Umständen zu erlangen sind. 4* — 52 — So verlangte das Programm des im Jahre 1873 gegründeten (alten) Schweizerischen Arbeiterbundes an zehnter Stelle „Stati- stische Erhebungen über die allgemeine Lage der Arbeiter mit besonderer Berücksichtigung des Verhältnisses der üblichen Arbeits- löhne zum Preise der Lebensbedürfnisse." Und eine ähnliche Forderung: Statistik über die Lage der arbeitenden EJassen, enthielt das 1877 in Bern aufgestellte „Programm einer sozialdemokratischen Partei in der Schweiz", das sowohl vom Bund wie vom Grütliverein, dem ältesten und noch heute bedeutendsten schweizerischen Arbeiterverband — von diesem allerdings unter Vorbehalt — angenommen wurde. Wie wir iri Rücksicht auf die spätere Beurteilung der Leistungen des „Schweizerischen Arbeiter- Sekretariats" jedoch hervorheben wollen, bestand zwischen diesen beiden Forderungen insofern ein nicht unwesentlicher Unterschied, als das sozialistische Progranun vom Jahre 1877 von einer „staatlichen" Arbeiter- statistik sprach, der Schweizerische Arbeiterbund dagegen für die von ihm geplanten statistischen Erhebungen die Mitwirkung des Staates ausdrücklich ablehnte und dieses Ziel lediglich durch die Gründung allgemeiner Gewerkschaften erreichen wollte. Indessen hier wie dort blieb die Forderung einer Arbeiter- statistik auf dem Papiere stehen; ein ernstlicher Versuch, sie in dieser oder jener Form durchzusetzen, wurde nicht gemacht. Erst im Jahre 1886, als man gesehen hatte, wie Handel und Industrie im Handels- und Industrieverein, das Kleingewerbe im Gewerbeverein, eine wirksame Vertretung ihrer Interessen gefunden und durch eine jährliche Subvention von seilen des Bundes unterstützt wurden, erinnerte man sich wieder der alten Forderung, und war es vor allem das Centralkomitee des Grütli- Vereins — an seiner Spitze der verdiente Advokat Scherrer- St. Gallen, — die sich der, für die Sache der Arbeiter so wich- tigen Forderung annahmen. Unter Hinweis auf die genannten Interessenverbände richtete das Centralkomitee am 28. August 1886 an das eidgenössische Handels- und Landwirtschafts-Departement das Ersuchen, einem noch zu gründenden Arbeiter-Sekretariat, das dem rein nationalen Verband des Grütli-Vereins unterstehen und lediglich dem Studium und der Förderung der wirtschaftlichen Interessen der Arbeiter dienen sollte, gleich{ialls eine finanzielle Bundes-Unterstützung angedeihen zu lassen. Das Centralkomitee erhielt darauf zunächst vom Departe- ment eine, seinem Projekt prinzipiell zustimmende, günstige Ant- wort, erfuhr aber zugleich unter der Hand, dass man ein solches Institut lieber auf einer breiteren Grundlage errichtet sehen würde, — ein Wunsch, dem von selten des Grütli-Vereins auch ohne weiteres Rechnung getragen wurde. Wie das Departe- ment, erklärten sich sodann auch Nationalrat wie Ständerat mit der Errichtung eines Arbeiter -Sekretariats grundsätzlich einver- — 53 — standen; letzterer freilich mit der Einschränkung, dass das Sekretariat weder dem Grfitli -Verein, noch überhaupt irgend einer Arbeiterorganisation zu überlassen sei, sondern, da es „frei und unabhängig'^ organisirt werden sollte, mit der Organisation des Departements, etwa mit dem Sekretariat des Grewerbewesens, verbunden werden möchte. Allein diesem, vom Handels- und Landwirtschafts -Departement energisch bekämpften Verlangen, die Arbeiter ungleich den Vertretern anderer wirtschaftlicher Interessen zu behandeln, wurde keine Folge gegeben. Viehnehr beschloss der Bundesrat, dem daran lag, dass das Sekretariat in unmittelbarer Fühlung mit den Arbeitern stehe und deren volles Vertrauen geniesse: dem geplanten Sekretariat, an dessen Wahl sich das Departement in keiner Weise zu beteiligen habe, sei eine Subvention zu gewähren, vorausgesetzt nur 1) dass ein Komitee gebildet werde, in welchem alle schweizerischen Arbeiter-Verbände im Verhältnis ihrer Mitgliederzahl vertreten sind; 2) dass der Arbeitersekretär von diesem Komitee ernannt werde und von demselben die Arbeitsaufträge und näheren Weisungen erhalte; 3) dass jährlich ein Voranschlag der mutmasslichen Ein- nahmen und Ausgaben des Arbeiter-Sekretariats und je- weilig im Anfange eines jeden Jahres die Rechnung über das abgelaufene Jahr mit Belegen dem Departe- ment eingesendet werde; 4) dass dem Handels -Departement anheimgestellt sei, sich an den Sitzungen des Komitees durch einen Delegierten mit beratender Stimme vertreten zu lassen. Eine weitere Voraussetzung: dass nämlich Organisation und Leitung des Arbeitersekretariats ausschliesslich in den Händen der rein schweizerischen Verbände ruhe, war, wohl weil nach dem ersten Gesuche des Grütlivereins selbstverständlich, nicht noch einmal besonders erwähnt worden. Dass der Bundesrat, vielleicht weil er eine ungünstige Be- einflussung des Sekretariats durch deutsch- sozialdemokratische Elemente befürchtete, aber gerade darauf besonderes Gewicht legte, geht aus einem, dem Centralkomitee unter dem 22. Februar 1887 zugegangenen Schreiben hervor, dass die Unterstützung durch den Bund von der Erfüllung vor allem auch dieser Be- dingung abhängig sei. Wenn der Bundesrat nun schliesslich auch auf der strikten Erfüllung dieser Forderung nicht bestand — das Centralkomitee hatte in seiner Antwort auf jenes Schreiben darauf hingewiesen, dass bei der Durchsetzung der meisten Vereine und Verbände mit Fremden eine umfassende Interessenvertretung aller organi- sierten Arbeiter überhaupt nicht möglich sein werde, und dass — 54 — die Unterstützung des Handels- und Industrievereins an eine solche Bedingung nicht geknüpft sei — der Bundesrat verlangte in einem weiteren Schreiben vom 11. März 1887 wenigstens: 1) dass die Vereine, welche die Delegierten zu wählen haben, wenigstens in ihrer Mehrheit aus Schweizern zu- sammengesetzt seien, 2) dass bei der Wahl des Bundesvorstandes und beim Yor- schlage für den Arbeitersekretär in der Delegierten- versammlung nur Schweizer mitwirkten, 3) das die Mitglieder des Bundesvorstandes sowie der Arbeitersekretär Schweizer Bürger seien. Durfte man nach diesen vorbereitenden Schritten auch der Unterstützung seitens der Begierung sicher sein, so galt es nun- mehr über die geplante Institution cUe Entscheidung der Arbeiter- schaft herbeizc^fuhren. Es geschah dies auf einem, vom Grütü- verein für den 10. April (Ostersonntag) 1887 nach Aarau ein- berufenen Arbeitertag, auf welchem „22 Centralverbände und 120 grössere oder kleinere Lokalvereine, Gewerkschaften, Kranken- kassen u. s. w. aus allen Kantonen mit einer Mitgliederzahl von über 100 000 Personen durch 157 stimmberechtigte und 37 Delegierten mit beratender Stimme vertreten waren. Das Ergebnis der Beratungen, die auf Grund eines vom Centralkomitee des Grütlivereins in enger Anlehnung an die bundesrätlichen Bestimmungen ausgearbeiteten Progranunentwurfs gepflogen wurden, war die Errichtung eines Arbeitersekretariats, das in erster Linie eine Interessenvertretung der gesamten Arbeiterschaft darstellen sollte. Als deren Organe, fir deren jedes noch besondere Reglements erlassen wurden, kommen in Betracht: 1) Die — in der Begel — aller 3 Jahre tagende Dele- giertenversammlung (der heutige „Schweizerische Arbeiter- tag" i). 2) Der von ersterer (ersterem) auf 3 Jahre gewählte Bundesvorstand. 3) Der vom Bundesvorstand aus setner Mitte gewählte leitende Ausschuss, der den Arbeiterbund nach aussen vertritt, die Yerwaltungsgeschäfte führt und for die von ihm zu eröfhende Delegiertenversammlung die Trak- tanden feststeUt. 4) Der vom Bundesvorstand (jetzt vom Arbeitertag) auf 3 Jahre gewählte Arbeitersekretär, dessen Stellung und Aufgabe im allgemeinen durch § 6 des Statuts geregelt sind. ^) Nach den aaf dem Oltener Arbeitertage (Ostern 1890) Torgenommenen, jedoch nnr unwesentUchen Programmändemngen. — 55 — Danach ist der Sekretär hinsichtlich der Geschäftsföhrong der unmittelbaren Aufsicht des leitenden Ausschusses unterstellt, hinsichtlich seines Programms abhängig von der Genehmigung des Bundesvorstands. Im übrigen liegt für uns keine Veranlassung vor, näher auf den Inhalt des Statuts wie die seiner Annahme vorausgegangene Diskussion einzugehen; nur ein fär die Beurteilung der späteren Leistungen des Sekretariats nicht unwichtiger Punkt möge daraus hervorgehoben werden. Er betrifft das, von uns im Anfang mitgeteilte Reglement des Arbeitersekretärs, für welches gleichfalls ein, vom Central- komitee des GrntUverems ausgearbeiteter Entwurf der Diskussion zu Grunde gelegen hatte. Während es nun in dessen § 2 nur gehiessen: „Insbesondere beschäftigt er (nämlich der Arbeitersekretär) sich mit Erhebungen aUer Art über schweizerische Arbeiter- und Lohnverhältnisse . ." glaubte man den Arbeitersekretär dadurch zu sehr eingeengt und setzte, um auszudrücken, dass der Thätigkeit des Sekretärs über den Rahmen statistischer Erhebungen oder rein wirtschaft- licher Aufgaben hinaus ein möglichst weiter Spielraum zu lassen sei, an Stelle jenes Passus den folgenden: „Iiisbesondere be- schäftigt er sich mit Erhebungen über schweizerische Arbeiter- verhältnisse und mit sozialen Studien . . .'^ Welche Gesichtspunkte im übrigen für die Thätigkeit des Sekretärs massgebend sein sollten, ist zu entnehmen einmal dem Programm, welches der zum Arbeitersekretär gewählte ehemalige Kantonsstatistiker Greulich in der I. Sitzung des Bundesvor- stands entwickelte, zum andern aus den daran anknüpfenden Erörterungen des Bundesvorstands selbst. Was zunächst das Greulichsche Programm betrifft, das wenigstens nach seiner prinzipiellen Seite hin keinerlei Wider- sprüche erfuhr, so ist daraus das Folgende hervorzuheben. Auch Greulich betonte, was allerdings schon aus dem § 2 des Reglements fär den Arbeitersekretär hervorging, dass dessen Aufgabe nicht durch die Vornahme statistischer Erhebungen erschöpft werde, dass das Sekretariat vielmehr auch die Inter- essen der Arbeiterschaft •— und zwar auf dem ganzen Gebiet der Volkswirtschaft — zu wahren und zu fördern habe; dass es ein Organ sein müsse, durch welches die Arbeiterverhältnisse in jeder Richtung untersucht, und die Wünsche und Begehren der Arbeiter, soweit sie wirtschaftlicher Natur sind und sich auf die Gesetzgebung beziehen, gesammelt und je in die Form gebracht werden sollten, die eine Realisierung ermöglicht.^) Nicht minder bemerkenswert, wenn auch — wie wir später sehen werden — sehr irrig, war die Ansicht, die Greulich über ') Vgl. darüber wie Über das folgende : Scherrer, Akten S. 37 ff. — 56 -- die Ausführung der vom Sekretariat aDzustellenden wirtschaft- lichen Erhebungen und Enqueten äusserte. — Zu derartigen Untersuchungen nämlich, meinte er, würde das Arbeitersekretariat weitaus geeigneter sein, als amtliche Organe- — Die von ihm ausgehenden Erhebungen würden schneller und sachkundiger vor sich gehen, als dies bei Anwendung des bureaukratischen Appa- rates möglich sei. — Sei es doch die Arbeiterschaft selbst, welche unmittelbar die Erhebungen vollziehe, und werde bei Bearbeitung der Resultate das Interesse der Arbeiter der leitende Gesichts- punkt sein. Freilich habe der Bearbeiter die Thatsachen mit aller Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit so darzustellen, wie sie überhaupt sind; aber es sei doch nicht dasselbe, ob die Resultate nur nackt hingestellt würden, wie dies bei der amtlichen Statistik geschehe, oder aber zweckbewusste Schlüsse gezogen würden, wie dies die Aufgabe des Arbeitersekretariats sein werde. — Der Statistiker aber, der sein Mateiial genau kenne und es selbst bearbeitet habe, müsse doch als der kompetenteste Mann zu Schlussfolgerungen betrachtet werden u. s. w. ^) Schliessen wir diesen Mitteilungen über die Entstehungs- geschichte wie über die programmatische Seite des schweizerischen Arbeitersekretariats gleich die für seine weitere Entwickelung wichtigen, rein-äusserlichen Thatsachen an, so ist darüber das Folgende zu sagen. Was zunächst die Besetzung des Sekretariats betrifft, so zeigte sich bald, dass die ihm gestellten Aufgaben vom Sekretär allein nicht zu bewältigen waren, und so wurden ihm denn zu- nächst 2 Gehilfen beigegeben. Diesen folgten sodann im Jahre 1891 ein Adjunkt für die wälsche Schweiz mit seinem ständigen Sitz in Biel, im Jahre 1896 ein romanischer Adjunkt mit seinem Sitz in Lausanne.^) Über Wahl und Stellung dieser Hilfspersonen, für welche durch ein Reglement des Bundesvorstands vom 7. April 1896 nähere Bestimmung getroffen wurde, sei hier nur mitgeteilt, dass die jeweils anzustellenden Schweizer Bürger seien, die Arbeiter- bewegung aus praktischer Beteiligung oder wissenschaftlicher Thätigkeit kennen müssen, -dass ihre Wahl auf unverbindlichen ^) Nur amnerkongsweise möge darauf hingewiesen werden, dass Rob. Seidel, der als zweiter Kandidat für den Posten eines Arbeitersekret&rs in Frage gekommen war, über die Ausführung derartiger Untersuchungen durch- aus anders dachte. Von der Grundanschauung ausgehend, dass das Arbeiter- sekretariat keineswegs ein statistisches Amt werden soUe, sondern vor aUem ein Organ für die Wahrung und Förderung der wirtschaftlichen Interessen der Arbeiter sein müsse, meinte er, soweit statistische Erhebungen in Betracht kämen, soUe ein Zusammenwirken des Arbeitersekretariates und des eidgenöss. statistischen Amtes stattfinden in der Weise, dass jenes bei der FragesteUung und Verarbeitung der Resultate mithelfe, dieses aber das Rohmaterial zu be- schaffen und die mechanische Arbeit der ZahlenzusammensteUung zu leisten habe. ') Das Personal des Amtes besteht somit heute aus einem Sekretär und Tier Adjunkten. — 57 — Vorschlag des Arbeitersekretärs auf 3 Jahre vom letzten ordent- lichen Arbeitertage ab erfolgt, und dass also auch för solche, die in der Zwischenzeit gewählt werden, die Amtsdauer mit dem nächsten ordentlichen Arbeitertage abläuft. Jene Personalvermehrung des Arbeitersekretariats wäre natürlich nicht möglich gewesen, ohne gleichzeitige Erhöhung der Bundessubvention. — Diese erfolgte denn auch, indem Bundesrat und Bundesversammlung die anJ^nglich geleistete Jahresunter- stützung von 5000 frs. ab 1888 auf 10 000, ab 1891 auf 20 000, ab 1896 auf 25000 frs. erhöhten. — Dass diese ü-höhungen nun auch immer den jeweiligen Bedürfnissen bezw. Ansprüchen des Sekretariats genügt hätten, soll damit freilich nicht behauptet werden, erfakren wir doch gleich aus dem I. Jahresbericht des leitenden Ausschusses (1. A.) S. 3/4, dass die Summe von 5000 frs. „bei grosser Sparsamkeit und Sorgfalt vollständig aufgezehrt wurde" und dass es nur „energischen Anstrengungen" gelang, für 1888 statt der wieder geplanten 5000 frs. von der Bundes- versammlung eine Erhöhung dieser Summe auf 10 000 frs. zu erwirken. Und in seinem zweiten Jahresbericht S. 3 erklärt der 1. A., dass auch die neuen 10 000 frs. aufgebraucht seien, und dass „nur bei sparsamstem Haushalt die Fortexistenz des In- stituts und die Durchführung der Aufgaben desselben möglich sei." Während der Bundesrat aber in seiner Botschaft vom 6. November 1890 selbst eine Erhöhung der Subvention als ein Bedürfnis des Sekretariats anerkannt hatte, ^) wollte er im Jahre 1895, als man ihn um eine, schon längst nötig gewordene weitere Erhöhung der Unterstützung von 20 000 auf 30 000 frs. angegangen, nur 5000 frs. mehr auf das Budget nehmen.^) — Und als endlich im Jahre 1898 der 1. A. abermals um eine Erhöhung der Subvention von 25 000 auf 30 000 frs. gebeten hatte, damit ein Adjunkt für die italienische Schweiz angestellt werden könne, erklärte der Bundesrat in seiner Botschaft, betr. das Budget für das Jahr 1899, dass er sich nicht entschliessen könne, das Gesuch zu befürworten.^) Welches sind nun die Leistungen des Arbeitersekretariats bis Ende 1898*) — das heisst innerhalb eines IIV2 jährigen Zeitraums gewesen? Wir wollen diese Frage zu beantworten suchen, indem wir zunächst, in Form einer Tabelle, die bisher geplanten wie die zur Ausftihrung gelangten, grösseren Programmarbeiten zu einer Übersicht zusammenstellen. ^) V. Jahresbericht, S. 111. ") Jahresbericht für 1898, S. 4. ») Jahresbericht des L A. für 1898, S. 8. *) Die Jahresberichte für 1899 und 1900 waren im Frühjahr 1901 noch nicht erschienen. — 58 — 1887 1888 1889 1890 1881 1891 Bine Allg. Lohn- StatUtlk. Wird lokal be- •ehrftnkt. Eine Kmnken- kMMnateUstlk. Bnde Febr. in dentaeher, Anf. April in fhuuöe. Aaag.enehienen. Brhebimgen b. d. KrankealuMMn in Dentoehland (nicht ans- g«fahrt). Bnqndte betr. d. Entwurf einet Sohweix. Ge- werbegeeetxee (aofgeg.). BnqoAte betr. d. Yerhlltniste der Schneiderinnen n. e. w. Wird teilen ge- iMsen. Stadium der dentaehen Ans- etellnng f. Un* fnllTer8ich.(maM nnterbleiben). Bnqndte Aber d. Stellungnahme der ArlMiter snr Oeaetigebung betr. d.Kranken- n. UnfallTereleh. der BinwirkuBff der Kriee anf die Arbelter- ▼erblltnlne. Bericht ttbw d. Motion Oontoaee (Im FrfllOahr; «lUgl) — 59 — 1898 1894 1895 1898 1887 1898 Brgebni«: einige Tabellen ala Manoskript ge* dmekt. •^ - Die BrgebnlMe ia dem Jahres- bericht f. 1898 publisiert (»a- gebUeh). Bin TeU des Materials verarb. u. pnbl. in der Zeitschrift fBr Sehweis. Stet. 1894. 11. Bine daranf be- sflgl. Arbeit als Anhangd.Jahree- berichte f. 1895 (angeblich). Xrachelnt im ▲acut 1888. Stodie Aber die obligater. Be- roAgenossen- Schäften. Noch gana im Stadiom der Vorbereitang. Lohnbewegong und Streiks seit 1880. Dasselbe fttr 1895 (soll regel- mftssig pnbli- siert werden). Bleibt ans. Bleibt ans. Bleibt ans. Bericht Aber Arbeitslosen- nnterstfltenng vnd Arbeits- nachweis. « «Am Fertig- werden. Kann Tielleicht noch Tor April 1899 erscheinen.* — 60 — Zu den in vorstehender Tabelle genannten Untersuchungen kam in den verschiedenen Jahren freilich noch eine ganze An- zahl kleinerer wie grösserer Arbeiten. So — als das Ergebnis einer Reise Greulichs zur Pariser Weltausstellung — eine im Jahre 1890 erschienene „Darstellung der ArbeiterschutzeiDrich- tungen des Gemeinderats von Paris"; 1897 eine vom romanischen Adjunkten angefertigte französische Übersetzung einer Broschüre über die Haftpflichtgesetzgebung nebst einigen Erläuterungen über den Dienstvertrag nach Obligationenrecht, sowie eine im Auftrag des 1. A. und auf Grund der Beschlüsse des National- rats ausgearbeitete Eingabe an die ständerätliche Kommission zur Vorberatung der Kranken- und Unfallversicherung^); 1892 eine auf Wunsch der Krankenunterstützungsvereine der Sticker unternommene, viel Zeit und Mühe verursachende Darstellung des Wachsens und Wirkens dieser Vereine von 1870—1889. — Endlich ist zu erwähnen ein dem XII. Jahresbericht angehängter Bericht über die Anwendung des eidgenössischen Fabrikgesetzes, in welchem der Arbeitersekretär, gestützt auf die Ergebnisse der eidgenössischen Fabrikstatistik von 1888 und 1895, nachzu- weisen sucht, dass die in einer Eingabe des Schweizerischen Gewerbe Vereins an den Bundesrat vertretene Ansicht: der Bundes- rat habe mit seinem Beschluss vom 3. Juni 1891 (betr. die An- wendung des eidgenössischen Fabrikgesetzes) in die Verhältnisse des Kleingewerbes eingegriffen, ungerechtfertigt sei. Allein auch damit sind die Leistungen des Sekretariats während jener 11^2 Jahre seines Bestehens noch keineswegs erschöpft. Denn mindestens ebenso sehr wie durch die oben- genannten kleineren und grösseren Arbeiten waren Zeit und Kraft des Sekretärs wie seiner Adjunkten durch die Interessen- vertretung der Arbeiterschaft in Anspruch genommen: durch Interventionen bei Streitigkeiten zwischen Arbeitern und Unter- nehmern, durch Teilnahme an allerhand Kongressen und Kom- missionen, durch eine eifrige propagandistische Thätigkeit zum Zwecke der Arbeiterorganisation, durch die Erstattung von Gut- achten für Behörden, endlich durch mündliche wie schriftliche Auskunfterteilung an die Arbeiter. — Namentlich diese letzt- genannte Thätigkeit nahm in manchen Jahren einen solchen Um- fang an, dass ein ruhiges, konzentriertes Arbeiten für den Selo-etär einfach zur Unmöglichkeit wurde, und dies, obwohl der Bundesvorstand (B.-V.) in seiner Sitzung vom 10. Februar 1889 beschlossen hatte, den Sekretär möglichst von allen Neben- arbeiten, schriftlichen Konsultationen u. dergl. zu entlasten und die einschlägigen Korrespondenzen und mündlichen Anfragen dem 1. A. zu übermitteln. Sei es nun, dass dieser Beschluss bald wieder in Vergessenheit geriet oder dass er, weil es den Mit- gliedern des 1. A. an der nötigen Zeit mangelte, überhaupt nicht *) Abgedruckt im XI. Jahresbericht (für 1897), S. 81—100. — 61 — durchführbar war, jedenfalls kehren die Klagen über die grosse Zahl schriftlicher wie mündlicher Auskunftsgesuche sehr bald wieder. So lesen wir im Bericht des 1. A. für das Jahr 1892 Seite 9, 10: „Das Arbeiter-Sekretariat wird von Auskunftsuchen- den förmlich überlaufen; der Arbeitersekretär erklärte selbst, dass es ihm wegen der vielen Störungen im Bureau fast unmög- lich sei, eine Arbeit, die angestrengteste Aufmerksamkeit be- ansprucht, zu machen"; und in seinem Bericht über das Jahr 1893 sagt Greulich (S. 9) selbst: „Im Berichtsjahre wurde der Arbeitersekretär aufgefordert, seine Studie über eine Lohn- statistik fertig zu stellen; er sagte das zu, wenn ihm ein Monat ungestörtes Arbeiten zu diesem Zwecke möglich sei. Leider ist das im Berichtsjahr noch weniger als vorher möglich gewesen." Wie Greulich danach freilich noch erklären konnte — so in der Sitzung des B.-V. vom 7. April 1896, als es sich um eine von den Metallarbeitern gewünschte Erhebung über Kleidungs- und Lebensmittelverhältnisse unter der arbeitenden Klasse han- delte — „das Arbeiter-Sekretariat sei jederzeit bereit, Grewerk- schaft^n, die irgend welche Erhebungen machen wollen, bei ihrer Anhandnahme beizustehen, ihnen die Erhebungsformulare zu ent- werfen und dann auch die Ergebnisse zu bearbeiten"^), ist nicht recht verständlich, wohl aber, dass unter solchen Umständen die grösseren programmatischen Erhebungen endlos verzögert wurden. Und dabei standen die Resultate dieser Untersuchungen meist in keinem rechten Verhältnis zur Länge der auf sie verwandten Zeit. Es gilt dies allerdings nicht von der ebenso fleissigen als „instruktiven" Darstellung der körperlichen Verletzungen und Tötungen von Mitgliedern schweizerischer Kranken- und Hilfs- kassen in den Jala*en 1886, 1887 und 1888 (herausgegeben im Jahre 1891), und wohl auch kaum von dem „Bericht von der Enquete über die Stellungnahme der Arbeiterschaft zur Bundes- gesetzgebung, betr. Kranken- und Unfallversicherung" *), — einer Arbeit, die zwar keineswegs als Muster einer enqußteartigen Untersuchung angesehen werden kann^), aber doch ihren Zweck: eine Meinungsäusserung der Arbeiter über den fraglichen Gegen- stand herbeizuführen, erfüllt haben dürfte. Wie aber steht es mit den sonst noch zur Ausführung ge- kommenen oder aber nur in Aussicht genommenen Arbeiten? Was die „Vornahme statistischer Erhebungen über Arbeits- löhne" betrifft, die bereits auf dem ersten Jahresprogramm ge- standen und als Vorarbeit für die gesetzliche Regelung der £[ranken- und Unfallversicherung gedacht war, so war von ihr *) IX. Jahresbericht, S. 130. ^) Gedruckt als Anhang zum YII. Jahresbericht. •) So wurden die für die Enquete vorbereiteten Fragfehefte an 1700 Ver- eine versandt^ aber nur von 767 — und auch von diesen nicht durehweg zu- reichend — beantwortet. — 62 — zunächst abgesehen worden, wohl weil man die zweite Programm- arbeit, betr. die Unfallstatistik, für dringlicher hielt und sich von einem Nebeneinander zweier solcher Erhebungen keine günstigen Resultate versprach. Als sich diann aber im Jahre 1888 eine, vom Industrie -Departement eingesetzte Kommission von Fach- männern mit dem, von Greulich ausgearbeiteten lohnstatistischen Plane beschäftigte, stellte sich heraus, dass derselbe viel zu um- fangreich angelegt war. Man hatte deshalb beschlossen, zuerst nur einmal einen lokal begrenzten Versuch zu machen und sich dabei auf die Stadt Winterthur und Umgebung zu beschränken. An Unterstützung von seiten der Eegierung wie der betreffenden Gremeinde fehlte es nicht Erstere hatte für die Einsendung der Fragebogen Portofreiheit bewilligt, letztere durch ihre Gemeinde- beamten die Frageformulare austragen lassen. Dessen ungeachtet war das Resultat der Erhebung kein günstiges. Eine zur selben Zeit stattfindende Eevidierung der Steuerregister hatte die Arbeiter misstrauisch gemacht, und so war deren Beteiligung an der Auftiahme eine so schwache, dass man froh sein musste, durch eine Anzahl, von Untemehmerseite .freiwillig zur Ver- fügung gestellter Lohnbücher, einiges weitere Material zu er- halten. Am wenigsten schien von den gemachten Erfahrungen der Arbeitersekretär selbst befriedigt. Hatte er aber noch im Frühjahr 1890 geglaubt, den AbscUuss einer auf der Erhebung fussenden lohnstatistischen „Studie" noch für dasselbe Jahr in . Aussicht stellen zu können ^) , so finden wir ihn allmählich immer weniger geneigt, auch nur diese zu veröffentlichen, bis wir end- lich aus dem Bericht über das Jahr 1894 erfahren, dass infolge der Klagen, die über die „vernachlässigte" Aufgabe eines Ver- suches einer Lohnstatistik laut geworden, wenigstens die auf Grund des gewonnenen Materials angefertigten Zusammenzugs- tabellen als „Manuskript" gedruckt worden seien. Dies also das ganze Ergebnis der ursprünglich so gross an- gelegten Untersuchung, in die nach Greulich auch die Land- arbeiter, die Dienstboten, ja selbst die Arbeiter der Hausindustrie hatten einbezogen werden sollen.^) Eine dritte Erhebung über die Verhältnisse der deutschen Krankenkassen seit Einfuhrung der Unfallversicherung (insbe- sondere über die Folgen der Karrenzzeit), die gleichfalls auf dem Programm des ersten Jahres gestanden, musste aufgegeben werden, weil ein an das eidgenössische Departement gerichtetes Gesuch, dem Arbeitersekretär entsprechenden Auftrag zu einer Studienreise nach Deutschland zu geben, abschlägig beschieden worden war.^) Ebensowenig, wenn auch aus anderen Gründen, gelangten zwei, für das Jahr 1888 geplante Enqueten, nämlich eine, betr. ^) Bericht über die Sitzung des B.-Y. rom 8. April 1890. ') Bericht über die Sitzung des B.-Y. rom 5. Februar 1888. *) I. Jahresbericht. V ^11 — 63 — } VerhÄltnisse der Schneiderinnen, WeissnÄherinnen und anderer :beiterinnen; eine andere, betr. den Entwurf eines Schweize- ;chen Gewerbegesetzes, zur Ausführung. Ein for 1889 ins Qge gefasster Besuch der Berliner Ausstellung fär Unfall- ^rhätung musste wieder unterbleiben, da er beim Tndustrie- V- ^repartement keine Unterstützung fand. \ x^ Blieb es aber also in einer ganzen Anzahl Fälle beim V-^ossen guten Willen des Sekretariats, so Hess in anderen Fällen \jie Durchführung der einmal geplanten Arbeiten überaus lange ITuf sich warten. So vergingen ganze IV2 Jahre bis die Eegie- Vmg ein im Frühjahr 1892 vom 1. A. erbetenes Gutachten über ine Motion Comtesse und Eingaben der Maidemonstrationen irhielt. Schuld an dieser Verzögerung war allerdings nicht das ' \ Sekretariat, sondern ein Wechsel in den Personen des leitenden lll'l2U9/y^ Ausschusses. Allein bei der Aktualität des Gegenstandes, um y ien es sich handelte, wird man jene Thatsache kaum als aus- I reichenden Entschuldigungsgrund gelten lassen können; zum -J mindesten aber mit Berghoff-Ising darin einen Beweis dafür er- blicken dürfen, dass die Organisation des Arbeiterbundes als der verantwortlichen und leitenden Stelle des Arbeiter-Sekretariats nicht genügend funktionierte.^) Wie dieses Gutachten über die Motion Comtesse*) liess aber auch ein vom Industrie -Departement gewünschter Bericht über X Arbeitslosenunterstützung und Arbeitsnachweis überaus lange auf sich warten. So erfahren wir, nachdem das Sekretariat bereits Ende 1894 um einen solchen angegangen worden war, 1897: der betreffende Bericht sei wegen Mangel an Zeit, wegen der Schwierigkeit des Gegenstandes wie aus anderen Gründen noch nicht zum Abschlnss gelangt.^) Im Jahresbericht für 1897 heisst es dann (S. 10): es seien wichtige neue Materialien ge- wonnen, sodass die Erstattung des Berichts mit nächstem be- gonnen (!) werden könne; und im Jahresbericht für 1898 endlich wird gesagt (S. 4): der Bericht sei am Fertigwerden und könne vielleicht noch vor dem Arbeitertag — dem Luzemer vom 3. April 1899 nämlich — erscheinen. ' Aber auch .um Arbeiten, die mehr oder weniger der Initiative des Arbeitersekretärs selbst entsprungen waren, stand e!^ kaum besser, so besonders nicht um eine Untersuchung über die Ein- wirkung der Krise auf die Arbeitsverhältnisse. Auch diese Arbeit, die durch die kritische Lage der Uhr- macher- und Sticker-Industrie veranlasst und dem Sekretär auf dessen eigenen Antrag bereits in der Sitzung des Bundesvorstands vom 21. Februar 1892 übertragen worden war, wollte nicht vom Flecke rücken. So lesen wir im VII. Jahresbericht (für 1893) S. 1, dass sich ein Bericht über den fraglichen Gegenstand noch ^) Berghoff-Ising, die sozialistische Arbeiterbewegang i. d. Schweiz, S. 313. ') Abgedruckt im VI. Jahresbericht. ^ Jahresbericht für 1896, S. 15. — 64 — nicht erstatten lasse; dass höchstens Einzelbilder geboten werden könnten, die jedoch ein allgemeines Urteil nicht ermöglichen würden. Es solle deshalb vorerst noch weiteres Material ge- sammelt werden, wobei die nächstbeteiligten Vereine dem Arbeiter- Sekretariat freilich etwas energischer an die Hand gehen müssten, als dies bisher leider der Fall gewesen sei. Allein in dieser Beziehung war es auch im folgenden Jahre übel bestellt. Immerhin wurde wenigstens ein Teil des ge- wonnenen Materials verarbeitet und unter dem Titel: Die Arbeits- losigkeit in Zürich in den Wintern 1892/93 und 1893/94 in der Zeitschrift für Schweizerische Statistik (II. Quartalheft 1894) auch veröffentlicht. Freilich erfahren wir dafür auch bereits aus dem IX. Jahresbericht, dass solange nicht die Organisation der Arbeiter eine viel vollständigere sei oder soziale Beobachtungs- stationen in den verschiedenen Landesteüen bestanden, auf die Gewinnung weiteren Materials verzichtet werden müsse. Und dabei blieb es denn auch. Wieder eine grössere Arbeit, die einer Anregung des Bundes- vorstands ihre Entstehung verdankte, erschien als Anhang des Vm. Jahresberichts (für 1894) S. 61—206 unter dem Titel: Lohnbewegungen und Streiks in der Schweiz seit dem Jahre 1860. Diese Arbeit, die nur eine Materialsammlung zu einer Geschichte der Arbeiterbewegung in der Schweiz sein sollte, berichtet in Form kurzer Schilderungen über die Lohnbewegungen, Streiks ete. der letzten 24 Jahre, soweit sich diese unter Benutzung von Arbeiterblättem, Denkschriften, brieflichen Erkundigungen ver- folgen Hessen. Eine gleiche, das heisst — bis auf eine winzige Tabelle — rein deskriptive Behandlung erfuhren später die Lohnbewegungen und Streiks des Jahres 1895 (abgedruckt als Anhang des IX. Jahresberichts ftir 1895), sodass es kaum nötig erscheint, auf die Bearbeitung des auch in diesem Falle nicht durchweg vollständigen und wiederum aus den verschiedensten Quellen ge- schöpfton Materials des näheren einzugehen. Vielmehr glauben wir uns mit dem Hinweis begnügen zu dürfen, dass sich auch diese Arbeit mit den einschlägigen französischen, österreichischen oder gar englischen Arbeiten nicht im entferntesten messen kann, dass wir es bei ihr vielmehr nur erst mit den schwachen An- fängen einer Streikstatistik zu thun haben. Immerhin ist es er- freulich, dass dieselbe fortgesetzt werden soU bezw. fortgesetzt worden ist. Freilich stehen die betreffenden Publikationen noch aus. So mussten die für das Jahr 1896 unterbleiben, weil das Geld ftLr die Drucklegung mangelte^); diejenige für das Jahr 1897, weil dem betreffenden Bericht eine Abhandlung über das Verfahren bei Forderungen beigegeben werden sollte, Beorgani- sationsbestrebungen des Grcwerkschaftsbundes, die darauf Ein- ^) XI. Jahresbericht. 1 — 65 — floss haben konnten, aber nicht mehr znm Abschloss gekommen waren. ^) Endlich noch ein Wort über eine, vom Bundesvorstand be- reits für das Jahr 1894 in Aussicht genommene Programmarbeit: eine Studie über die obligatorischen Syndikate.^} Wir erfahren darüber ans dem YIII. Jahresbericht (S. 19), dass ein bedeuten- des Material gesammelt sei, dass sich aber noch weitere Studien — unter anderem eine kleine Enqugte — nötig machen; immer- bin könne die Arbeit für das Jahr 1895 in sichere Aussicht ge- stellt werden. Statt dessen hören wir im IX. Jahresbericht (S. 16), dass die bewusste Enquete nicht habe ausgeführt werden können — der dazu benötigte romanische Acyunkt war nach längerer Krankheit gestorben und aus Mangel an Mitteln ein Ersatz für ihn nicht zu beschaffen gewesen — und werden auf das Jahr 1896 vertröstet. Aber auch das Jahr 1896 verläuft resultatlos; desgleichen das folgende. Der Bericht des Sekretärs für das Jahr 1898 schweigt sich über den Gegenstand völlig aus, und aus dem Bericht über die Sitzung des B.-Y. vom 5. März 1899 endlich erfahren wir, dass GreuUch immer mehr Zweifel an der Arbeit aufgestiegen seien, und dass sich der be- reits für das Jahr 1895 in sichere Aussicht gestellte Bericht noch ganz im Stadium der Vorbereitung befinde. Im Anschluss an diese Bemerkungen über die bisherigen „arbeitsstatistischen" Untersuchungen wie die darüber erschienenen Publikationen des Arbeiter-Sekretariats sei endlich noch eines zwar äusserlichen, aber doch nicht unwichtigen Moments Er- wähnung gethan, der Thatsache nämlich, dass die Enquete- Publikationen des Arbeiter-Sekretariats fast immer nur als An- hang der Jahresberichte erschienen sind, und dass, obwohl der Bundesvorstand in seiner Sitzung vom 14. März 1897 ausdrück- lich deren besondere Ausgabe bescUossen hat, an dieser, einem grösseren Bekanntwerden der Untersuchungsergebnisse sehr hinder- lichen Publikationsweise festgehalten worden ist.^) Wiederholen wir nach dem Gesagten unsere Fragen nach den bisherigen Leistungen des Schweizerischen Arbeiter -Sekre- tariats, so werden wir jedenfalls behaupten dürfen, dass dieselben, vom Standpunkte der Arbeiterstatistik aus betrachtet, nicht be- friedigen können. Weiter werden wir danach aber auch sagen dürfen, dass daran nicht nur die bereits erwähnte Belastung des Arbeitersekretärs mit anderen Aufgaben schuld ist, sondern dass dazu noch eine ganze Anzahl anderer Faktoren beitragen. ^) Ob die Veröffentlichung der Berichte für diese beiden Jahre, wie auch desjenigen für 1898 nunmehr erfolgt ist, wissen wir nicht, da die Jahresberichte des Sekretariates für 1899 und 1900 noch nicht erschienen sind. — YgL XII. Jahresbericht, S. 4. •) Bericht über die Sitzung des B.-V. vom 11. März 1894. ') YgL auch die Bemerkimgen Längs in der Sitzung des B.-Y. Tom 5. März 1899. Dreydorff, Ein deateches Beiohflarbeitsamt. 5 — 66 — Von ihnen haben wir den immer wieder fühlbar werdenden Greldmangel bereits erwähnt.^) Allein wichtiger als dieser scheinen nns doch zwei andere Momente zu sein: das ist Binmal« dass sich das Sekretariat häufig an Aufgaben herangewagt hat, ohne sich vorher über deren Schwierigkeit wie die zu ihrer Lösung einzuschlagenden Wege genügend klar gewesen zu sein, zum anderen, dass sich speziell Greulich über die Leistungs- fähigkeit seiner Erhebungsorgane vollkommen getäuscht hatte. Was die erste Behauptung betrifft, so dürfte dieselbe durch die mit der lohnstatistischen Aufnahme, der Krisen-Untersuchung, der Studie über die obligatorischen Syndikate gemachten Er- fahrungen wohl zur Genüge bewiesen sein. Hinsichtlich der zweiten Behauptung aber sei es uns gestattet, unsere Auffassung noch mit einer Beihe von Zeugnissen zu belegen, die um so un- verdächtiger sein dürften, als sie von Greulich selbst herrühren. Hören wir also, wie Greulich, der in seiner, von grossem Opti- mismus erfüllten Programmrede die Meinung vertreten hatte: die Arbeiter seien für die Dui*chfährung wirtschaftlicher Erhebungen und Enqugten in ganz besonderem Masse geeignet, nachträglich über dieselben Arbeiter zu urteilen gezwungen war. So sagte er, als er in der Sitzung des B.-V. vom 26. Febr. 1893 auf die Notstandsuntersuchung (betr. die Küse in der Stickerindustrie) zu sprechen gekommen war und darüber ge- klagt hatte, dass von den 1000 zur Versendung gelangten ZUil- karten kaum ein Viertel ausgefüllt zurückgekommen sei: „es ist eben schwierig, von unorganisierten Massen richtige Antworten in solchen Fragen zu erhalten.^ Und auf S. 25 des VH. Jahresberichts, wo davon die Bede ist, dass der romanische Adjunkt einen bedeutenden Teü seiner Zeit der Organisation der Uhrenarbeiter widmen musste, lesen wir: „wo keine oder nur schwache, unzusammenhängende Arbeiter- verbindungen bestehen, da mangelt es auch dem Arbeitersekretär an den Organen, die man bei Erhebungen oder Enqueten an- fragen kann und von denen man auf eine ordentliche Antwort rechnen darf." Und auf S. 8 des Vlil. Jahresberichts, wo wieder von den geringen Fortschritten der Krisen -Untersuchung die Bede ist, heisst es: „wo die Kiise einen schleichenden Charakter an- nimmt, . . . erlahmte die Lust, Erhebungen zu machen. Es be- mächtigt sich der Betroffenen eine gewisse Gleichgültigkeit und Hoffiiungslosigkeit, sodass die Organisationen über dem schweren Kampfe um ihre Existenz die l^ergie einbüssen, die zu einer umfassenden Erhebung nötig ist.^ Als man in der Sitzung des B.-V. vom 7. April 1896 aber auf die Ausführung der Beschlüsse des Winterthurer Arbeitertagea (vom 5. April 1896) zu sprechen kam, äusserte ) Vgl. auch Stieda (a. a. 0. S. 207—210), dessen Urteil über die ganze Enquete wie im besonderen über das ungenügende Ziffemmaterial und seine mangelhafte Darstellung auch durch die seiner Zeit vom Präsidenten des Reichskanzleramts veraiilasste Berichtigung nicht wesentlich abgeschwächt wird. ') Dr.-S. des deutschen Eeichsti^, 7. Leg., 1. Sess. 1887, No. 83. Dieydorff, Ein deatachea Beidisarbeitsamt 7 — 98 — auch über die Dauer der üblichen täglichen Arbeitszeit und — mit Unterscheidung von Tage- und Akkordlohn — über die Lohnverhältnisse Erkundigungen einzog. Freilich hatte man sich hinsichtlich dieser beiden Fragen mit der Feststellung blosser Maximal-, Minimal- und Durchschnittsziffem begnügt. Erkundi- gungen über die allgemeine wirtschaftliche und soziale Lage der im Wäsche- und Konfektionsgeschäft beschäftigten Arbeiterinnen waren im allgemeinen nicht verlangt worden, und ist auch das, was einzelne Eegierungen darüber berichtet haben, ziemlich dürftig. Da die Erhebungsorgane in den einzelnen Bundesstaaten verschiedene waren, über das von ihnen angewandte Ermitte- lungsverfahren aber so gut wie nichts mitgeteilt wurde, so lässt sich über den Wert der gewonnenen Ergebnisse kaum mehr sagen, als sich aus der oben erwähnten Thatsache, dass wir es mit blossen Maximal-, Minimal- und Durchschnittsziffem zu thun haben, für jeden Statistiker von selbst ergiebt. Wir wollen zu dem Gresagten deshalb nur noch die Bemerkung hinzu- fügen, dass es sich also auch bei dieser Untersuchung nur um einen Ausschnitt aus den, für eine bestimmte Arbeiterkategorie wichtigen Lebensbedingungen, nicht aber um die Erforschung von deren Gtesamtlage handelt. Dasselbe gilt von der an letzter Stelle genannten Erhebung über die Beschäftigung gewerblicher Arbeiter an Sonn- und Feiertagen, wenn schon der Kreis der in Frage stehenden Arbeiter hier ein erheblich grösserer war. Zweck dieser, vom Eeichskanzler mittelst Eundschreiben vom 5. Juli 1885 angeregten Erhebung war, zu ermitteln, in welchem Umfange die Beschäftigung an Sonn- und Festtagen thatsächlich vorkommt, welche Gründe für dieselbe vorliegen, endlich ob und in wieweit ein Verbot der Sonntagsarbeit ohne Schädigung be- rechtigter Interessen möglich sei. Freilich wurde dieser Zweck nicht nur unter ziemlichen Schwierigkeiten, sondern auch nur zum Teil erreicht. Wohl weil man bezüglich des Ermittelungs- verfahrens nur einigen Wünschen Ausdruck gegeben hatte, war die Erhebung in den einzelnen Bezirken eine verschiedene ge- wesen, war die äussere Anordnung des gewonnenen Materials nicht in übereinstimmender, vielfach in wenig übersichtlicher Weise erfolgt, waren die gestellten Fragen mitunter miss verstanden, vielfach nicht ausreichend beantwortet worden, sodass die, dem Beichsamt des Inneren daraus erwachsende Arbeit eine sehr be- trächtliche war. Aber auch trotz zahlreicher Ergänzungen des eingesandten Materials war eine statistische Verwertung desselben nur in be- schränktem Masse möglich gewesen. Weil nicht alle Behörden imstande waren, mit den ihnen zu Grebote stehenden Arbeits- kräften eine systematische, umfassende ZäMung innerhalb der gestellten Frist vorzunehmen, hatte sich — abgesehen von den preussischen Eegierungsbezirken — vor allem die Zahl der an — 99 — Sonn- und Festtagen thätigen bezw. nicht thätigen Betriebe und Personen nicht ermitteln lassen. War somit aber eigentlich die wichtigste Frage nicht oder doch nur sehr unyollständig beantwortet, so wird man jedenfalls auch dieser, vom Eeiche ausgegangenen arbeitsstatistischen Unter- suchung kein besonderes Lob auszustellen vermögen. Wenn auch nicht von Organen des Reiches durchgeführt, so doch vom Eeiche angeregt ist endlich eine im Jahre 1898 von den einzelnen Bundesstaaten veranstaltete Erhebung über Die gewerbliche Kinderarbeit ausserhalb der Fabriken*). Wie es in einem, zu diesem Zweck an die Bundesregierungen erlassenen Eundschreiben des Eeichskanzlers vom 9. Dezember 1897 heisst, hatten die Ermittelungen, wie sie über den frag- lichen Gegenstand bereits in einzelnen Orten angestellt worden waren, erkennen lassen, dass der Beschäftigung von Kindern im Grewerbebetriebe im Interesse der heranwachsenden Jugend ernste Auftnerksamkeit zugewendet und erwogen werden müsse, inwie- weit unter Berücl^ichtigung aller einschlagenden Interessen, insbesondere auch unter Schonung der elterlichen Befugnisse, den hervorgetretenen Missständen abgeholfen und weiteren Unzu- träglichkeiten vorgebeugt werden könne. Die Überzeugung von der Notwendigkeit diesbezüglicher Schritte, auf die auch die Presse der verschiedenen Parteien hingewiesen hatte, war noch verstärkt worden durch die grosse Zahl gewerblich thätiger Kinder, welche die Berufezählung vom 14. Juni 1895 nach- gewiesen hatte. Während nach den Berichten der Gewerbe- Aufsichtsbeamten für 1896 die Zs^ der in Fabriken beschäftigten Kinder nämlich nur 5312 betragen hatte, waren durch die Berufs- zählung gewerblich thätige Kräder ermittelt worden: in der Industrie 38267, im Handel 5296, für Lohnarbeit wechselnder Art 1812, im Ganzen 45375. Berücksichtigt man dabei den Umstand, dass die Berufszählung vom 14. Juni 1895 die erwerbs- thätigen Personen nach dem Alter nur soweit ermittelt hatte, als sie hauptberuflich thätig waren, femer, dass die Bestimmungen des § 120i. der Gewerbeordnung, von denen man ja mancherorts Gebranch gemacht hatte, zu einem Einschreiten gegen die miss- bräuchliche Beschäftigung der Kinder nur äusserst geringe Hand- haben bot, so musste der Umfang der gewerblichen Kinderarbeit, die keinerlei einschränkenden Bestimmungen unterworfen war, als ein ausserordentlich grosser angesehen werden. War man aber also nicht einmal über diesen genau orientiert, so herrschte ^) Yierteljahrshefte zur Statistik des Deutschen Reiches, IX. Jahrgang, 1900, in. 7* — 100 — noeh weniger Kiarlieit darüber, in welchen Gewerbezweigen be- sondere ]VBssstande vorhanden, noch auch welcher Art diese Missstände seien. Um das zur Beurteilung der fraglichen Verhältnisse nötige Material zu gewinnen, ersuchte nun der Reichskanzler in jenem Eundschreiben vom 9. Dezember 1897 die Bundesregierungen, entsprechende Erhebungen anzustellen. Dabei wurden fiJs Gegen- stände der Ermittelungen — von denen die landwirtschaftliche Thätigkeit (incl. Garten-, Obst- und Weinbau) und der Gesinde- dienst ausdrücklich ausgenommen waren — genannt: das Alter der beschäftigten Kinder, die Art ihrer Beschäftigung, die Dauer und Lage der Arbeitszeit, die Beschaffenheit der Arbeitsräume, die rechtliche Natur des Arbeitsverhältnisses, die bei Beschrän- kung der Kinderarbeit zu berücksichtigende Lohnhöhe. Im besonderen ersuchte der Reichskanzler um Nachweise über: 1) Die Gesamtzahl der ausserhalb der Fabriken gewerblich thätigen Kinder unter 14 Jahren. 2) Die Gewerbszweige, in welchen und die Art der gewerb- lichen Arbeit, mit welcher die Kinder beschäftigt werden. 8) Die Zahl (annähernd) der Kinder, welche beschäftigt werden: a) in den eiozelnen Gewerbszweigen; b) innerhalb der einzelnen Gewerbszweige mit den nach Ziffer 2 ermittelten Arten gewerblicher Arbeit. Die daraufhin in der Zeit von Januar bis April 1898 von den Bundesstaaten angestellten Erhebungen hielten sich teils in weiteren, teils in engeren Grenzen als sie durch das Rundschreiben gezogen waren. Soweit das Letztere der Fall war — und nur dies ist für uns hier von Interesse — wurde der vom Reichs- kanzler angestrebte Zweck insofern nicht vollkommen erreicht, als Württemberg, statt über seine sämtlichen 64 Oberamtsbezirke, nur über deren 24 berichtete, Sachsen-Koburg-Gotha aber von seinen 306 Gemeinden nur 63 Hausindustrieorte zum Gegenstand der Untersuchung machte. Allein auch in materieller Hinsicht hielt man sich nicht allseitig an die gegebenen Direktiven. So hatte Sachsen-Koburg-Gotha nur die in der Hausindustrie be- schäftigten Kinder ermittelt, Preussen und Sachsen wieder die iimerhalb der Fabriken beschäftigten Kinder mitgezählt. Nach alledem musste das Bild, das man auf Grund der einzelstaatlichen Untersuchungen vom Stande der gewerblichen Kinderarbeit zu erhalten wünschte, natürlich der Vollständigkeit ermangeln. — Doch damit nicht genug, war auch die Bearbeitung der Ergebnisse durch das K. Stat. Amt mit mancherlei Schwierig- keiten verknüpft. — Da in dem Rundschreiben des Reichskanzlers über die Gruppierung der einzelnen Beschäftigungsarten u. s. w. keinerlei Anweisung gegeben war, hatten nämlich die einen sich an die Klassifikation der Berufs- und Gewerbezählung gehalten^ — 101 — andere die yerschiedenen Gtewerbszweige und die Spezialbeschäf- tigangen innerhalb derselben in alphabetischer Reihenfolge an- geführt, wieder andere besondere Verzeichnisse entworfen. Ver- schiedene Staaten endUch hatten auf eine übersichtliche Dar- stellung überhaupt verzichtet. Es ist begreiflich, dass unter diesen Umständen eine völlig einheitliche Behandlung des fraglichen Gegenstandes nur zum Teil möglich war, die Arbeit als Ganzes aber für das K. Stat. Amt eine ebenso schwierige als zeitraubende war. Auf die Ergebnisse der einzelstaatlichen Erhebungen selbst näher einzugehen, liegt für uns keine Veranlassung vor, vielmehr genügt es uns, nur gezeigt zu haben, dass diese vom Reiche in- augurierte arbeitsstatistische Untersuchung, obwohl sie über Um- fang und Art der gewerblichen Kinderarbeit mancherlei wert- volle Aufschlüsse gegeben hat, doch eine mangelhafte war; mangelhaft sowohl in der ganzen, ihr vom Reichskanzler ge- gebenen Anlage als auch in der Ausführung durch die ein- zelnen Bundesstaaten. — Im übrigen sei nur bemerkt, dass frei- lich auch bei einer gründlicheren Vorbereitung von Seiten des Reiches ein völliges Gelingen der Untersuchung nicht hätte verbürgt werden können, da von einer Verpflichtung der einzelnen Bundes- staaten, den Intentionen des Reichskanzlers in allem strikte nachzukommen, selbstverständlich nicht die Rede sein konnte. § 2. Die Thätigkeit der Konimissioii für Arbeiterstatistik.i) Von erheblich höherem Wert als die bisher erwähnten Er- hebungen sind nun diejenigen, welche von der im Jahre 1892 begründeten Konmiission für Arbeiterstatistik ausgegangen sind. Von ihnen kommt der Zeit nach als erste die Erhebung, be- treffend Die Arbeitszeit in Bäckereien und Konditoreien in Betracht. Nachdem der sozialdemokratische Abgeordnete Bebel bereits im Jahre 1889 in einer besonderen Broschüre auf die Missstände im Bäckereigewerbe und speziell auf die dort herrschende lange Arbeitszeit hingewiesen hatte, war die Kommission unter dem 3. Juni 1893 vom Reichskanzler ersucht worden, Ermittelungen der gedachten Art anzustellen und sich auf Grund des gewonnenen Materials gutachtlich darüber zu äussern, ob die Verhältnisse in den genannten Gewerben die Anwendung des § 120 e, Abs. 3 ^) Dass dieselbe nur auf Anordnung des Bundesrates oder des Reichs- kanzlers in Funktion tritt, wie dass ihr Erhebungsgebiet ein be&renztes ist, dürfen wir nach den mancherlei Publikationen, die bereits über Organisation und Aufgabe der Kommission erschienen sind, wohl als bekannt voraussetzen. — 102 — der Gewerbeordnung notwendig und durchführbar erscheinen Hessen. Die Konmiission löste die ihr gestellte Aufgabe, indem sie zunächst an etwa 10 ^/o aller im Eeiche bestehenden Bäckereien und Konditoreien Fragebogen zur schriftlichen Be- antwoii^nng sandte und dabei sowohl Gross- und Mittelstädte als kleinere Orte berücksichtigte. — Nachdem die hierauf ein- gelaufenen Antworten, die zur Hälfte von Arbeitgebern, zur Hälfte von Arbeitnehmern zu erstatten waren, eine Bearbeitung durch das K. Stat. Amt erfahren hatten, liess man behufs Auf- klärung verschiedener, zweifelhaft gebliebener Punkte einen Teil der befragten Personen (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) dui^ch die Landesbehörden protokollarisch vernehmen, und holte von verschiedenen Vereinigungen von Bäckern und Bäckergehülfen Gutachten über die Regelung der Arbeitszeit der Gehifien und Lehrlinge ein. — Gleichzeitig wurden von einer Anzahl Kj-anken- kassen zifFermässige Angaben über die Krankheits- und Sterblich- keitsverhältnisse bei den Bäckern erbeten. Das erhaltene Material wurde wiederum statistisch be- arbeitet, zum Teü vom K. Stat. Amt, zum Teil vom Eeichs- gesundheitsamt, das sich gutachtlich über den Kinfluss der Be- schäftigung der Bäckergesellen und Lehrlinge auf deren Gesund- heit äusserte. Den Abschluss der Erhebungen aber bildete eine, unter Zuziehung von Sachverständigen veranstaltete mündliche Vernehmung von zusammen 39 Arbeitgebern und Arbeitnehmern vor der Kommission (vom 14. — 17. Februar 1894) sowie ein eingehend begründeter Entwurf von Bestimmungen über die Beschäftigung von Bäcker- und Konditorgehülfen und Lehrlingen. Eine zweite, der Kommission in jenem Schreiben vom 3. Juni 1892 gestellte Aufgabe bildete eine Erhebung über Die Arbeitszeit, Kündigungsfristen und die Lehrlings- verhältnisse im Handelsgewerbe. Sie war veranlasst durch zahlreiche Küagen aus den Kreisen der Handlungsgehülfen, die sich namentlich über die übliche lange Arbeitszeit, die mangelhafte Ausbildung des Personals, die sogenannte Lehrlingszüchterei und die zunehmende Verkürzung der Kündigungsfristen beschwerten. — Die Kommission sollte nun feststellen, inwieweit diese Klagen begründet seien, und axd Grund ihrer Ermittelungen sich wiederum gutachtlich über eine gesetzliche Kegelung der fraglichen Verhältnisse äussern. Das Ermittelungsverfahren war im wesentlichen dasselbe wie bei der ersten Untersuchung, und mag nur noch hervor- gehoben werden, dass auch diesmal das K. Gesundheitsamt um ein Gutachten darüber ersucht wurde, ob unter den obwaltenden Umständen eine Gesundheitsschädigung der Handlnngsgehülfen anzunehmen sei. Noch ehe die Kommission eine, ihr in jenem Schreiben vom r — 103 — 3. Juni 1892 gestellte diitte Aufgabe: Erhebungen über Arbeits- verhältnisse im Müllereigewerbe zur Durchfuhrung bringen konnte, erhielt sie vom Beichskanzler unter dem 17. Juni 1892 den Auf- trag, ungesäumt eine Erhebung über Die Verhältnisse in der Kleider- und Wäschekonfektion einzuleiten. Veranlassung dazu hatte jedenfalls in letzter Linie der im Frühjahr 1896 ausgebrochene grosse Konfektionsarbeiter- streik gegeben, der nicht nur in der gesamten Arbeiterschaft, sondern auch über deren Kreise hinaus eine lebhafte Erörterung der fraglichen Verhältnisse wachgerufen hatte. — Auch im Eeichs- tag waren dieselben zur Sprache gekommen, sofern in der Sitzung vom 12. Februar 1896 einige Mitglieder der national-liberalen Fraktion in Form einer Interpellation anfragten, „welche gesetz- geberischen Massnahmen die verbündeten Eegierungen zum Schutze für Gesundheit und Sittlichkeit und gegen Ausbeutung der Arbeite- rinnen der Wäschefabrikation und der Konfektionsbranche durch das Trucksystem zu ergreifen beabsichtigten.^ Freilich ist diese Interpellation nur als ein. Symptom der damaligen allgemeinen Erregung anzusehen. Die betreffende Untersuchung erst veran- lasst hat sie nicht, da eine solche für die Eegieruug damals be- reits beschlossene Sache war.^) Die Bichtung, in der sich die Ermittelungen bewegten, war auch in diesem Falle im wesentlichen durch die Klagen der be- treffenden Arbeiterkreise gegeben, und waren desshalb Gtegen- stand der Erhebung vor allem: die Löhne, Arbeitsdauer, die Art der Lohnzahlung, der Aushändigung und Ablieferung der Arbeit, die gesundheitlichen Verhältnisse der Werkstätten und der Woh- nungen der Heimarbeiterinnen, die etwa daraus entspringenden Gefahren für die Gesundheit der Arbeiterinnen, wie des Waare kaufenden Publikums, endlich die sittlichen Verhältnisse in den Kreisen der Konfektionsarbeiterinnen. Das Ermittelungsverfahren war ein von dem der beiden ersten Untersuchungen abweichendes, sofern man diesmal nicht mit einer schriftlichen Umfrage begann, sondern gleich in die mündliche Vernehmung von Auskunftspersonen vor der Kommission eintrat. Vorausgegangen war dieser nur eine Art orientierender Vorunter- suchung, in der man einige Berliner Konfektionäre, Zwischen- meister und Arbeiter über die verschiedenen Zweige und Be- triebsformen der Konfektion, sowie über deren örtliche Verteilung vernommen und auf Grund der gemachten Aussagen zunächst einen Erhebungsplan entworfen hatte. Danach wurden die Er- mittlungen auf die „Konfektion im engem Sinne^, soll heissen, auf die Massenherstellung von Kleidungsstücken und Wäsche- ') Vgl. die Beantwortung der InterpeUation durch den Minister v. Bötticher in jener Sitzung. — 104 — artikeln beschränkt, nnd folgende drei Zweige der Konfektion unterschieden: 1) die Herren- und Knabenkonfektion, einschliesslich der Arbeiter- und sogenannten Sommerkonfektion, 2) die Damenkonfektion, 3) die Wäschekonfektion. Die Zahl der vernommenen Personen belief sich auf 122, von denen 53 dem ersten, 36 dem zweiten, 33 dem dritten Zweige angehörten, und befanden sich darunter 22 Konfektionäre, Kauf- leute und Fabrikanten, 26 Zwischenmeister, 4 Zwischenmeiste- rinnen, 16 Arbeiter, 54 Arbeiterinnen, Diese 122 Personen verteilten sich auf im ganzen 13 für die Herstellung von Kon- fektionswaren besonders wichtige Orte. Auf die umfangreichen mündlichen Verhandlungen des näheren einzugehen, ist hier nicht möglich, und es muss darum die Bemerkung genügen, dass die Befragung eine sehr eingehende war, und über die, für die Arbeitsverhältnisse der Konfektions- und Wäschearbeiterinnen wesentlichen Erscheinungen durch sie die gewünschte Klarheit gewonnen wurde. Was speziell die gesundheitlichen Verhältnisse in den Werkstätten und Wohnungen der Heimarbeiterinnen be- trifft, so mag jedoch noch hervorgehoben werden, dass diese Gregenstand besonderer örtlicher Erhebungen waren, die an der Hand eines Fragebogens zum Teil von den Gtewerbe- Aufsichts- beamten, zum Teil von den Ortspolizeibehörden vorgenommen wurden. Wie bei den bisher erwähnten Erhebungen erfolgte die Zusammenstellung des eingegangenen Materials auch bei dieser Untersuchung durch das K. Statistische Amt. Die bereits erwähnte Erhebung über Die Arbeitsverhältnisse in Getreidemühlen, die schon in den Kommissionssitzungen vom 23. und 25. Juni 1892, sowie im Februar 1893 Gegenstand der Beratung gewesen, dann aber zu Gunsten der dringlichen Untersuchung der Ver- hältnisse in der Kleider- und Wäschekonfektion hatte zurück- gestellt werden müssen, war wie diese durch eine Bewegung in den betreffenden Berufskreisen selbst veranlasst worden. Schon am 6. Dezember 1891 hatte der Redakteur des Fachblatts der Müller und verwandter Berufsgenossen im Auftrage mehrerer in Norddeutschland abgehaltenen Versammlungen von Müllergesellen dem Bundesrat eine, auf den Ergebnissen einer Privatenquete fussende Eingabe überreicht, die unter Hinweis auf verschiedene, im Müllereigewerbe herrschende Übelstände den Bundesrat ersuchte : 1) auf Grund des § 120e der Gewerbeordnungs- Novelle vom 1. Juni 1891 die tägliche Arbeitszeit für das Mühlengewerbe auf zwölf Stunden, einschliesslich einer Stunde Mittagspause, festzusetzen; — 105 — 2) das Verbot auszusprechen, junge Leute zwischen 14 und 16 Jahren länger als 18 Stunden täglich zu beschäftigen; 3) die Bestimmung des § 105 b der Gewerbeordnung ohne Beschränkung für das Mühlengewerbe in Kraft zu setzen. Nach dem Erlass des Reichskanzlers sollte es Aufgabe der Kommission sein, diejenigen Unterlagen zu beschaffen, die zur Prüfung der Frage : ob und in welcher Weise für die, in Gretreide- mühlen beschäftigten Personen von der Bestimmung der Gewerbe- ordnung § 120 e, Abs. 3 Gebrauch zu machen sei, erforderlich erschienen. Wie bei ihrer ersten Untersuchung begann die Kommission auch in diesem Falle mit einer schriftlichen Umfrage bei etwa 10 % der vorhandenen Betriebe, wozu freilich zu bemerken ist, dass die, ohne Gehilfen oder nur mit Lehrlingen arbeitenden Mühlen von vom herein von der Auftiahme ausgeschlossen waren. Was die Beantwortung der ausgegebenen Fragebogen betrifft — Ausgabe und Einsammlung derselben erfolgte wie bei der ersten Erhebung durch die Organe der Verwaltungsbehörden — so liess dieselbe diesmal in mancher Hinsicht zu wünschen übrig. Denn nicht nur, dass die Verwaltungsbehörden, welche die Vollständig- keit und formelle Richtigkeit der Beantwortung zu überwachen hatten, behufs Ergänzung und Berichtigung der Fragebogen noch 236 Arbeitgeber und 244 Arbeitnehmer verhören mussten, es waren in vielen Mühlen die Fragebogen auch nicht von den- jenigen Personen ausgefüllt worden, denen die Beantwortung zukam ^). Endlich muss einer, bei dieser Erhebung zum erstenmal beobachteten Thatsache gedacht werden, die — wiewohl ohne Einfluss auf das Gesamtresultat der Untersuchung — doch prin- zipiell nicht bedeutungslos ist, der Thatsache nämlich, dass in zwölf Fällen die Beantwortung des Fragebogens schlechthin oder doch bezüglich einiger Hauptfragen verweigert wurde. Die Er- gebnisse der Umfrage wurden — laut Kommissionsbeschluss vom 27. Juni 1894 — ergänzt: 1) durch eine schriftliche Befragung von Interessevertre- tungen (Meister- und Gesellenverbände, Krankenkassen); 2) durch eine, im Dezember 1897 abgehaltene mündliche Vernehmung von Auskunftspersonen vor der Kommission. Was die letztere betrifft, bei der zusammen 40 Arbeitgeber und Arbeitnehmer verhört wurden, so war dieselbe insofern nicht ein wandsfrei, als mehrere der vernommenen Personen gar nicht mehr das Müllereigewerbe ausübten, sondern in einem anderen Berufe thätig waren. So befanden sich darunter z. B. ein Mehlhändler, ein Schiffsbauer, ein Versicherungsinspektor, ein Kassenbote. *) So waren 372 Arbeitnehmer-Fragebogen von Arbeitgebern ausgefüllt und unterschrieben worden, vgl. a. a. 0. S. 10. — 106 — Wie bereits bei den beiden ersten Erhebungen wurde auch bei dieser Untersuchung endlich noch ein Gutachten des Kaiser- lichen Gesundheitsamts über den Einfluss der Beschäftigung der Müllergesellen und Lehrlinge auf deren Gesundheit eingeholt. Gegenstand der letzten der bisher abgeschlossen vorliegenden Untersuchungen der Kommission waren: Die Verhältnisse der in Gast- und Schankwirtschaften beschäftigten Personen, worunter jedoch nur zu verstehen sind: Kellner, Kellnerinnen, Köche, Köchinnen und Mamsells, und die beiden letzteren auch nur, soweit sie nach Grösse und Emrichtung der Betriebe als rein gewerbliche Gehülflnnen erscheinen. Als höchst wünschens- wert erwiesen hatte sich eine Untersuchung der gedachten Art bereits bei Beratung der Gewerbeordnungs-Novelle vom Juni 1891, als man die Lage besonders der Kellner als eine sehr missliche, der Abhilfe dringend bedürftige erkannt, trotzdem aber von einer Ausdehnung des § 105i der Novelle auf das Gast- und Schank- wirtschaftsgewerbe Abstand genommen hatte, weil man glaubte, dass ohne nähere Kenntnis der in Betracht kommenden Ver- hältnisse und Interessen eine gesetzliche Eegelung derselben unthunlich sei. Über diese Verhältnisse die nötige Klarheit zu schaffen, sollte nun die Aufgabe der Kommission sein, und sollte diese nach einer Denkschrift des Reichskanzlers vom 13. Juni 1893 im besonderen Ermittelungen anstellen über: die üblichen Arbeits- und Ruhezeiten, über die Tragweite, welche die even- tuell allgemeine Einführung eines bestimmten Ruhetags und die Regelung der täglichen Arbeitszeit fiir die wirtschaftliche Lage der Gewerbetreibenden, wie für die berechtigten Interessen des Publikums haben würde; über die besonderen Umstände, die bei Erlass diesbezüglicher Vorschriften zu berücksichtigen wären, über den Umfang der angeblich häufigen Ausbeutung der Kellner durch Stellenvermittlung, über die Frage, ob diesem Übelstand auf dem Wege der Gesetzgebung abgeholfen werden müsse, über die Lehrlingsverhältnisse, das Trmkgelderwesen und anderes mehr. Die Kommission, die sich bereits in der Tagung vom 30. Juni bis 3. Juli 1893 mit der ihr gestellten Aufgabe beschäftigt hatte, leitete auch diese Untersuchung mit einer schriftlichen Umfrage ein, die sich jedoch lediglich auf das Kellnerpersonal beschränkte. Ende Oktober und Airfang November wurden die Fragebogen, wie in früheren Fällen, an 10% aller im Reiche vorhandenen, mit Kellnerpersonal arbeitenden Gast- und Schankwirtschafl^en ^j versandt, und zwar wieder mit der Massgabe, dass die eine Hälfte den Wirten, die andere den Kellnern und Kellnerinnen ^) Ihre Zahl war auf Grund der Gewerbestatistik von 1882 durch Schätzung ermittelt worden. — 107 — zur Beantwortung zugestellt wurde. Was die örtliche Verteilung der Fragebogen betrifft, so waren unter Unterscheidung von fiiirf Grössenklassen im ganzen 530 Orte berücksichtigt worden. Auf diese erste Umlfrage folgte einige Zeit danach eine zweite, durch die man über Arbeitszeit, Gehaltsverhältnisse, Straf- gelder, Stellenvermittlungswesen, sowie über die gesundheitlichen Verhältnisse der im Gast- und Schankwirtschaftsgewerbe be- schäftigten Personen Auskunft zu erlangen wünschte und bei der man 27 Wirte-, 28 Kellnervereine, 11 Vereine für Köche und 23 Krankenkassen berücksichtigte. Die daraufhin von den genannten Vereinet! eingelaufenen Antworten wurden vom K. Statistischen Amt bearbeitet, während das K. Gesundheitsamt auf Grund des von den Krankenkassen gelieferten Materials sich über den Einfluss der Beschäftigung der Kellner, Kellnerinnen etc. auf deren Gesundheit gutachtlich äusserte. Wie schon bei früheren Erhebungen fand endlich noch in der Zeit vom 17.— 21. November 1898 eine mündliche Ver- nehmung vor der Kommission statt. ^) Im ganzen wurden 61 Personen (darunter 41 Kellner und Kellnerinnen, Köche und Köchinnen) vernommen, und wurde damit bezw. mit der am 14. Dezember 1899 gepflogenen letzten Beratung der Ergebnisse die Untersuchung als abgeschlossen angesehen. § 3. Die Amtllclien Mitteilungen aas den Jahresberichten der Gewerbe -Aufsichtsbeamten. Unter diesem Titel giebt das Eeichsamt des Inneren seit dem Jahre 1885 regelmässig eine Zusammenstellung von Aus- zügen aus den Jahresberichten der Gewerbe-Aufsichtsbeamten (Eabrikinspektoren) heraus, um damit die Möglichkeit eines be- quemen Überblicks über die im Reiche herrschenden Arbeiter- verhältnisse, wie über die Handhabung und Wirksamkeit der Fabrikgesetzgebung zu gewähren. *) Cfemäss einer, unter den Bundesregierungen vereinbarten Anleitung zur Erstattung jener Jahresberichte finden wir auch in dieser Publikation das Haupt- gewicht auf die Schilderung gelegt, und begegnen wir statistischen Daten im Texte nur ab und zu in der Form kurzer Zahlennotizen. Allerdings war die Lieferung statistischen Materials darauf nicht beschränkt, nur sollte dasselbe unter Benützung besonderer dafür Wiewohl für die Ergebnisse der üntersnchung ohne Belang, muss bei dieser Gelegenheit erwähnt werden, dass — ein bis dahin nicht gehörter FaU — infolge seiner Aussagen vor der Kommission ein Oberkellner in Köln von seinem Prinzipal enÜassen werden soUte. (Soziale Praxis, YIU. Jahrgang, No. 11 vom 15. Dezember 1898, S. 282.) *) Statt dieser Auszüge, gegen die verschiedentlich der Vorwurf mangelnder Objektivität erhoben worden war, werden nunmehr — zum erstenmale für das Jahr 1899 — die Originidberichte selbst zusammengestellt. — 108 — vorgeschriebener Tabellen im Anhang für sich geboten werden. Solcher Tabellen bezw. Übersichten enthalten die „Amtlichen Mitteilungen" seit dem XXL Jahrgang (1896) regelmässig sieben, und behandeln von ihnen: Übersieht 1. Die Gewerbe- Aufsichtsbezirke und die im Auf- sichtsdienst beschäftigten Beamten. Übersicht 2. Die Revisionen gewerblicher Anlagen in den einzelnen Aufsichtsbezirken, Bundesstaaten und dem Reich nach Industriezweigen. ^) Übersicht 3. Die Zahl der im Berichtsjahre der Gewerbe- aufsicht unterstehenden Anlagen und der darin beschäftigten Arbeiter. Übersicht 4. Die im Berichtsjahre beschäftigten jugend- lichen Arbeiter und erwachsenen Arbeiterinnen, nach Industrie- zweigen geordnet. Übersicht 5. Zuwiderhandlungen gegen Gesetze und Ver- ordnungen, betreffend die Beschäftigung von jugendlichen Arbeitern im Berichtsjahre. Übersicht 6. Zuwiderhandlungen gegen G^etze und Ver- ordnungen, betreffend die Beschäftigung von Arbeiterinnen. Übersicht 7. Bewilligungen von Überarbeit erwachsener Arbeiterinnen im Berichtsjahre. Welchen (arbeits-) statistischen Wert haben nun diese Über- sichten? Um diese Frage zu beantworten, wird es nötig sein, dieselben etwas genauer anzusehen. Nicht weiter aufzuhalten brauchen wir uns dabei mit Übersicht 1, da uns in ihr weniger Statistik, als vielmehr nur ein, nach Staaten und Aufsichts- bezirken geordnetes Verzeichnis der Namen der vorhandenen Auf- sichtsbeamten geboten wird, für deren jeden auch Titel, Wohn- ort, sowie Name, Sitz und Umfang der Inspektion mitgeteilt werden. Was sodann die Übersicht 2 betrifft, so werden uns hier, geordnet nach Industriezweigen, mitgeteilt für einen jeden von ilmen: die Gesamtzahl der vorgenommenen Revisionen (Sp. 3), die Zahl der a) in der Nacht, b) an Sonn- und Pesttagen vor- genommenen (beide auch in Prozenten der Revisionen der Sp. 3), die Zahl der revidierten' Anlagen, unterschieden nach der Zahl der auf sie entfallenden Revisionen (eine, zwei, drei und mehrere), endlich die Zahl der in den revidierten Anlagen beschäftigten männlichen und weiblichen Arbeiter, und zwar beide unter Trennung der jugendlichen und erwachsenen. Überdies werden für die Industriezweige zusammen noch die Summenzahlen jeder Spalte gezogen und ihnen die entsprechenden des Vorjahrs beigefügt. Wenn auch nicht für die Arbeiterverhältnisse im engem Sinne, so sind die hier mitgeteilten Zahlen doch wenigstens für die Be- urteilung der von den Aufsichtsbeamten entfalteten Inspektions- ^) Die Einteilung entspricht in der Hauptsache derjenigen des Gewerbe- Verzeichnisses in der ,,Statistik des Deutschen Reiches^^ N. F. Bd. 113, S. 7 f. — 109 — thätigkeit von einem gewissen Interesse. Freilich ein Urteil darüber, ob diese Thätigkeit eine genügende oder ungenügende gewesen, ob die Zahl der der Inspektion unterworfenen Arbeiter eine grosse oder geringe war, lässt sich daraus in keiner Weise ableiten, da die hierfür erforderliehe Gegenüberstellung der revisions- Pflichtigen und der revidierten Anlagen einerseits, der der In- spektion unterstellten und thatsächUch inspizierten Arbeiter andrer- seits nicht gegeben wird. Würde sich letzteres nun auch praktisch jedenfalls als unausführbar erweisen, so dürfte eine Gregenüber- stellung der revidierten und der revisionspflichtigen Anlagen an sich wohl möglich sein. Wenn eioe solche trotzdem unterblieben ist, so wohl deshalb, weil, wie aus den folgenden Übersichten zu ersehen ist, die Angaben über die Zahl der revidierten Betriebe nicht durchweg als zuverlässig angesehen werden können. Was aber die in der Übersicht mitgeteilten Arbeiterziflfern betrifft, so lassen sich aus ihnen, wie aus den am Ende jeder Spalte ge- gebenen SummenzaUen schon deshalb keinerlei Schlüsse ableiten, weil bei den mehrfach revidierten Anlagen auch die Axbeiter- zahlen zum Teil mehrfach aufgenommen, die Fälle aber, in denen dies geschehen, in keiner Weise kenntlich gemacht sind. Übersicht 3 giebt in einer Haupttabelle — geordnet nach Staaten, Aufsichtsbezirken und Industriegruppen — die Zahlen der revisionspflichtigen Anlagen, der jugendlichen und der er- wachsenen Arbeiter und endUch die Zahlen beider (Anlagen und Arbeiter) für die Gesamtheit der unterschiedenen Industriegruppen. ^) Zu bemerken ist hierzu nur, dass diese Zahlen zu irgendwelchen Vergleichen zwischen den einzelnen Staaten und Aufsichtsbezirken absolut nicht geeignet sind; hinsichtlich der Anlagen nicht, weü die Aufstellung, besonders der nach § 16 der Gewerbeordnung genehmigungspflichtigen Anlagen und handwerksmässigen Betriebe nicht in allen Bundesstaaten nach den gleichen Grundsätzen er- folgt, hinsichtlich der Arbeiterzahlen nicht, weil diese nicht durch- weg zu demselben Termin ermittelt werden (so beispielsweise im Königreich Sachsen am 2. Mai, in Baden am 1. Oktober). Übersicht 4 bringt in vier detaillierten Tabellen die Zahlen der im Deutschen Reiche beschäftigten jugendlichen Arbeiter und erwachsenen Arbeitefinnen, von denen erstere, unter jedesmaliger Unterscheidung der Geschlechter, wieder zerlegt werden in Kinder unter 14 Jahren und junge Leute von 14 — 16 Jahren, letztere in Arbeiterinnen im Alter von 16 — 21 Jahren und solche über 21 Jahre. Diese Zahlen sind in Tabelle 1, welche ausserdem 1) Für Preussen und Sachsen wird eine Übersicht Über die Verteilung der gewerblichen Anlagen nach Industriezweigen innerhalb der einzelnen Auf- sichtebezirke jedoch nicht gegeben; dafür werden für beide Bundesstaaten die Ghesamtzahlen der revisionspflichtigen Betriebe in den einzelnen Aufsichts- bezirken in zwei besonderen TabeUen mitgeteilt, auf die wir — weil sie in ihrer Anlage ganz der Haupttabelle entsprechen — jedoch nicht besonders ein- zugehen brauchen. — 110 — noch die Zahlen der, jugendliehe Arbeiter bezw. Arbeiterinnen (über 16 Jahre) beschäftigenden Fabriken enthält, geordnet nach Industriezweigen und Aufsichtsbezirken. ^) Handelt es sich in diesen beiden Tabellen nur um absolute Zahlen, so in den Tabellen 2 und 3 um die Mitteilun&r von Yerhältniszahlen. Von ihnen giebt Tabelle 3 für jeden Bezirk: 1) Die Zahlen der männlichen und weiblichen jugendlichen Arbeiter, der Kinder unter 14 Jahren, der jungen Leute von 14—16 Jahren pro 100 jugendliche Arbeiter, 2) die Zahl der Arbeiterinnen im Alter von 16—21 Jahren, wie derjenigen über 21 Jahre pro 100 Arbeiterinnen über 16 Jahre. Tabelle 4 endlich berichtet: a) über die prozentuale Beteiligung der verschiedenen Altersklassen der jugendlichen Arbeiter und Arbeiterinnen an den einzelnen Industriezweigen, b) innerhalb jedes Industriezweigs über die prozentuale Verteilung: 1) Der Geschlechter auf die beiden Altersklassen der unter 14 Jahre und der 14—16 Jahre alten, 2) der Altersklassen der 16—21 und der 21 Jahre alten auf die erwachsenen Arbeiterinnen. Eine letzte Spalte der Tabelle 4 enthält für jeden Industrie- zweig die auf die einzelne Fabrik entfallende Durchschnittszahl jugendlicher Arbeiter und erwachsener Arbeiterinnen. Schliess- lich sei noch bemerkt, dass in den Tabellen 1 und 2 für jede Zahl und Spalte auch die entsprechende Zahl des Vorjahrs mit- geteilt wird. Die sub 5 gebotene Übersicht über Zuwiderhandlungen gegen Gesetze und Verordnungen, betreffend die Beschäftigung von jugend- lichen Arbeitern zerfällt in zwei Tabellen, von denen die eine die Auf Sichtsbezirke, die andere die Industriezweige^) zum Ein- teilungsgrunde hat. In beiden, bis auf die Vorspalte völlig gleich angelegten Tabellen werden mitgeteilt: 1) die Zahl der von den Auf Sichtsbeamten ermittelten Fälle gesetzwidriger Beschäftigung oder (!) der (ermittelten) gesetzwidrig beschäftigten Personen; 2) die Zahl der Anlagen, in denen^ Zuwiderhandlungen ermittelt wurden; 3) die Zahl der wegen Zuwiderhandlungen bestraften Personen. ^) Eine Ausnahme davon bildet nur das Königreich Sachsen. — Für dieses nämlich werden das eine Mal zwar die einzelnen Bezirke unterschieden, aber die Zahlen der jugendlichen Arbeiter und Arbeiterinnen für die verschiedenen Industriezweige znsammengefasst, das andere Mal zwar die Industriezweige unterschieden, aber nur für die Gesamtzahl der Bezirke (13). *) Die Unterscheidung nach Industriezweigen ist hier zum Teil noch differenzierter als bei den bisher, besprochenen Übersichten. So wird z. B. zer- legt: IV. in Industrie der Steine und Erden, Ziegeleien, Glashütten; VI. in: Jl^LSchinen, Werkzeuge und Apparate; Gummi warenfabrLken u. s. w. — 111 — Dazu ist zu bemerken, dass die Einteilung der Zuwider- handlungen eine sehr detaillierte ist — so werden im ganzen zwölf verschiedene Gesetzesverletzungen unterschieden; femer dass sub 2 anch eine Berechnung des prozentualen Verhältnisses der revidierten Anlagen und derjenigen, in welchen Zuwider- handlungen ermittelt wurden, gegeben ist. Was nun die Frage nach dem arbeitsstatistischen Werte dieser Tabelle betrifft, so muss zunächst betont werden, dass dieser durch das Zusammen- werfen der ermittelten „PäUe'* und der ermittelten Personen stark beeinträchtigt wird. Ist doch damit jede Möglichkeit ge- nommen, zwischen den einzelnen Industriezweigen, eventuell anch zwischen den einzelnen Aufsichtsbezirken, Vergleiche anzustellen, die unter Umständen recht interessante Eesultate ergeben könnten. Femer ist darauf hinzuweisen, dass auch mit den in Sp. 18 mitgeteilten Zahlen der bestraften Personen nicht viel anzu- fangen ist, da man nicht wissen kann, wieviel der, der Bestrafung zu Grunde liegenden Fälle noch aus dem Vorjahr stammen, wie- viel von den im Berichtsjahre erfolgten Zuwiderhandlungen erst im folgenden Jahre zur Entscheidung und damit zum Eintrag kommen. Allein, auch wenn sich diese eben gerügten Mängel ab- stellen Hessen, würde das gebotene Zahlenmaterial weitgehende Schlüsse nicht gestatten; einmal deshalb nicht, weU es sich bei jenen Zuwiderhandlungen nicht selten um Fälle handelt, in denen die An- wendbarkeit der §§ 135 ff. der Gewerbeordnung überhaupt fraglich erscheint, zum andem nicht, weil auch innerhalb der strafgeiicht- lichen Praxis hinsichtlich der Begriffe „Fabrik", „Fabrikarbeit" und ähnlicher Dinge eine einheitliche Auffassung nicht existiert.^) Dazu kommt, dass die Höhe der in jener Übersicht ent- haltenen Ziffem von Zufällen der verschiedensten Art abhängig ist; so vor allem von der Häufigkeit und Sorgfalt der Inspek- tionen, sodann auch von der sehr verschiedenen Schwierigkeit der Feststellung von Zuwiderhandlungen.^) Endlich darf auch nicht vergessen werden, dass es sich ja auch immer nur um die Zahl der ermittelten Fälle bezw. Personen und nicht um die Zahl der thatsächlich vorgekommenen Zuwider- handlungen bezw. schuldhaften Personen handelt. Nach alledem wird man sagen müssen, dass aus dem in der Übersicht 5 gebotenen Zahlenmaterial ein sicheres UrteU etwa über Zu- oder Abnahme der gegen Bestimmungen der Arbeiter- schutzgesetzgebung gerichteten Zuwiderhandlungen,, nicht ab- geleitet werden kann. Dasselbe gilt von dem, was Übersicht 6, über Zuwiderhandlungen gegen Gesetze und Verordnungen, be- treffend die Beschäftigung von Arbeiterinnen, mitteUt. Es sei deshalb nur bemerkt, dass die tabellarische Darstellung in der ») Vgl a. a. 0. S. 32, 33. ') VgL a. a. 0. besonders die im Bezirk Münster, wie im ünterelsass ge- machten Beobachtnngen über Ziegeleien (S. 38 — 40), desgL die Bemerkungen S. 46 (Köln, Dresden). — 112 — Hauptsache dieselbe ist wie bei Übersicht 5, und dass die Zu- widerhandlungen auch hier in sehr detaillierter Weise unter- schieden werden. Ausserdem sei in Bezug auf Sp. 14 (Zahl der wegen Zuwiderhandlungen bestraften Personen) noch besonders hervorgehoben, dass die hier gebotenen Zahlen zu irgend welchen Urteilen oder Vergleichen noch weniger geeignet sind als die entsprechenden Zahlen der Übersicht 5, da in Rücksicht auf die erstmalige Feststellung von Zuwiderhandlungen oder wegen des bewiesenen Entgegenkommens und der Bereitwilligkeit, die ge- rügten Mängel rasch abzustellen, von einer Strafanzeige ver- schiedentlich abgesehen wird.^) Von grösserem arbeitsstatistischen Wert als die eben er- wähnten beiden Übersichten ist die Übersicht 7, betreffend die Bewilligung von Überarbeit für erwachsene Arbeiterinnen. In zwei Tabellen — in der einen nach Aufsichtsbezirken^), in der anderen nach Industriezweigen geordnet — werden hier mitgeteilt: a) hinsichtlich der Bewilligungen flir die Wochentage, ausser Sonnabend, die Zahlen: 1. der Betriebe, denen Überarbeit gestattet war, 2. der Bewilligungen A) nach der Erlaubnis erteilenden Verwaltungsbehörde, B) nach der Dauer der täglichen Überarbeit in Stunden, 3. der Arbeiterinnen, für welche Überarbeit gestattet war, 4. der Betriebstage, für welche Über arbeit gestattet war, mit besonderer Berechnung der durchschnittlich auf einen Betrieb entfallenden Tage, 5. der bewilligten Überstunden, mit besonderer Berechnung der pro Jahr auf eine Überstunden arbeitende Arbeiterin durchschnittlich entfallenden Überstunden, 6. der zurückgewiesenen Anträge auf Bewilligung von Überarbeit; b) hinsichtlich der Bewilligungen für Sonnabend^) die Zahl: 1. der Betriebe, denen Überarbeit gestattet war (für 1—4, 5—12 und mehi' Sonnabende), 2. der Bewilligungen nach der Dauer der täglichen Über- arbeit in Stunden (1, bis 2, bis 3 Stunden), 3. der Arbeiterinnen, für welche Überarbeit gestattet war (Sp. 9). Zu bemerken ist hierzu noch, dass in Tabelle 1 (Aufsichts- bezirke) auch die Summen der in jeder Spalte gegebenen Zahlen gezogen und ihnen die entsprechenden Summenzahlen des Vorjahrs gegenübergestellt sind, wie das in Tabelle 2 (Industriezweige) überhaupt bei jeder Zahl die entsprechende Zahl des Vorjahrs mit- geteilt wird. — Was nun den Wert des in diesen Tabellen nieder- *) a. a. 0. S. 85. *) Die betr. Zahlen liegen bei Preussen nur für die Aufsichtsbezirke im Ganzen vor. — 113 — gelegten Zahlenmaterials betrifft, so ist vor allem darauf hin- zuweisen, dass wir es nicht mit einer Übersicht über die thatsächlich geleisteten Überstanden zn thnn haben; und dies aus zwei Gründen. Einmal nämlich wird — wie verschiedene Aufeichtsbeamte beobachtet haben ^) — die Zahl der genehmigten Überstunden nicht immer völlig ausgenützt; auf der anderen Seite wieder ist es fraglich, ob eine ganze Anzahl Überstanden nur nicht zur Nachweisung gelangten, einfach deshalb, weil ihre Genehmigung nicht nachgesucht worden ist.^) Es lässt sich auf Grund der gegebenen Ziffern — inmier ihre Vollständigkeit vorausgesetzt — also nur eine Vorstellung gewinnen über den Umfang, in dem im Berichtsjahre in den einzelnen Industriezweigen und Aufsichtsbezirken ein Bedürfiiis nach Überstunden in gesetzlicher Form zum Ausdruck gekommen ist. — Dabei ist femer noch zu berücksichtigen, dass die in Sp. 9 mitgeteilte Zahl der Arbeiterinnen derjenigen Betriebe, fiü- welche Überstunden zu verschiedenen Malen bewilligt wurden, jedesmal aufs neue eingestellt ist, und dieselben Arbeiterinnen also mitunter mehrfach gezählt werden.^) Suchen wir nach dem Gesagten unser Urteil über den arbeits- statistischen Wert der in den „Amtlichen Mitteilungen^ enthaltenen Übersichten kurz zusammenzufassen, so muss derselbe als ein im grossen Ganzen ziemlich geringer bezeichnet werden. Eine nähere Betrachtung der zahlreichen Tabellen, die zunächst eine FtUle wertvollen arbeitsstatistischen Materials zu bieten scheinen, lehrt, dass wir es in der Hauptsache nicht mit wirklicher Statistik, sondern nur mit notizenartiger Zahlensammlung zu thun haben, dass aber auch mit deren Ergebnissen wenig anzufangen ist. — Berücksichtigen wir schliesslich die Organe, durch welche jene Ziffern in der Hauptsache ermittelt werden, bedenken wir vor allem, dass die Arbeitslast der Gewerbeaufsichtsbeamten so schon eine sehr umfangreiche und schwierige ist, so muss es auch als ausgeschlossen gelten, dass die, jenen Tabellen anhaftenden Mängel je ganz beseitigt und dass überhaupt eine ganze Anzahl wichtiger arbeitsstatistischer Fragen mit Hülfe der Gewerbe- aufsichtsbeamten jemals erschöpfend beantwortet werden könnte. % i. Die Statistik der Streiks und Aussperrungen. Das Einzige, was das Deutsche Reich im Sinne einer wirklichen fortlaufenden Arbeiterstatistik bisher aufzuweisen hat, ist eine seit deml. Jan. 1899 datierende Statistik der Streiks und Aussperrungen.*) ») a. a. 0. S. 93, 99. ') So ist es auffällig, dass in einer ganzen Anzahl (13) Anfsichtsbezirke — daranter Reuss ältere Linie — kein einziger Fall von Überstunden am Sonnabend vorgelegen haben sollte. ») Vgl. a. a. 0. S. 98. *) Anlässlich des Gesetzentwurfs betr. die Abänderung der Gewerbe- ordnung vom 6. Mai 1890 hat zwar schon einmal für das Reichsgebiet eine Dreydorff, Ein deatscbes Reichsarbeitsamt 8 — 114 — Freilieh hacndelt es sich dabei nur ran solche gewerblicher Arbeiter, und sind von der Aufnahme* ausgeschlossen Konflikte zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern auf dem Boden der Land- und Forstwirtschaft (einschliesslich Jagd und Weinbau), in den Grenzen der wissensdiaftlichen und künstlerischen Er- werbsthätigkeit, der litterarischen Thätigkeit, sowie endlich auf dem Gebiete der Erwerbsthätigkeit im zivilen und militärischen Staats- und Kommunaldienst und im Kirchendienst. ^) — Gegen- stand der Ermittelungen sind vor allem: Zahl, Gründe, Dauer und Ausgang der Streiks und Aussperrungen, die Orte und die Gewerbearten, innerhalb deren sie sich ereignet haben, die Zahl der am Streik oder der Aussperrung beteiligten bezw. durch sie in Mitleidenschaft gezogenen Betriebe und Personen, die Fälle von Vertragsbruch, der Inhalt der gestellten Forderungen, die Form der schliessUchen Beendigung des Streiks, endlich — soweit nachweisbar — die durch den Streik oder die Aussperrung ent- standeaen Verluste an Arbeitslohn. Was das Ermittelungsverfahren betiifft, so erfolgt die Sammlung der verlangten Angaben durch Zählkarten (von weisser Farbe für Streiks, von blauer für Aussperrungen), die sofort nach Beendigung des Streitfalles durch die OrtspolTzeibehörden — dies die RegeP). — ausgefüllt und der höheren Verwaltungsbehörde übersandt werden. Diese hat die eingegangenen Zählkarten zu prüfen, nötigenfalls auch zu ergänzen, wobei nicht nur die Ge- werbeaufsichtsbeamten in möglichst weitem umfange beteiligt, sondern, um eine etwaige ünvollständigkeit der Erhebungen zu ergänzen, auch die Zeitungen zu Hülfe genommen werden sollen. Die Bearbeitung der Ergebnisse endlich erfolgt durch das K. Stat. Amt, dem die Zählkarten binnen zwei Wochen naeh Sehluss jedes Vierteljahrs durch die höheren Verwaltungsbehörden zu übermitteln sind, auf zweifache Art; nämlich einmal in der Form summarischer Vierteljahrsfibersichten, sodann in Form einer ausführlichen JahresstatSstik. — Was die Art der Darstellung be- trifft, so ist dieselbe in jenen Übwsichten eine rein-tabellarisehe, und kommen dabei — seit dem 1. Quartal 1900 — die nachstehenden Tabellenköpfe zur Anwendung^): Erhebung über grössere gewerbUche Arbeitseinstellungen in der Zeit vom 1. Januar 1889 bis Ende April 1890 stattgefunden; was uns als Ergebnis der- selben mitgeteilt wird, ist jedoch so dürftig, dass es sich nicht verlohnt, n&her darauf einzugehen. Dazu kommt, dass jene Erhebung der Regierung das Material liefern soUte, um eine von ihr beabsichtigte Yerschärfling de8§ 154 (sog. Streikparagraphen) der Gewerbeordnung rechtfertigen zu können, und dass danach auch der Verdacht der Tendenzstatistik nicht von der Hand zu weisen ist. *) Es sei denn, dass es sich um Anstalten erwerbswirtschaftUchen Charakters handelt. ^.^^ ') Es können jedoch von den Landeszenl^behörden auch andere Stellen "^it der Ausfüllung der Nachweise betraut werden. *) Die jetzigen Übersichten unterscheiden sich von den früheren haupt- sjiehlich dadurch, dass die seiner Zeit mitgeteilten Ziffern der zur sofortigen — 115 — i I 'S I J I I I s I M « I n I bo 39» is4 3^1 sl a i-i ^r o st u -i<5 I J a 4 I e9 lO CO I oo C«l GQ 4> 0) t I X / I I «0 I I I $ ^ s8g itifl a a* 5J |B IHil ^ t- es CO kd ^ ^ CO es CO I 8 I a I (N I I ?• >v. -?•• ^ /<;.' rt f •'r ^ / — 116 — Bedeutend aiisfohrlieher und unter den verschiedensten Ge- sichtspunkten werden die Streiks und Aussperrungen natürlich in der Jahresübersicht behandelt. In einem rein-statistischen zweiten Teil erhalten wir Auskunft in einer Tabelle 1 über: die einzelnen Streikfälle des Jahres nach ihrer örtlichen und zeitlichen Verteilung, Tabelle 2 über: die Streikfälle des Jahres , zusammen- gefasst nach Staaten und Landesteilen, Tabelle 3 über: die einzelnen StreikfäUe des Jahres nach der Verteilung der Streikenden auf die Grewerbearten, Tabelle 4 über: die Streikfälle nach Gewerbegruppen und Gewerbearten, Tabelle 5 über: die Aussperrungen des Jahres nach ihrer örtlichen und zeitlichen Verteilung. Von ihnen beschäftigt sich Tabelle 1 lediglich mit den im betreffenden Berichtsjahre beendigten Streiks, geordnet nach Bundesstaaten (für I^eussen auch nach Bezirken) und innerhalb dieser wieder nach der Zeitfolge des Beginns. Für jeden Streik- fall wird unter Angabe der Gewerbeart (Schneider, chemische Fabrik u. s. w.), wie des Streikorts hier im einzelnen mitgeteilt: 1. die Zahl der vom Streik betroffenen Betriebe; die Be- schäftigungsart der Streikenden, sofern der Streik nicht den Gesamtbetrieb erfasst hat; die Zahl der zu völligem Stillstand gebrachten Betriebe, 2.^) die Zahl der Arbeiter, die bei Ausbruch des Streiks innerhalb der von ihm ergriffenen Betriebe überhaupt beschäftigt waren, sowie die Zahl der ausschliesslich am Streik beteiligten Arbeiter, 3.^) die Höchstzahl der während der Streikdauer streikenden Personen, mit besonderer Unterscheidung der zu sofortiger Arbeitsniederlegung berechtigten und der kontrÄt- brüchigen Arbeiter, 4. die Höchstzahl der infolge des Sti^eiks gezwungen feiernden Arbeiter, Arbeitsniederlegfung Berechtigten, sowie der kontraktbrüchigen Arbeiter in Fortfall gekommen sind. — Ausserdem werden — was früher nicht geschah — jetzt auch mitgeteilt: 1., sofern sich ein Streik nicht auf sämtliche Betriebs- zweige eines Unternehmens erstreckte — die Zahl der in dem ausschliesslich Yom Streik ergriffenen Betriebszweig beschäftigten Arbeiter, 2. die Zahl der infolge des Streiks gezwungen feiernden Arbeiter, 3. Angaben über den Erfolg des Streiks. — Endlich ist neu auch die Ordnung der Streiks nach dem Zeit- punkte ihres Beginns. ^) Die Zahl der Arbeiter unter 21 Jahren kommt dabei besonders zur Nachweisung. — 117 — 5. die Forderungen der Streikenden: Forderungen bezfiglich des Arbeitslohns (a) Aufrechterhaltung, b) Erhöhung des bisherigen, c) sonstiges), Forderungen, betreffend die Arbeitszeit (a) Verkürzung der bisherigen, b) Absehaflfung der Überstunden, c) sonstiges)^ Forderungen, andere Gegen- stände betreffend, nämlich: Änderung der Löhnungsweise, Entfernung von Vorgesetzten, WiederansteUung entlassener Arbeiter, sonstiges, 6. der Ausgang des Streiks (voUer, teilweiser, kein Erfolg), 7., soweit der Streik durch Verhandlung beendigt wurde, ob dies durch Verhandlungen unmittelbar zwischen den Parteien, vor dem Gewerbegericht, unter Mitwirkung von Berufsvereinigungen oder dritten Personen, auf An- trag der Arbeitnehmer oder Arbeitgeber geschehen ist, 8* ob dritte Personen oder Berufsvereioigungen auf den Ausbruch des Streiks hinwirkten oder (und) den Streik unterstützten, und wenn dies der Fall, ob mit Geld- beträgen. In Tabelle 2 werden für jeden Staat bezw. Landesteil die im Berichtsjahr in ihm zur Erledigung gekommenen StreikfäUe zusanmiengefasst. Die für die Mnteilung des Tabellenkopfes massgebenden Gesichtspunkte sind im wesentlichen dieselben wie in Tabelle 1, nur dass es sich hier eben um Summenzahlen handelt und mitgeteilt wird, wieviel im Ganzen Betriebe durch Streiks getroffen wurden, wieviel Arbeiter im Maximum streikten u. s. w., bezw, wie oft der eine oder andere Fall — z. B. dass der ganze Betrieb zum Stillstand gebracht wurde, dass die Forderung der Arbeiter auf eine Lohnerhöhung gerichtet war u. ähnl. — eintrat. Tabelle 3 behandelt dann wieder die einzelnen StreikfäUe, und zwar nach ihrer Verteilung auf die verschiedenen Gewerbe- arten. Nächst der in der Vorspalte enthaltenen Bezeichnung des Betriebszweigs und Streikorts werden hier Angaben gemacht über: den Beginn des Streiks (nach Quartalen), über die Streik- dauer, die Zahl der vom Streik betroffenen Gesamtbetriebe und einzehien Betriebszweige (wobei die zu völligem Stillstand ge- kommenen besonders zur Nachweisung gelangen), über die Zahl der bei Ausbruch des Streiks überhaupt beschäftigten Arbeiter, wie über die Arbeiter der vom Streik nicht betroffenen Betriebs- zweige. Im übrigen entsprechen die Spalten der Tabelle 3 durch- aus denen der Tabelle 1. — Wie Tabelle 2 die Streikfälle der Tabelle 1, so fasst Tabelle 4 diejenigen der Tabelle 3 zusanmien und gilt das dort Bemerkte entsprechend auch für Tabelle 4. — Tabelle 5 endlich behandelt nach ihrer örtlichen und zeitlichen Verteilung die im Berichtsjahre beendeten Aussperrungen. Der Tabellenkopf entspricht hier im wesentlichen dem der Tabelle 1, nur dass statt von „zur sofortigen Arbeitsniederlegung berech- — 118 — • tagten bezw. kontraktbrüchigen Personen" von „ohne Kfindignngs- ft^t eingestellten bezw. mit Verletzung des Arbeitsvertrags von der Arbeit Entlassenen" die Eede ist, und dass die streitigen Forderungen, wie folgt, unterschieden werden: hinsiclitlich des Arbeitslohnes a) Aufrechterhaltnng, b) Herabsetzung des bisherigen, c) sonstiges; hinsichtlich der ^beitszeit a) Aufrechterhaltung, b) Verlängerung der bisherigen, c) Beibehalten der Überstunden, d) sonstiges. Vorausgeschickt werden dem, wie wir gesehen haben, ziem- lich umfangreichen TabeUenwerk ausfuhrliche Mitteilungen über daß Aufiiahme verfahren, über die for die Aufbereitung mass- gebenden Grundsätze, eine Zusammenstellung und Erläuterung Her den Tabellen entnommenen Hauptergebnisse, endlich noch eine Anzahl nach besonderen Gesichtspunkten aufgestellter Über- sichten und Berechnungen, von denen hier nur eine Tabelle über die am 2. Mai erfolgten Ausschliessungen von der Arbeit wegen eigenmächtigen Verlassens derselben am vorausgegangenen Tage erwähnt sei. Wird man nach dem Gesagten nun auch ohne weiteres be- haupten dürfen, dass mit dieser Statistik der Streiks und Aus- sperrungen — zweier für das moderne Wirtschaftsleben so ausser- ordentlich wichtiger Erscheinungen — auf dem Gebiete der Arbeiterstatistik ein erfreulicher Schritt vorwärts gethan ist, so bleibt bei aller Anerkennung auch fSr diese neueste Leistung des K. Stat. Amts doch die Frage offen, ob diese Statistik nicht noch in verschiedener Bichtung einer Verbesserung bezw. eines weiteren Ausbaus fähig ist, und zwar sowohl hinsichtlich des Ermittelungsverfahrens^es Gegenstandes der Ermittelungen wie der Aufbereitung undj^arstellung der gewonnenen Ergebnisse. Was zunächst die^^SiöS?^betrafi;7^§o wollen wir hier nur hervorheben, was u. £. der Verbesserung bedürftig ist. Es ist dies 1) die Behandlung der Forderungen der Arbeitnehmer bezw. Arb^^eber, ^die Art, in der bei dieser Statistik Streiks und Aussperrungen unterschieden werden. Dass es bei dem so schon bedeutenden Umfang der Tabellenköpfe nicht angängig wäre, bei diesen noch eine weitere Spezifizierung der strittigen Forderungen vorzunehmen, ist ja zweifellos, nur scheinen uns auf der anderen Seite einige der unter „sonstiges '* zusammengefassten Forderungen, wie bessere Behandlung, Zurücknahme von Schimpfworten, Vor- nahme gesundheitlicher Verbesserungen, Lüftung der Arbeits- stätte, Beschaffung von Wasobgelegenheit, Anerkennung eines Arbeiterausschusses, einer Loko^ommission — jede für sich zu wichtig, wichtig vor allem auch für die Beurt^ung des gansen Streitfalls — als dass man sich damit begnügen dürfte, sie in doch etwas sehr summarischer Weise mit einer einzigen Spalte abzathun. Während einige der genannten Forderungen nämlich als charakteristisch für (Ue kulturellen Bedürfnisse der Arbeiter — 119 — angesehen werden müssen, erseheinen andere wieder bezeichnend für das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, und wäre es darum wohl angebracht, dieselben einer besonderen Be- handlung zu unterziehen. — Was sodann die Unterscheidung der Arbeitskonflikte in Streiks und Aussperrungen betrifft, so dürfte diese auf die Dauer nicht von dem rein-äusserlichen Moment „wer hat die Arbeit niedergelegt bezw. die Werkstätte ge- schlossen" abhängig gemacht werden können. — Dass „der mit der Sichtung des Materials befasste, den thatsächlichen Vorgängen yöllig femstehende Beamte" sich nach den blossen Nachweisungen über die „Schuldfrage" kein Urteil zu bilden vermag, ist gewiss, ebenso gewiss aber, dass sich mancher Streik bei näherem Zu- sehen als Aussperrung erweist — und eventuell umgekehrt — , und dass, wenn zahlreiche Fälle dieser Art vorliegen, das auf einem rein zahlenmässigen Vergleich fhssende Urteil ein durch- aus schiefes sein mnss. Zu beseitigen wird dieser Übelstand freilich nicht sein ohne eine Änderung bezw. eine Ergänzung des Ermittelungsverfahrens. — Schon aus rein-psychologischen Gründen erscheint es uns nicht angebracht, mit der Herstellung der Nachweise lediglich oder überhaupt untergeordnete Polizeibeamte zu betrauen, da diese in dem Grefdhl, „die bestehende Ordnung" zu vertreten, geneigt sein dürften, ihre Informationen mehr bei Arbeitgebern als Arbeit- nehmern einzuholen, dadurch aber eine rein- objektive Beant- wortung der gestellten Fragen unter Umständen gefährdet wird. Was aber endlich den Gegenstand der Ermittelungen betrifft, so würden wir hier eine Erweiterung für sehr wünschenswert er- achten. — Statt der ziemlich schwierigen und wohl auch ent- behrlichen Feststellung der kontraktbrüchigen Arbeiter würden wir vor allem zu ermitteln empfehlen*): 1) Die Zahl der durch den Streik bezw. die Aussperrung in Mitleidenschaft gezogenen Frauen und Kinder, 2), sofern es sich um Lohnstreitigkeiten handelt, und dies besonders, solange es uns noch an einer umfassenden Lohnstatistik fehlt, •— die den Arbeitern gezahlten Löhne (Zeit-, Akkord-, Überstundenlöhne), 3), sofern es sich um Streitigkeiten über die Arbeitszeit handelt — die übliche Arbeitsdauer in Stunden pro Tag und Woche (Tag-, Nacht-, Schichtenwechsel u. s. w.). ^) Im übrigen ist es an dieser SteUe nicht möglich, auf die methodo- logischen und technischen Fragen, welche die Streikstatistik aufwtrft, näher einzugehen. Vielmehr müssen wir dafür auf die hierüber erschienene, bereits sehr reichhaltige Litteratur selbst verweisen. — Dieselbe findet sich zusammen- gestellt am Schlüsse von Stiedas Artikel «ArfoeitseinsteUungen'' im Hand- wörterbuch der Staatswissenschaften, Bd. I, S. 738. Vgl. denselben eod. 1. auch Über die Bedeutung der Streikstatistik für die Kenntnis und Beurteilung der Arbeiterverhältnisse. — 120 — % 5. Die Tolks-, Berufs- und Gewerbezählung^eiL Unter denjenigen grösseren statistischen Aufiiahmen, die zwar nicht auf die Ermittelung speziell arbeitsstatistischer Daten ge- richtet sind, solche aber doch nebenbei abwerfen bezw. abwerfen können, sind zunächst die im Deutschen Eeiche regelmässig alter fünf Jahre wiederkehrenden Volkszählungen zu nennen. — Um nun festzustellen, inwieweit diese für die Ge- winnung arbeitsstatistischen Materials in Betracht kommen, wird es genügen, die Untersuchung auf die Resultate der Zählungen vom 1. Dezember 1890 und 2. Dezember 1895 — zu beschränken, — und dies umsomehr als die Angaben über den Beruf für die ersten Zählungsjahre entweder nur in ziemlich oberflächlicher Weise oder aber überhaupt nicht — so 1875 und 1880 — - be- arbeitet worden sind. Was nun zunächst die Zählung von 1890 betrifft, so war damals für alle, in einer Haushaltung anwesenden Personen er- fragt worden: Name, Geschlecht, Geburtstag und -jähr, Wohnort (für vorübergehend Abwesende), Beligionsbekenntnis, die Verwandtschaft oder sonstige Stellung zum Haushaltungs- vorstand, der Stand, Beruf oder Erwerbszweig. Dabei sollte durch die Frage nach der sonstigen Stellung zum Haushaltungsvorstand ermittelt werden, ob die betreffende Person bei jenem etwa in Arbeit oder Dienst irgendwelcher Art stehe, oder ob sie zur Miete oder als Schlafgänger, oder in Kost oder Pflege beflndlich, oder ob sie nur als Gast auf Besuch anwesend sei. Bei Beantwortung der Frage nach Stand, Beruf oder Erwerbszweig endlich sollte ein Doppeltes angegeben werden, nämlich 1) unter möglichst genauer Bezeichnung der Art der Thätigkeit (Zweig des Handwerks, der Fabrikation, des Handels u. s. w.) derjenige Stand, Beruf, Erwerbs- oder Nahnmgs- zweig, der die aJleinige oder hauptsächliche Berufs- oder Erwerbs- thätigkeit oder Einkommensquelle bildet, 2) die Stellung im Be- ruf, d. h. das geschäftliche Arbeits- oder Dienstverhältnis. Waren somit die Voraussetzungen für die Aufmachung speziell auch einer Arbeiterstatistik in nicht geringem Masse gegeben, so ist bei der Bearbeitung der Zählungsergebnisse doch weder davon Gebrauch gemacht, noch überhaupt eine Gliederung der Bevölkerung nach dem Beruf vorgenommen worden. Vielmehr sind sowohl die in einem besonderen Tabellenwerk enthaltenen — 121 — Tabellen wie cUe in einem erläuternden „Zweiten Abschnitt" ent- haltenen 37 Übersichten lediglich nach ganz allgemeinen demo- graphischen Gesichtspunkten (die Bevölkerung nach Geschlecht, Alter, Dichtigkeit, Eeligionsbekenntnis u. s. w.) angelegt, und fehlen selbst dort, wo die Bevölkerungsstatistik an andere Ge- biete der Statistik — wie in Tabelle 4 (Häuser und HaushaJtungen) an das der Wohnstatistik — angrenzt, so sehr alle beruflichen Unterscheidungsmerkmale, dass irgendwelche Vorstellung von der Bedeutung bestimmter Berufsklassen oder sozialer Schichten — auch nur in quantitativer Hinsicht — aus den gebotenen Zahlen nicht gewonnen werden kann. Mit einer einzigen Ausnahme gilt das soeben G^agte aber auch von der Bearbeitung der Ergebnisse der Zählung vom 2. Dezember 1895, bei der im wesentlichen dasselbe erfragt wurde wie am 1. Dezember 1890: so vor allem auch Hauptberuf oder -erwerb und Stellung im Hauptberuf. Wenn freilich in diesem Falle eine Ausbeutung der berufs- statistischen Daten nicht erfolgte, so ist dies zu verstehen, da eine solche angesichts der im selben Jahre 1895 vorgenommenen Berufs- und Cfewerbezählung entbehrlich erscheinen konnte. Immerhin gelangten anlässlich der Volkszählung vom 2. Dez. 1895 einige arbeitsstatistische Daten nicht nur zur Erhebung, sondern auch nachträglich zur Verarbeitung, und zwar bezogen sich dieselben auf die Frage der Arbeitslosigkeit. Fragen wir nunmehr, welche Bedeutung die Berufs- und Gewerbezählungen für die Gewinnung arbeitsstatistischen Materials gehabt haben, so dürfte es für unsere Zwecke genügen, hier nur die Resultate der Berufe- und Gewerbezählung von 1895 in Betracht zu ziehen, nicht nur, weil sich dieselbe nach Umfang und Methode eng an die 82er Zählung angeschlossen hat, sondern auch, weil an- zunehmen ist, dass, soweit sie eine Vervollkommnung gegen jene bedeutet, spätere berufs- und gewerbestatistische Aiäiahmen hinter den bisherigen Leistungen dieser Art jedenfalls nicht zurückbleiben werden. Wie schon der Name besagt, verfolgte nun die Zählung vom 14. Juni 1895 einen doppelten Zweck, indem sie einmal ein genaues Bild von der beruflichen Gliederung der Bevölkerung, zum anderen die Grundlagen für eine Statistik der gewerblichen und landwirtschaftlichen Betriebe liefern sollte. Diesen Zwecken dienten drei verschiedene Erhebungsformu- lare, eine Haushaltungsliste, ein Gewerbebogen und eine Landwirt- schaftskarte, von denen uns, da wir zuerst die Berufsstatistik auf ihren arbeitsstatistischen Inhalt hin untersuchen wollen, zu- nächst nur die Haushaltungsliste interessiert. — 122 — Eine solche erhielt jede Haushaltung, sowie jede einer solchen gleichzuachtende, einzeln lebende Person mit besonderer Wolmung und eigener Wirtschaft. In diese Liste war einzutragen fär alle in der Nacht vom 13. zum 14. Juni in der Wohnung des Haushaltungsvorstands anwesenden Personen: Vor- und Familienname, Verwandtschaft zum Haushaltungsvorstand oder sonstige Stellung in der Haushaltung, Geschlecht, Geburtstag, -monat und -jähr, Familienstand, Eeligionsbekenntnis, Berufiszweig (hauptsächliche oder alleinige Erwerbsquelle), Stellung im (Sbiupt-) Beruf, Nebenberuf (-erwerb) und Stellung darin. — Femer war anzugeben von selbständigen Gewerbetreibenden, Hausindnstriellen und Heimarbeitern: a) ob das Geschäft im Umherziehen als Hausierer, ob es vorwiegend in der eigenen Wohnung für ein fremdes Greschäft (zu Hause für fremde Bechnung) betrieben wird, b) ob das Geschäft mit mindestens einem Gehülfen, Lehr- ling, sonstigen Arbeiter u. s. w. oder mitthätigen Mit- inhabern oder miterwerbenden Familienangehörigen be- trieben wird, c) ob im Betriebe verwandt wird Umtriebsmaschine, bewegt durch Wind, Wasser u. s. w. Endlich war anzugeben für männliche und weibliche Arbeiter, Dienstboten, Gesellen und sonstige Arbeitnehmer: a) ob gegen- wärtig in Arbeit (Stellung); wenn nicht, b) seit wieviel Tagen ausser Arbeit (Stellung), c) ob ausser Arbeit (Stellung) wegen vorübergehender Arbeitsunfähigkeit. Ersehen wir schon daraus, dass durch die Berufszählung vom 14. Juni 1895 noch in bedeutend höherem Masse als bei den Volkszählungen von 1890 und 1895 — reichlich Material zur Aufriachung auch einer besonderen Arbeiterstatistik gegeben war, so wird dies noch deutlicher, wenn wir uns vergegenwärtigen, welch reiche Gliederung und Differenzierung man sowohl bei der Auftiahme, wie bei der späteren Aufbereitung des Urmaterials in Bezug auf den Beruf, wie die Stellung im Beruf hatte eintreten lassen. — So waren bekanntlich unterschieden worden 5 Berufs- abteilungen, 25 Berufsgruppen und 207 Berufsarten. Hinsichtlich der Stellung im Beruf aber hatte man sich nicht damit begnügt, die Erwerbsthätigen bei den einzelnen Berufsarten der Berufs- abteilungen A, B und C einzuteilen in die Gruppen: a) Selbständige (Eigentümer, Inhaber, Handwerksmeister, Unternehmer u. s. w.), b) das wissenschaftlich, kaufmännisch oder technisch gebildete Verwaltungs- und Aufsichts-, sowie das Bechnungs- und Bureaupersonal, c) sonstige Gehülfen, Lehrlinge, Fabrik-, Lohn- und Tag- arbeiter, inkl. die im Gewerbe thätigen Familienangehörigen und Dienenden, — 123 -- sondern man hatte f&r die diesen Gruppen zugehörige Personen noeh weitere Unterscheidungen gemacht. — Wir erwälmen von ihnen hier nur diejenigen, welche uns vom Gesichtspunkte der Arbeiterstatistik aus interessieren. — Allein auch deren sind übergenug. So werden die Erwerbsthätigen der Gruppe c noch weiter eingeteilt: bei AI (Landwirtschaft) in: Ci Familienangehörige, die in der Wirtschaft des Haus- haltungsYorstands thätig sind, Cs landwirtschaftliche Knechte und Mägde, C3 landwirtschaftlidie und sonstige Arbeiter, mit eigenem oder gepachtetem Land, C4 desgleichen ohne eigenes oder gepachtetes Land; bei A2 (wie bei B 1—160) in: Ci Familienangehörige, die im Betriebe ihres Haushaltungs- vorstands thätig, aber nicht eigentliche Gewerbsgehfilfen sind, Cjfr. des^eichen, soweit zu Hause für fremde Rechnung tiiätig, Ca Gesellen, Lehrlinge und sonstige Arbeiter für Dienst- leistungen, zu welchen in der Begel eine Vorbildung nicht erforderlich ist, c«ft. entsprechend Cifr., C3 andere Hülfspersonen (Handarbeiter, Handlanger, sonstige Arbeiter für Dienstleistungen, zu welchen in der Eegel eine Vorbildung nicht erforderlich ist); bei C 1—10, 13—21 (Handels-, Versicherungs- und Verkehrs- gewerbe) in: Ci Familienangehörige, die im Betriebe ihres Haushaltungs- vorstands thätig, aber nicht eigentliche Handlungs- gehülfen sind, Ca Handlungsgehülfen und Kommis in Ladengeschäften, Verkäufer, Ladendiener, -mädchen, Lehrlinge, C3 andere Hülfspersonen (Packer, Hausdiener u. s. w.); bei C22 (Gast- und Schankwirtschaft) in: Ci Familienangehörige, die im Betriebe ihres Haushaltungs- vorstands thätig, aber nicht eigentliche Gewerbsgehülfen sind, C2 Oberkellner, Kellner, Kellnerinnen, auch Lehrlinge, Cs andere Hülfspersonen (Hausdiener, Hausknechte u. s. w.). Unsere Aufgabe wird es nun sein, festzustellen, in welchen der ebenso zahlreichen, wie mannigfaltigen Zahlenkombinationen, die auf Grund des gewonnenen Materials vorgenommen wurden, die Arbeiterbevölkerung, d. h. die c-Personen bezw. die Ci-, c,- u. s. w.- Personen besonders zur Nachweisung gelangen. — Thun wir dies, indem wir jeweils zuerst die den Stand, sodann die, die Be- — 124 — wegung der Arbeiterbevölkerung charakterisierenden Daten mit- teilen und dabei vom geographisch weiteren Begriff zum engeren fortschreiten, so ergiebt sich uns das folgende Bild: Die Beteiligung der Arbeiter an den einzelnen Berufen. Stand: Die in jeder Berufsabteilung und Beru&art a) haupt- beruflich, b) nebenberuflich erwerbsthätigen c-Personen (f&r das Beich auch Cj-, c^- u. s. w.-Personen) : 1. für das Beich a) m. w. Sp. 1\ . .^^ ^ b) m. w. Sp, 8/ ^'^^"^'^ 2. für die Bundesstaaten a) m. w. Sp. 1 \ ^ .^- -^- b)m.w. Sp. 11/ ^-^^^^ 1^^- 3. fOr die Grossstädte a) m. w. Sp. 1 \ . .^„ b) — Sp. 11/ ^•^"^• 4. för die (5) unterschiedenen/ a) m. w. Sp. ll - .-^ — Sp. 6 / OrtsgrOssenklassen i» (absolut). a) pro 1000 b) pro 1000 Für das Beich 111, Ü. 8, S. 50* ff. (Sp. 1, 2, 3, 4). Die c-Personen der einzelnen Berufsarten: 1. Erwerbsthätige (inkl. be- rufslose Selbständige), 2. der Bevölkerung, 1. Erwerbsthätige der betr. Berufisart, 2. Erwerbsthätige, Dienende und Angehörige der betr. Berufsart (relativ). Die c-, auch Ci-, Cg- u. s. w.-Personen nach Berufsabteilungen und (Gruppen a) (absolut), soweit sie in dem betr. Beruf erwerbsthätig sind: 1. hauptberuflich (m. w.), 2. nebenberuflich (m. w.), b) relativ, d. h. unter 1000 m. (w.) haupt- (neben-)erwerbsthätigen Personen be- finden sich: 1. m. (w.) C-Personen, 2. haupt-(neben-)erwerbsthätige c- (auch Ci-, Ca- u. s. w.-) Personen. ^) Hier wie im folgenden bezeichnen die dreisteUigen Z&hlen den ent- sprechenden Band der Statistik des Deutschen Reiches, 'S, F., die einsteUigen Zahlen — wenn nichts anderes bemerkt ist — die Nummer der entsprechenden Tabelle. Für das Beich 111, Ü. 14, S. 140* ff. 125 — Die gelernten (Cj- und Ca fr.-) und ungelernten (C3-) Arbeiter und Arbeiterinnen der einzelnen Be- rufsgruppen und -arten der Berufsabteilungen B und C (Handel und Industrie): a) absol. (darunter besonders: der Anteil der m. und w. c, fr.-Personen an der EHasse der c-Personen), b) relativ, d. h. auf 100 Cg-Personen kommen Cs-Personen (m. w.). Die erwerbsthätigen c-, Ci-, Cj- u. s. w.-Per- sonen der Berufsabteilungen A, B, C mit den zu- gehörigen Dienenden und Angehörigen a) absolut, b) relativ, d. h. von 1000 Erwerbsthätigen jeder Berufsabteilung sind c-, Ci, Cg- u, s. w.-Personen. Bewegu/i^g. Die m. und w. c-Personen der Berufsabtei- lungen A— C im Jahre 1895 und 1882 a) absolut, b) relativ, d. h. unter 100 m. (w.) Erwerbs- thätigen jeder Berufsabteilung sind m. (w.) C-Personen. Die C-Personen der Berufisabteilungen A— C im Jahre 1895 und 1882 a) absolut, b) relativ, d. h. von 100 m. (w.) c-Personen jeder Berufsabteilung entfallen auf Stadt und Land. Die m. (w.) erwerbsthätigen c-Personen nach Berufsgruppen der Abteilungen A, B und C im Jahre 1895 und 1882 a) absolut, b) relativ, d. h. unter 100 m. (w.) Er- werbsthätigen* sind m. (w.) c-Personen. Die erwerbsthätigen c-Personen der Berufs- gruppen I— XXTT (Abteilungen A— C) im Jahre 1895 und 1882 a) absolut, b) relativ, d. h. unter 100 Erwerbsthätigen jeder Berufsgruppe undOrtsgrössenklasse sind C-Personen, Die m. (w.) hauptberuflich erwerbsthätigen c- (auch cfr.-) Personen jeder Berufsart im Jahre 1895 und 1882 absolut. Für das Keich Bd. 111, S. 77. Für Bundes- staaten und Landesteile 111, Ü. 16, S. 170*. Für Bundes- staaten und Landesteile 111, Ü. 15*, S. 148*. In Stadt und Land Bd. 111, S. 98 ff. Für das Reich Bd. 111, S. 64/65. in Stadt und Land 111, Ü. 17, S. 184*. Für das Reich 111, Ü. 7, S. 20*ir. — 126 — Die c-Personen in den Bernfsaiien der Ab- teilangen A, B und C hinsichtlich ihrer prozentualen Zu* oder Ab- nahme in jeder Berufsart 1882. FQr das Beieh Bd. 111, 8. 68—70. Die Beteiligung der Arbeiterinnen an den einzelnen Berufen. Stand: Die Zahl der (weiblichen) Ci-Personen, wie der c,-, Cg- und C4-Personen in jeder der Berufsabteilungen A, B, C, D, E und G. — Bd. 111, S. 204. Die Zahl der (weiblichen) c-Personen in den einzelnen Be- rufsgruppen (I— XiH). — Bd. 111, S. 206. Der relative (pro Mille) Anteil der (weibliehen) c-Personen an der Zahl der c-Personen (überhaupt) in jeder Berufsart. — Bd. 111, S. 207—210. Bewegung : Das Verhältnis der weiblichen zu den männlichen C-Personen jeder Berufsabteilung — 1882 und 1895. — Bd. 111, S. 205. Haupt- und Nebenerwerb der Arbeiter. Stand: Die hauptberuflich Erwerbsthätigen jeder Berufs- abteilung und -art, die nodi einen Nebenberuf haben: 1. für das Reich — 1.102, Sp. 1 und 6 (m. w.), 2. für die Bundesstaaten — 1.104, 105, Sp. 9 bezw. 1 und 9, 8. für die Grossstädte — 1.107, Sp. 9 bezw. 1 und 9, 4. für jede der unterschiedenen (5) Ortsgrössenklassen — 1.110, Sp. 5 bezw. 1 und 5 (absolut). Die hauptberuflich Erwerbsthäti£ren jeder Berufsabteilung und -art, die Nebenberuf in der Landwirtschaft (A 1) haben: 1. für das Beich — 1.102, Sp. 7 bezw. 1 und 7 (m. w.), 2. fdr die Bundesstaaten — 1.104, 105, Sp. 10 bezw. 1 u. 10, 3. für die Grossstädte - 1.107, Sp. 10 bezw. 1 und 10 (absolut). Die männlichen und weiblichen hauptberuflich erwerbsthätigen c- und cfr.- (bei A 1 auch Cj-, c,-, C3-, C4-) Personen jeder Be- rufsart mit: a) Nebenerwerb, b) Nebenerwerb in der Landwirtschaft unter 1000 hauptberuflich Erwerbsthätigen jeder Berufsart über- haupt. — 111, Ü. 21, S. 200*. Die C-Personen mit a) Nebenerwerb überhaupt, b) Nebenerwerb in der Landwirtschaft pro 100 erwerbsthätige c-Personen jeder Bemfsart. — Bd. 111, S. 109—112. — 127 — Bewegung: Die hauptberoflicli erwerbsthätigen c- (auch cfr.-) Personen der Bernfsgruppen I— XXTI (Abteflungen A— C) 1. mit Nebenerwerb insbesondere in der Landwirtschaft, 2. die in ihrem Nebenerwerb selbständig bezw. anselbst- ständig sind, 3. die in ihrem landwirtschaftlichen Nebenerwerb selbständig bezw. unselbständig sind. a) absolut, b) relativ, d. h. von 100 erwerbsthätigen c-Personen jeder Bemfsgrnppe 1. haben Nebenerwerb insbesondere in der Landwirt* Schaft, 2. sind in ihrem Nebenerwerb selbständig bezw. un- selbständig, 3. sind in ihrem landwirtschaftlichen Nebenerwerb selbständig bezw. unselbständig 1895 und 1882. — 111, Ü. 18, S- 188*. Die hauptberuflich erwerbsthätigen c- (auch cfr.-) Personen jeder Berufsart mit Nebenerwerb a) absolut, b) relativ, d. h. unter 1000 hauptberuflich Erwerbsthätigen sind nebenerwerbsthätige c-Personen 1895 und 1882. — 111, Ü. 20, S. 193*. Die Arbeiter nach Alter und Beruf. Stand: Die männlichen und weiblichen haupt- beruflieh erwerbsthätigen c- (auch Ci-, c^- u. s. w.-) Personen jeder Berufsabteilung und Berufsart im Alter von Jahren 1. unter 12, 2. 12 bis unter 14, 3. 14 „ „ 16, 4. 16 „ „ 18, 5. lo „ „ 20, 6. 20 ., „ 30, n 7. 30 bis unter 40, 9. 50 „ „ 60, 10. 60 „ „ 70, 11. 70 und darüber (absolut). Die männlichen undweiblichen erwerbsthätigen EJnder (Personen unter 14 Jahren) und Greise (Personen von 70 Jahren und darüber) jeder Be- rufsart (absolut). Die Erwerbsthätigen der Berufsabteüungen A— C (zusanunen) nach 11 Altersklassen a) absolut, b) relativ, d. h. pro 100 erwerbsthätige c- Personen gehören zu jeder Altersklasse. Für das Reich 6.103. Für das Reich 111, Ü. 30, 8. 260* Für Bundes- staaten und LandesteUe 111, Ü. 34, S. 311*. - 128 Die e-Personen in der Landwirtschaft, der Industrie, im Handel und Verkehr nach 11 Alters- klassen a) absolut, b) relativ, d. h. 1. von 100 erwerbsthätigen c-Personen kommen auf jede Altersklasse, 2. von 100 Erwerbsthätigen jeder Alters- klasse sind c-Personen. Die m. (w.) erwerbsthätigen c- (auch c j- u. s. w.-) Personen der einzelnen Berufsarten nach 8 Alters- klassen pro 1000 m. (w.) erwerbsthätige c- (bezw. Ci- u. s. w.-) Personen jeder Bemfsart. Bewegimg \ Die männlichen und weiblichen Arbeiter der Landwirtschaft, der Industrie, des Handels nach 11 Altersklassen a) absolut, b) relativ, d. h. von 100 m. (w.) Arbeitern kommen in jeder der 3 Berufsabteilungen auf die einzelne Altersklasse m. (w.) Arbeiter. Für das Beich Bd. 111, S. 146 ff. Pttr das Reich . 111, Ü. 29, S. 242*. Für das B^ich Bd. 111, S. 148/49. Die Arbeiter nach Familienstand und Beruf. SUmd: Die männlichen und weiblichen haupt- berufUch erwerbsthätigen c- (auch Cj-, c^- u. s. w.-) Personen jeder Berufsabteilung und Berufsart a) nach dem Familienstand, b) nach Alter und Familienstand, mit Unter- scheidung von 9 Altersklassen (absolut). Die 16 Jahre und ftber 16 Jahre alten Er- \ werbsthätigen der Berufsabteilungen A— C (zu- sammen) nach dem Familienstand a) absolut, • b) relativ, d. h. von 100 erwerbsthätigen C-Personen sind ledig, verh., verw. Ffir das Beich 7.103. Für Bundes- staaten und Landesteile 111, Ü. 36, S. 316*. Bewegung: Die männlichen und weiblichen Erwerbsthätigen der Berufeabteilungen A, B, C nach dem Familienstand 1895 und 1882 a) absolut, b) relativ, d. h. von 100 m. (w.) jeder Be- rufsabteilung sind m. (w.) verh., nicht verh. Für das Beich Bd. 111, S. 161/62. — 129 — Für die Bandesstaaten 2.106, nnd Grossstädte 2.108. Fflr das Beich 111, Ü. 27, S. 222*. Die Arbeiter nach Alter, Familienstand und Beruf. Sland: Die männlichen und weiblichen haupt- beruflich Erwerbsthätigen jeder Berufsabteilung und Bemfsgmppe, welche sind: a) im Alter von . . . (Unterscheidung von 11 Altersklassen), b) nach dem Familienstand: 1. ledig, 2. verh., 3. verw. oder gesch. (absolut). a) Die led., verh., verw. m. (w.) c-Personen jeder Berufsabteilung pro 1000 zu Klasse c gehörige Erwerbsthätige, Dienende und Angehörige im Alter von 16 Jahren und darüber, b) die led., verh., verw. c-Personen jeder Berufsabteilung im Alter von 16—20, 20—30, 30—40, 40—50, 50—60, 60—70, 70 und mehr Jahren pro 1000 zu Klasse c gehörige Erwerbsthätige jeder Berufs- abteilung und Altersklasse, c) die verh. m. (w.) c-Personen jeder Berufs- abteilung pro 1000 zu Klasse c gehörige Erwerbsthätige jeder Altersklasse. (relativ). Die m. (w.) erwerbsthätigen c- (auch Ci-, c,- u. s. w.-) Personen jeder Berufsart, welche led., verh., verw. oder gesch. sind pro 1000 m. (w.) erwerbsthätige c- (cj-, c,- u. s. w.-) Personen, und zwar in den Altersklassen: 16—30, 30—50, 50 und mehr Jahren. (relativ). Bewegung: Die m. (w.) verh. und nicht verh. Erwerbsthätigen jeder Berufsabteilung und Berufs- gruppe (A— C) im Alter von unter 30, 30 — 50, 50 und mehr Jahren a) absolut, b) relativ, d. h. 1. in jeder der 3 Altersklassen sind von 1000 m. (w.) erwerbsthätigen c-Per- sonen jeder Berufsabteilung und Be- rufsgruppe m. (w.) verh. und nicht verh. 2. in jeder der 3 Altersklassen kommen von 1000 m. (w.) verh. und nicht verh. I^erbsthätigen auf jede Berufsab- teilung und Berufsgruppe m. (w.) verh. (nicht verh.) c-Personen. Dreydorff, Ein deatacfaes BeiohBarbeiteamt. Fflr das Beich 111, Ü.31, S.268*. Für das Beich 111, Ü. 28, S. 224*. — 130 Einige besondere Arbeiterkategorien nach Alter und Familienstand. Es handelt sich hier um die Angehörigen einiger Berufe, deren Ausübung in verschiedenen Erwerbszweigen vorkommt; von ihnen sind speziell für uns von Interesse 1. die Maschinisten und Heizer, 2. die Fuhrleute und Kutscher, — Personen, die zur Klasse der sonst unter c gezählten Arbeiter gehören. Stand: Es waren von den in den genannten^ Berufen hauptberuflich erwerbsthätigen männlichen und weiblichen Personen a) im Alter von . . . (Unterscheidung von 11 Altersklassen), b) dem Familienstande nach : led., verh., verw. oder gesch., c) nach Alter und Familienstand: led., verh., verw. oder gesch. in jeder der unter- schiedenen (9) Altersklassen. (absolut). Für die Bundesstaaten 3.106, für die Grossstädte 3.108, für das Beich 8 a, b, 103. Die Arbeiter nach Beligionsbekenntnis Von den männlichen und weiblichen haupt- beruflich Erwerbsthätigen jeder Berufisabteilung und Gruppe sind: 1. Evangel. Christen, 2. kathol. Christen, 3. andere Christen, 4. Israeliten, 5. Bekenner anderer Beligionen (absolut). Von 100 erwerbsthätigen c-Personen jeder Berufsabteilung (A, B, C, D—F), G (Dienstboten) sind: a) evangelisch, b) katholisch, c) israelitisch. und Beruf. Für das Beich 9.103, fOr die Bundesstaaten 5.106. Für Staaten und Landes- teile 111,Ü. 37, S. 318*. Die Arbeiter nach ihrer Belastung (Familienangehörige bezw. Familienangehörige und Dienende). Stand: Die zu den m. (w.) hauptberuflich Erwerbsthätigen jeder Berufsabteilung und -art gehörigen Dienenden und An- gehörigen (ohne Hauptberuf) im Reiche 1.102, Sp. 1, 2 und 3, in den Bundesstaaten 1.104, 105, Sp. 1, 2 und 3, in den Grossstädten 1.107, Sp. 1, 2 und 3, in jeder der 5 (unterschiedenen) Ortsgrössenklassen 1.100, Sp. 1, 2 und 3 (absolut). Die auf 100 Erwerbsthätige und berufslose) Selbständige der einzelnen Berufsarten entfallenden a) Dienenden für häusliche Dienste, b) Angehörigen (relativ). Für das Beich 111, Ü. 8, Sp. 5, 6. S. 50*. — 131 Für d^ Beich 6.108. Für das Eeich Bd. 111, S. 187. Für die Bundesstaaten 2.106, für die Grossstädte 2.108. Die anf die männlichen and weiblichen haupt- beruflich erwerbsthätigen c- (auch Ci-, c,- u. s. w.-) Personen jeder Berufsabteiluug und -art entfallenden Angehörigen im Alter von a) unter 14 Jahren, b) 14 Jahi*en und darüber (absolut). Die in jeder Berufsabteilung auf 100 erwerbs- ' thätige c- Personen beiderlei Geschlechts ent- fallenden Angehörigen im Alter von a) unter 14 Jahren (m. w.), b) von 14 Jahren und darüber (m. w.). Die auf die männlichen und weiblichen haupt- beruflich Erwerbsthätigen jeder Beru&abteilung und -gruppe entfallenden männlichen und weib- lichen Angehörigen im Alter von a) unter 14 Jahren, b) 14 Jahren und darüber. Bewegung: Die Angehörigen (auch Dienenden) der männlichen und weiblichen hauptberuflich Erwerbsthätigen der einzelnen Be- rufearten 1895 und 1882 (absolut). — 111, Ü. 7.20 ff. Die (hauptberuflich) nicht erwerbend thätigen männlichen und weiblichen Angehörigen a) unter 14 Jahren, b) von 14 Jahren und darüber im Ver- hältnis zu den Erwerbsthätigen a) absolut, b) relativ, d. h. auf 100 erwerbsthätige c- Personen jeder Berufsgruppe entfallen Angehörige von a) unter 14 Jahren (m. w.), b) 16 Jahren und darüber (m. w.). Die beschäftigungslosen Arbeitnehmer am 14. Juni und 2. Dezember 1895. SUmd: Die Beschäftigungslosen (Gesamtzahl) in ^ den einzelnen Bundesstaaten und Landesteilen a) absolut, b) relativ, d. h. in Prozent der Einwohner. Alter und Familienstand. Es waren unter den männlichen und weiblichen arbeitslosen c-Per- sonen jeder Berufeart a) im Alter von ... (5 Altersklassen), b) dem Familienstande nach — led., verh., verw. oder gesch. c) Haushaltungsvorstände, d) es gehörten zu den sub c) aufgeführten Personen im Ganzen 1. Ehefrauen, 2. Kinder unter 14 Jahren, 3. sonstige Familienangehörige (absolut). Für das Reich 111, Ü. 38, S. 324*. Bd. 111, S. 259. Für das Reich 5,2. 102. — 132 — Bd. 111, S. 253. Alter der Beschäfügungslosen — nach Be- rofsabteilimgen nnd -gruppen a) absolut, b) relativ, d. h. 1. von 100 Beschäftigungslosen entfallen auf die einzelnen Altersklassen, 2. von 100 Arbeitnehmern jeder Klasse sind arbeitslos. Familienstand der männlichen und weiblichen Beschäftigungslosen nach Beru&abteilungen und -gruppen a) absolut, b) relativ, d. h. 1. von 100 Beschäftigungslosen sind . . . 2. von 100 Arbeitnehmern . . . Die beschäftigungslosen Haushaltungsvorstände mit ihren nicht erwerbsthätigen Angehörigen nach Beruüsabteilungen und -gruppen. — Bd. 111, S. 258 (absolut). Dauer und Grund der Arbeitslosigkeit. Bd. 111, S. 254/56. Von den männlichen und weiblichen Arbeits- losen jeder Berufsart (im Reiche und in den einzelnen Grossstädten), bezw. jeder Berufsabteilung (in den Bundesstaaten und jeder Ortsgrössenklasse) waren a) wegen vorübergehender Arbeitsunfähigkeit, b) aus anderen Gründen — beschäftigungslos seit: 1 Tag, 2—7, 8—14 u. s. w, (absolut), Dauer der nicht durch Krankheit veran- lassten Arbeitslosigkeit nach Berufsabteilungen und -gruppen a) absolut, b) relativ, d. h. von 100 Beschäftigungslosen waren ohne Arbeit seit . . . Tagen. Grund der Arbeitslosigkeit nach Berufsarten a) absolut, b) relativ, d. h. pro 100 am 14. Juni 1895 vorhandene Arbeitnehmer waren . . . Grund der Arbeitslosigkeit a) absolut, 1. der Beschäftigungslosen der Abtei- lungen A — D (zusammen), 2. der Arbeiter der Abteilungen A — ^D (zusammen), b) relativ, d. h. von den Arbeitern, die es am 14. Juni 1895 gab, waren beschäfti- gungslos wegen . . . Für das B^ich 5.102, für die Bundes- staaten 7.106, Grossstädte 5.108, (3) Orts- grössenklassen 2.110. Bd. '111, S. 251. 111, Ü. 42, S. 339*. Für Bundes- staaten und Landesteile Bd. 111, S. 259. — 133 — Was speziell die haasindiistriellen Arbeiter, d. h. die Cg fr.- Personen betrifft, soweit dieselben besonders zur Nachweisnng gelan^n, so begnägen wir uns, auf die einschlägigen Tabellen und Übersichten der Berufs- und Gewerbezählungsstatistik selbst zu yerweisen.^) — Wir thun dies einmal deshalb, weil die Zahl der ermittelten Cj fr.-Personen wahrscheinlich wesentlieh hinter der Wirklichkeit zurückbleibt (vgl. Bd. 119, S. 222), zum andern, weil uns for die quantitatiye Feststellung der hausindustriellen Arbeiter die blosse „Stellung im Beruf' ein unzureichender Mass- stab zu sein scheint. — Wir glauben nämlich, dass sich unter den hausindustriellen „Selbständigen^ eine grosse Zahl solcher Personen befindet, die nominell zwar zur Klasse der cfr.-Personen gehören, wegen ihrer thatsächlich durchaus abhängigen Stellung, wie ihrer ganzen wirtschaftlichen und sozialen Lage nach aber durchaus zur Klasse der c-Personen zu rechnen sind. Fügen wir zu der im Obigen gegebenen Zusammenstellung der für die arbeitende Bevölkerung gelieferten Nachweise die Bemerkung, dass die für die c- (bezw. auch Ci-, c,- u. s. w.-) Personen gegebenen Zahlen und Zahlenkombinationen natürlich auch for (Üe sozialen Klassen der Selbständigen (a-Personen) und Angestellten (b-Personen) yorliegen, durch sie aber erst ein Ur- teil über die relative Bedeutung der für die soziale Klasse der c-Personen ermittelten Ziffern möglich wird, so ist es klar, dass das, was die Berufszählung von 1895 in arbeitsstatistischer Hin- sicht geleistet hat, von ausserordentlichem Werte ist. Nicht das Gleiche lässt sich von der eng mit der 1895 er Beru&zäUung verbundenen Gewerbezählung und der Statistik der landwirtschaftlichen Betriebe behaupten, sofern die Ergebnisse dieser beiden Au&ahmen sehr wohl in höherem Masse arbeits- statistischen Zwecken hätten dienstbar gemacht werden können, als dies thatsächlich geschehen ist. Denn wenn sich, zwar nicht als Zweck der G^werbezählung, so doch als eines ihrer Ergebnisse die Verteilung der erwerbs- thätigen Personen auf die vorhandenen Gewerbebetriebe darstellt, so ist bei der nötigen Spezialisierung des Betriebspersonals auch Au&chluss über die, flir die Arbeiterstatistik nicht unwichtige Frage zu erhalten, in welcher Weise sich die arbeitende Be- völkerung der einzelnen Berufe auf die vorhandenen Betriebs- formen und Betriebsgrössenklassen verteilt. Wiewohl nun, wenigstens für die gewerblichen Arbeiter, das dazu erforderliche Material vorhanden war, ist eine Verarbeitung desselben in dem eben angedeuteten Sinne nicht erfolgt. — Soweit in den tabellarischen Zusammenstellungen auch eine Zerlegung des Gewerbepersonals in „Inhaber und sonstige Geschäftsleiter", >) Es kommen als solche in Betracht: in Bd. 111, Tab. S. 219, 221, Bd. 113, Tab. 9, Bd. 119, Tab. 8 u. 9, Übers. 19 (S. 212*), Übers. 20 (S. 215*), Tab. S. 193. — 134 — „Verwaltungs-, Kontor- und Boreaupersonal^, „Technisches Auf- sichtspersonal^, „sonstige Gehälfen und Arbeiter'' stattgefunden hat, sind nämlich die, mehrere Betriebszweige in sich ver- einigenden Gesamtbetriebe in der Hauptsache nicht als solche zur Darstellung gekommen, sondern die einzelnen Betriebszweige bei derjenigen G^werbeart nachgewiesen worden, zu welcher sie — für sich betrachtet, gehören. Soweit es sich aber um die für unsere Zwecke allein brauch- bare Darstellung der Gesamtbetriebe handelt, ist eine Zerlegung des Personals auch nur in Angestellte und Arbeiter unterblieben. So wenig darum auch diese zweite Form der Darstellung unseren Ansprächen zu genügen vermag, so werden die betreffenden Übersichten für die Beantwortung der Frage, in welchem Masse die Arbeiter in den einzelnen Gewerben a) an den verschiedenen Betriebsformen, b) an den verschiedenen Betriebsgrössenklassen beteiligt sind, doch wenigstens einen ungefähren Anhalt zu bieten vermögen. Mit der hierdurch gekennzeichneten Einschränkung ihres Wertes für die Zwecke der Arbeiterstatistik, kommen danach von der Statistik der Gewerbebetriebe für uns in Frage a) die Tabellen 16. Bd. 113, 5. Bd. 115, 5. Bd. 116, b) die Tabelle 5. Bd. 113. Von ihnen behandeln die Tabellen 16.113 (für das B^ich i. G.), 5.115 (für die Bundesstaaten), 5.116 (für die Grossstädte) „die üntemehmungsform der Gewerbebetriebe'^ (unter Zählung der Gesamtbetriebe als Betriebseinheiten) nach Gewerbeabteilungen, -gruppen und -Massen und kommen, mit Unterscheidung der Be- trieb^nhaber (Einzelinhaber, mehrere Gesellschafter, Vereine, Kommandit-, Aktiengesellscheften u. s. w.) für die GehüUen- betriebe die Zahlen der unter jene Kategorien fallenden „Be- triebe" wie „Personen" zur Nachweisung. Erhalten wir durch diese Tabellen aber von der Verteilung des „Gewerbepersonals" auf die Grössenklassen der Betriebe innerhalb jeder (rewerbeabteilung, -gruppe und -klasse keine oder doch nur eine selu* unbestimmte Vorstellung, so wird uns diese — zwar nur für das Beich im Ganzen, a^r doch wieder für die einzelnen Gewerbeabteilungen, -gruppen und -klassen — vermittelt durch Tabelle 15, Bd. 113, in der 5 Grössenklassen der Gehülfenbetriebe ((Jehttlfenbetriebe bis mit 5, 6—20, 20—100, 100—1000, über 1000 Personen) unterschieden und für jede der- selben die Gesamtzahl der auf sie entfallenden „Betriebe" und „Personen" (auch Pferdestärken) mitgeteilt werden. In geringerem Masse noch als die gewerbestatistischen Nach- weise lassen sich diejenigen der landwirtschaftlichen Betriebs- aufhahme fOr die Zwecke der Arbeiterstatistik heranziehen. So ist es vor allem bedauerlich, dass, weil eine Frage nach dem landwirtschaftlichen Betriebspersonal in der Landwirtschaftskarte nicht vorgesehen war, auch von einer Verteilung desselben, in- — 135 — Sonderheit der landwirtschaftlichen Arbeiter auf die einzelnen Betriebe und Betriebsgrössenklassen nicht die Rede ist.^) Soweit es sich in der Statistik der landwirtschaftlichen Be- triebe aber überhaupt nm landwirtschaftliche Arbeiter handelt, werden dieselben nur als Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe nachgewiesen. Es geschieht dies einmal in der Tabelle 5. Bd. 112, in der, unter Unterscheidung von 8 Betriebsgrössenklassen, eine Über- sicht über die Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe nach ihrem Hauptberuf gegeben wird, zum andern in einer SpezialÜbersicht, Bd. 112, S. 49*, welche über die Stärke Auskunft giebt, in welcher die in der Landwirtschaft hauptberuflich erwerbsthätigen „Unselbständigen^ — also auch Eiiechte, Mägde, Tagelöhner und Arbeiter — unter den Inhabern der nach 17 Grössenklassen geschiedenen landwirtschaftlichen Betriebe vertreten sind. Endlich sei noch eine Bd. 112, S. 49* gebotene kleine Über- sicht erwähnt, bei der es sich jedoch nicht um landwirtschaft- liche, sondern industrielle Arbeiter handelt; nämlich soweit die- selben als landwirtschaftliche Betriebsinhaber in Frage kommen. Wir erfahren hier, wie sich diese Arbeiter auf die unterschiedenen 12 Betriebsgrössenklassen, und zwar a) absolut, b) relativ, d. h. in Prozenten sämtlicher landwirtschaftlichen Betriebsinhaber, ver- teilen. § 0. Die Arbeiter -Yersicheningsstatistik. Da zu den mancherlei Funktionen, welche die mit der Durch- führung der Arbeiter-Yersicherungsgesetzgebung betrauten Organe zu erfUlen haben, auch die Ermittelung verschiedener, für die Gestaltung des Arbeiterlebens höchst wichtiger Thatsachen — wie Krankheit, Krankheitsdauer, Unfälle, Unfallfolgen, Invalidität, Tod — gehört, die hierüber gewonnenen Daten aber zur regel- mässigen Aufstellung grösserer ZsJilennachweise benutzt werden, so liegt die Vermutung nahe, dass in diesen Nachweisen eine Menge für die Beurteilung der Arbeiterverhältnisse wichtigen arbeitsstatistischen Materials enthalten sei. Ob bezw. inwieweit nun diese Annahme gerechtfertigt ist, möge im folgenden für die einzelnen Zweige der Arbeiterver- sicherung untersucht werden. Wir beginnen zu diesem Zwecke mit der Statistik der Krankenversicherung, ^) Za antersuchen, ob oder inwieweit eine solche möglich ist, ist nicht unsere Aufgabe. Wir begnügen uns, nur darauf hinzuweisen, dass der Be- arbeiter der landwirtschafÜichen Betriebsstatistik die Aufnahme des landwirt- schaftlichen Betriebspersonals als unmöglich bezeichnet, während andere dieser Ansicht nur zum Teil zuzustimmen vermögen (Kollmann, Rauchberg). — 136 — wobei wir, wie später bei der Unfallversicherimg, der Alters- und Inyaliditätsyersicherang die Untersuchung auf die Nachweise in der heute für dieselben massgebenden Form der Darstellung beschränken. Wiewohl auf Grund von § 79 des Gesetzes über die Kranken- versicherung der Arbeiter vom 15. Juni 1883 schon seit 1885 durch das K. Stat. Amt jährlich eine einheitliche Zusammen- stellung und Verarbeitung der den Aufsichtsbehörden eingereichten Kassennachweise erfolgt ist, halten wir uns daher Mer nur an diejenige Bearbeitung der Statistik, wie sie infolge der Novelle vom 10. April 1892 und dadurch bedingter anderweitiger Be- stimmungen seit dem 1. Januar 1893 übUch ist. Danach werden uns in einem umfangreichen Tabellenwerke nun regelmässig Nachweise gegeben über: Zahl und Ausdehnung der Krankenkassen, Karenzzeit, Mitgliederzahl (Tabelle 1), Erkrankungsfälle, Krankheitstage, Sterbefölle (Tabelle 2), Einnahmen und Ausgaben, Beiträge und Kosten (Tabelle 3), Aktiva und Passiva (Tabelle 4), die finanzielle Lage der Krankenkassen (Tabelle 5), die statutenmässige Dauer der Krankenunterstntzung (Tabelle 6), das Prozentverhältnis der Beiträge und des Kranken- geldes zum Lohne (Tabelle 7). Schon aus dieser Zusammenstellung ist ersichtlich, dass die Krankenkassenstatistik im wesentlichen nur den rechnerischen Bedürfnissen der Verwaltung zu dienen bestimmt ist, und dass nur wenig in ihr enthalten ist, was als Gegenstand einer Arbeiterstatistik unser Interesse zu wecken vermag. — In diesem Sinne kommen für uns höchstens in Betracht die Nachweise über die Zahl, Ausdehnung und Mitgliederzahl der Krankenkassen (Tabelle 1), wie die über Erkrankungsfälle, Krankheitstage, Sterbefälle (Tabelle 2), über die Beiträge seitens der Arbeit- nehmer, über die Ausgaben der Kassen, sofern sie den Kassen- mitgliedem gewordene Hülfeleistungen darstellen (Tabelle 3), endlich über die Dauer der Krankenunterstützung (Tabelle 6). Allein bei allen diesen Nachweisen handelt es sich entweder nur um ganz summarische Zahlenangaben oder aber um blosse Durch- schnittsziffern, mit denen wenig oder nichts anzufangen ist. — So werden wir, wenn wir auch wissen, auf welche Personen- kategorien sich die Krankenversicherung erstreckt, wie hoch sich — sei es am Anfang oder Ende des Jahres, oder im Jahres- durchschnitt — die Mitgliederzahlen belaufen, von der Grösse des Nutzens, der der Arbeiterschaft aus dem Institut der Kranken- versicherung erwächst, jedenfalls keine deutliche Vorstellung er- halten. — Ebensowenig dürfte dies aber hinsichtlich des einzelnen Arbeiters oder der einzelnen Arbeiterfamilie der Fall sein, wenn — 137 — wir auch for jede Kassenart z. B. erfahren, wie sich die Krank- heitskosten Ar ein durchschnittliGh vorhanden gewesenes Mitglied, für einen Erkranknngsfall nnd Krankheitstag berechnen. Es bleibt nnsers Erachtens danach nnr noch die Frage übrig, ob bezw. inwieweit in den Nachweisen der Tabelle 2 vielleicht eine Art Morbiditäts- and auch MortaJitätsstatistik enthalten sei. — Diese Frage ist jedoch, wie wir sehen werden, zu verneinen. Soweit es sich um die Frage der Morbiditätsstatistik handelt, ist nämlich zunächst hervorziehen, (iass in jener Tabelle 2 gar nicht alle Erkrankungsfälle bezw. Krankheitstage, sondern nur die solcher Mitglieder zur Anrechnung kommen, für welche Aus- gaben für Krankengeld oder Ersatzleistungen an Dritte für ge- währte Krankenunterstützung gemacht worden sind. — Es fehlen also unter den Krankheitsfallen diejenigen, die keine Arbeits- unfähigkeit im Glefolge hatten und nur zur ärztlichen Behandlung oder Verordnung von Arzenei Anlass gegeben haben, unter den Krankheitstagen die innerhalb der statutenmässigen Karenzzeit liegenden, deren Dauer bei den einzelnen Kassen eine ganz ver- schiedene ist. Wollte man dessen ungeachtet insonderheit die Nachweisung der Exankheitstage als geeignete Unterlage für die Au&tellung einer Morbiditätsstatistik ansehen, so wäre weiter zu erinnern, dass, weil die Krankheitstage in Wirklichkeit nur Krankengeldtage bezw. Erankenanstaltstage bedeuten, die Unter- stützungsdauer der einzelnen Kassen aber eine ganz verschiedene ist, die Gesamtzahl der wirklich erduldeten Krankheitstage der Mitglieder überhaupt nicht mitgeteilt wird. Allein selbst wenn die für die Erkrankungsfälle, wie für die Krankheitstage erbrachten Zahlennachweise die eben erwähnten Mängel nicht besässen, so wäre doch nur wenig mit ihnen an- zufangen. Irgendwelche Vergleiche, z. B. über die verschiedene Krankheitsgeföhrdung der einzelnen Arbeiterkategorien (-Berufe) anzustellen, wäre darum ebensowenig möglich, wie etwa die Er- mittelung besonderer Berufskrankheiten; denn weder werden in den Kassennachweisen Angaben über den Beruf der einzelnen Kassenmitglieder verlangt, noch ist für die Erkrankungsfälle eine Unterscheidung nach Krankheiten oder auch nur gewissen Krank- heitsgruppen vorgesehen.*) Aber auch nur über die verschiedene Erankheitshäufigkeit wie Krankheitsdauer der beiden Geschlechter ist auf Grund des gebotenen Materials Zuverlässiges nicht in Erfahrung zu Es lässt sich zwar eine Thatsache wie die, dass die Baukrankenkassen trotz nur wenig längerer Unterstützungsdauer so viel mehr Krankheitstage auf- zuweisen haben als die Gemeindeversicherung, mit der grösseren Berufsgefähr- lichkeit der in den Baukrankenkassen versicherten Personen in Verbindung bringen. — Was jedoch die übrigen Kassen betrifft, so sind in ihnen meist so yiel verschiedene iBerufe vereinig, dass es nicht möglich ist, aus Name und Kassenart auch nur auf das Vorwiegen der einen oder anderen Berufsart zu schliessen. — 138 — bringen, da hierbei natürlich das Alter von weitreichendem Ein- flass ist, aber weder über dieses, noch also auch über die, ebenso wichtige Besetzung der yerschiedenen Altersklassen etwas be- kannt ist.^) So wenig sich aber die Nachweise über Erkrankungsfälle und Krankheitstage zur Aufstellung einer halbwegs brauchbaren Morbiditätsstatistik verwenden lassen, ebensowenig genügen die für die Sterbefälle mitgeteilten Zahlen zur Au&achung einer brauchbaren Mortalitätsstatistik. Denn abgesehen davon, dass eine solche für die Kranken- kassenmitglieder als solche, d. h. ohne [Jnterscheidung irgend- welcher Berufeabteilungen oder -gruppen verwandter Berufe, wenig für uns bedeuten könnte, vmrde sie schon allein deshalb ohne grossen Wert sein, weil wir über das Alter der Grestorbenen absolut nichts erfahren. Aber selbst wenn es möglich wäre, auf diese Kenntnis zu verzichten, so bliebe als letzter iJbelstand noch die UnVollständigkeit der in der Tabelle 2 über die Sterbefälle gegebenen Nachweise übrig. — Diese aber hat darin ihren Grund, dass eine ganze Anzahl Todesfälle erst nach Ablauf der Statuten- massigen Unterstützungsdauer sich ereignen und deshalb von Seiten der Kassen in der Regel auch nicht zur Anschreibung gelangen.^) — Darin könnte nun zwar seit dem Jahre 1893 eine Korrektur eingetreten sein, da durch § 20, Abs. 3 der Novelle vom Jahre 1892 bestimmt wurde: „verstirbt ein als Mitglied der Kasse Erkrankter nach Beendigung der Krankenunterstützung, so ist das Sterbegeld zu gewähren, wenn die Erwerbsunfähigkeit bis zum Tode fortgedauert hat, und der Tod infolge derselben Krankheit vor Ablauf eines Jahres nach Beendigung der Kranken- unterstützung eingetreten ist." — Indessen hat sich, wie es in den der Krsuikenkassenstatistik beigegebenen Erläuterungen ver- schiedentlich heisst, bisher nicht fes^bstellen lassen, dass diese Bestimmung die Höhe der Sterbeziffer irgendwie beeinflusst hätte ^) ; und muss nach einer für das Jahr 1892 angestellten Schätzung der nicht zur Anschreibung gelangten Sterbefälle angenommen werden, dass dieselbe auch jetzt noch eine sehr hohe ist.^) Abgesehen von dem Bericht über die finanziellen Verhältnisse haben die verschiedenen Organe der Elrankenversicherong nur mitzuteilen: die Zahl der männlichen und weiblichen Mitglieder, der EncrankungsfäUe , Krankheits- tage und Sterbefälle. ') Soweit dies aber geschieht, ist auch hierbei zu berücksichtigen, dass die Unterstützungsdauer der einzelnen Kassen eine verschiedene ist; weshalb unter sonst gleichen Umständen Ejissen mit längerer Unterstützungsdauer mehr, solche mit kürzerer weniger TodesföUe zu registrieren hätten. ») VgLStatistik des Deutschen Reiches, Bd. 78, S. XXX, Bd. 127, S. 19*. *) Danach hätten innerhalb des Personenkreises der Orts- und Betriebs- krankenkassen und der eingeschriebenen Hülfskassen 53321 berichteten Todes- fallen 54327 unberichtet gebliebene gegenübergestanden (Bericht über das Jahr 1892, S. XXXIV. — 139 — Wie die Ergebnisse der Ej*ankenyersicherang sind auch die- jenigen der Unfallversicherung Gregenstand einer statistischen Bearbeitung, die vom Reichs- yersicherungsamt nach Abschluss eines jeden Rechnungsjahres herzustellen und dem Reichstage vorzulegen ist. Regelmässig unter den Drucksachen des Reichstags unter dem Titel „Nachweisungen über die gesamten Rechnungsergeb- nisse der Berufsgenossenschaften u. s. w." erscheinend, besteht diese Publikation in der Hauptsache aus einem umfangreichen Tabellenwerke, in welchem für jede der drei Gruppen von Un- fall -Versicherungsorganen — 1. Berufsgenossenschaften, 2. Aus- fnhrungsbehörden, 3. Versicherungsanstalten der Baugewerks- Berufsgenossenschaften — besonders, berichtet wird über: I. Organisation, n. Ausgaben und Einnahmen, m. Unfälle. Vorausgeschickt finden wir diesem Tabellenwerk I. eine auszugsweise Zusammenstellung der ihm entnommenen wichtigsten Zahlen, n. drei kleinere Übersichten, von denen enthält: Übers. 1 Zahl und Folge der Verletzungen, Übers. 2 Gesamtausgabe, Entschädigungsbeträge und laufende Verwaltungskosten, Übers. 3 Verhältnisberechnungen für die laufenden Ver- waltungskosten der gewerblichen Berufs- genossenschaften. Zu diesen Übersichten ist in der Nachweisung för,, das Jahr 1898 zum erstenmal als vierte hinzugekommen eine Über- sicht (2) über „die UnfaUhäuflgkeit, berechnet auf 1000 Voll- arbeiter". — Schon hieraus ist zu ersehen, dass auch in der Unfallversicherungsstatistik manches enthalten ist, was für die Verwaltung zwar von grösster Bedeutung, vom Standpunkte der Arbeiterstatistik aus betrachtet, dagegen ohne besonderes Interesse ist. Es werden von uns darum auch ohne weiteres ausgeschieden werden können die kleineren Übersichten 2 und 3, sowie die Tabelle n, und uns nur zu beschäftigen haben: die allgemeine Übersicht über die Organisation (Tabelle I), die Unffile der Tabelle IIL^ die Mitteilungen über Zahl und Folge der Ver- letzungen (Übersicht 1) und über die Unfallhäufigkeit, berechnet auf 1000 Vollarbeiter (in den Nachweisungen für 1898 als Über- sicht 2 bezeichnet). Was zunächst Tabelle I betrifft, so kommen von den hier gemachten Angaben far uns in Betracht solche über die Zahl: — 140 — 1. der Betriebe, 2. der versicherten Personen, hinsichtlich deren unterschieden .werden: a) Unternehmer (Sp. 11), b) durchschnittlich beschäftigte Betriebsbeamte und Arbeiter (Sp. 12), c) andere (Sp. 13), 3. (der Unfälle) der Verletzten, für welche Entschädigungen festgestellt worden sind, und fär welche im besonderen mitgeteilt wird a) der Bestand aus den Vorjahren (Sp. 17), b) die im Laufe des B^chnungsjahres hinzugekommenen Fälle. Von diesen Zahlenangaben sind die beiden ersten — Zahl der Betriebe, Zahl der versicherten Personen — insofern von einigem Wert, als sie uns eine ungefähre Vorstellung von dem Umfange der Unfallversicherung vermitteln. — Dagegen erscheint es nicht recht angängig — wie es thatsächlich geschieht — die Zahl der versicherten Personen zu irgend welchen rechnerischen Kombinationen zu verwenden, und zwar deshalb, weil vom Beichs- versicherungsamt als durchschnittliche Zahl der Betriebsbeamten und Arbeiter die Zahl derjenigen Personen angesehen werden soll, welche der Betrieb bei voller oder laufender Thätigkeit in dem betr. Bechnungsjahre in der Begel beschäftigt hat, diese Zs^hl aber nicht den wirklichen Durchschnitt bedeutet. Was aber die sub 3. b erwähnten Angaben Aber die Zahl der im Laufe des Bechnungsjahres hinzugekommenen Fälle be- trifft, so bedarf es kaum einer besonderen Begründung, dass die- selbe mit der Zahl der entschädigungsberechtigten Fälle, die im Bechnungsjahre und nur in diesem sich ereignet haben, nicht identisch ist. — Werden in jener doch ebenso eine Anzahl Ver- letzungen inbegriffen sein, die sich bereits im Vorjahre ereigneten, wie auf der anderen Seite Unfälle, die sich im Berichtsjahre er- eigneten, in ihm aber nicht mehr zur Feststellung gelaogt sind, in ihr nicht enthalten sein werden. Wenden wir uns nunmehr Tabelle m zu. Dieselbe enthält Angaben über die Zahl: 1. der durchschnittlich versicherten Personen, 2. der verletzten Personen, für welche im Laufe des Rech- nungsjahres Entschädigungen festgestellt worden sind a) nach Alter (Erwacl^ene, Jugendliche, d. h. unter 16 Jahren) und (36schlecht der Verletzten — absolut und pro 1000 Versicherte (Sp. 7), b) Gegenstände und Vorgänge, bei welchen sich die Unfälle ereigneten. c) Folge der Verletzungen, dazu: Zahl der entschädigungsberechtigten Hinter- bliebenen (Witwen, Kinder, Ascendenten) der Ge- töteten. — 141 — Endlich die Zahl der Verletzten, ffir welche im Laufe des Bechnnngsjahres Unfallanzeigen erstattet wurden (Sp. 31), und Verletzte pro 1000 Versicherte (Sp. 32). Für diese Zahlen gilt, soweit wir ihnen bereits in Tabelle I begegneten, natürlich dasselbe, was oben bereits darüber bemerkt wurde; und zwar gehören darunter ebenso die sub 1 gemachten Mtteilungen über die Zahl der durchschnittlich versicherten Per- sonen, wie die unter Ziffer 2, auch wenn dieselben bedeutend detaillierter sind als die entsprechenden Angaben der Tabelle I. Wie die Angaben über die Zahl der verletzten Personen, für welche im Laufe des Eechnungsjahres Entschädigungen fest- gestellt worden sind, haben aber auch die Angaben über die Zahl der Verletzten, für welche im Laufe des Eechnungsjahres Unfall- anzeigen erstattet wurden (Sp. 31), fär uns keinen sonderlichen Wert. — Zum mindesten lässt sich aus ihnen, da sie als zuver- lässige nicht angesehen werden können, nicht auf eine etwaige Zu- oder Abnahme der Unfälle schliessen. — Diese Unzuverlässig- keit hat aber ihren Grund darin, dass jene Zahlen auf den An- gaben der Berufsgenossenschaften beruhen, diesen gegenüber aber nicht durchweg eine Pflicht der Unfallanzeige besteht. Können aber also die Zahlen der Sp. 31 für die Frage nach der Zu- oder Abnahme der Unfälle nicht massgebend sein, so kann natür- lich auch den Zahlen der Sp. 32 in dieser Hinsicht keinerlei Be- deutung zukommen. Letzteres würde übrigens selbst dann nicht der Fall sein, wenn die Zahlen der Sp. 31, die hinter den wirklichen Zahlen wahrscheinlich zurückbleiben, der Wirklichkeit entsprächen, denn auch dann würde noch immer eine Anzahl wichtiger Umstände — so die verschiedene Zeitdauer, während der die Versicherten der Betriebsgefahr ausgesetzt waren, die verschiedene Altersgruppie- rung der Versicherten, die Verschiedenheit der Betriebsgrössen und Betriebskräfte — völlig unberücksichtigt bleiben. — Von den ebengenannten Faktoren, die zur Gewinnung genauer Resul- tate notwendigerweise mit in die Eechnung einzustellen wären, ist nun einer der wichtigsten, nämlich die Dauer der Unfall- gefährdung in der, in den Nachweisungen für 1998 zum ersten- mal erscheinenden Übersicht 2, „die Unfallhäuflgkeit, berechnet auf 1000 Vollarbeiter" mit berücksichtigt worden, und zwar in der Weise, dass die Zahl der Unfälle zu je 300000 Arbeitstagen (auf einen Vollarbeiter 300 Tage) in Beziehung gesetzt wurden. Da Berechnungen dieser Art nicht nur für die einzelnen Berufsgenossenschaften, Ausfilhrungsbehörden (Marine-, Heeres-, Eisenbahn- u. s. w. -Verwaltung) und die Versichei*ungsanstalten der Baugewerksgenossenschaften und der Tiefbau-Berufsgenossen- schaften, sondern auch für verschiedene Gruppen (18) der Berufs- genossenschaften (I. Bergbau, XI. Holz u. s. w.) vorgenommen werden, darf dieser Versuch die Unfallhäuflgkeitsziffer genauer zu bestimmen, jedenfalls als ein Fortschritt gegenüber den bis- — 142 — herigen Berechnungen (Tabelle HI, Sp. 8 u. 32) angesehen werden. Immerhin ist der Einfloss, den neben der durchschnittlichen Dauer der Arbeitszeit die Art der Altersgruppierung auf die Gestaltung der Unfallziffer ausübt, ein zu wichtiger, als dass derselbe völlig ignoriert werden könnte. — Und so werden — wie in der Vor- bemerkung zu den Nachweisungen auch zugestanden wird — also auch die Zahlen dieser Übersicht als einwandfreie, für die Beurteilung der Unfsdlgefahr in den einzelnen Berufsgruppen ausreichende nicht angesehen werden können. Ein anderer Weg, die Unfallhäufigkeit, unter gleichzeitiger Unterscheidung der Unfallfolgen (Tod, dauernde Erwerbsunfälug- keit [völlige, teilweise], vorübergehende), zu ermitteln, wird in der Übersicht 1 eingeschlagen, indem hier nicht die Fälle that- sächlich vorgekommener Verletzung, sondern die Zahlen der verletzten Personen, für welche im Bechnungsjahre erstmalig Entschädigungen festgestellt worden sind, zur Grundlage der Berechnung gemacht werden. — Diese auf 1000 versicherte Personen ausgeführten Berechnungen werden in den Naeh- weisungen für 1896 für 10, in den für 1898 fär 12 Jahre und für 3 Gruppen von Versicherungsorganen angestellt, nämlich für: 1. gewerbliche und landwii*tschaftliche Berufisgenossen- Schäften, staatliche und kommunale Ausführungsbehörden, 2. gewerbliche Berufsgenossenschaften, 3. landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften. Mag es nun danach aber auch möglich sein, die Gestaltung der Unfallziffer innerhalb einer jeden Gruppe während eines längeren Zeitraimis zu verfolgen, so sind in jenen Gruppen doch Betriebszweige von so verschiedener Art und so verschiedener Grösse der Unfallgefahr vereinigt, dass die aus einem Vergleich der verschiedenen Jahresziffem gewonnene Erkenntnis nur sehr allgemeiner Natur sein und somit auch der Wert der ganzen Übersicht kaum allzuhoch veranschlagt werden kann. Müssen nach alledem die Beiträge, welche in den jährlichen Nachweisungen über die Bechnungsergebnisse der Berufsgenossen- schaften zur Frage der Unfallstatistik geliefert werden, aber über- haupt als ziemlich dürftige bezeichnet werden, so ist vom Beichs- versicherungsamt doch zweimal der Versuch gemacht worden, einige der Fragen, welche jene Unfallstatistik offen lässt, zu beantworten. Es geschah dies zum erstenmal in einer „Statistik der ent- schädigungspflichtigen Unfälle für das Jahr 1887,^^ aus welcher hier nur 4 Tabellen hervorgehoben werden mögen. So ist in einer Tabelle IV eine Zerlegung der Unfälle nach der Art der Verletzungen und der verletzten Körperteile vor- genommen und zu ermitteln gesucht worden, in welchem Masse die einzelnen Berufsgenossenschaften, Betriebseinrichtungen und Betriebsvorgänge, sowie die verschiedenen Unfallfolgen (Tod, Er- werbsunfähigkeit u. s. w.) an deli Unfällen beteiligt sind. — 143 — Eine Tabelle V giebt für die einzelnen Berufsgenossenschaften eine interessante Ül^rsiclit über die Verteilung der Unfälle auf Monate, Tage (Wochentage) und Tageszeiten, wozu freilich zu bemerken ist, dass die i^gebnisse dieser Tabelle mit Vorsicht aufzunehmen sind, weil eine richtige Würdigung der hier ge- botenen Ziffern nicht möglich ist ohne gleichzeitige Berücksich- tigung einer Reihe Ton Nebenumständen, so der verschiedenen j&xbeitsintensität einzelner Industrien zu yerschiedenen Zeiten (Saisonarbeit), die Beschränkung der Betriebsthätigkeit auf eine ganz bestimmte Jahreszeit u. dgl. mehr. Eine Tabelle VI enthält eine Zusammenstellung der yer- schiedenen Betriebseinrichtungen und Betriebsvorgänge, die inner- halb der einzelnen Berufsgenossenschaften Unfälle zur Folge ge- habt haben, während eine sehr wichtige Tabelle VII endlich, unter Berücksichtigung der yerschiedenen Betriebseinrichtungen und Betriebsvorgänge, des Geschlechts und Lebensalters der Ver- letzten, eine Übersicht Aber die Ursachen der Verletzungen bietet. Da es sich bei einer zweiten Untersuchung dieser Art, welcher die entschädigungspflichtigen Unfälle des Jahres 1897 zu Grunde lagen, im wesentlichen nur um eine Wiederholung der eben be- sprochenen handelt, dürfte es überflüssig sein, auch auf sie hier des näheren einzugehen. Nur soviel sei noch bemerkt, dass man im einen, wie im anderen Falle vor allem brauchbares Material für den Erlass von Unfallverhütungsvorschriften zu gewinnen suchte, und dass das Beichsversicherungsamt bei jenen Unter- suchungen also weniger arbeitsstatistische als nur rein praktische Zwecke verfolgte. Wie die Organe der Unfallversicherung, die Berufegenossen- schaften, sind auch die Organe der Invaliditäts- und Altersversicherung, die Versicherungsanstalten, verpflichtet (§ 130 des Gesetzes vom 22. Juni 1889) dem Reichsversicherungsamt nach dessen Vor- schriften jährlich bestimmte Übersichten über ihre Geschäfts- und Rechnungsergebnisse einzureichen. Über ihren Inhalt unterrichten uns einmal der (seit der Kaiserl. Verordnung vom 5. August 1885) am Schlüsse jedes Jahres erscheinende Geschäftsbericht des Reichsversicherungs- amts, zum anderen die, von letzterem herausgegebenen „Nach- weisungen". — Indessen kommt keine dieser Publikationen — die sich übrigens regelmässig unter den Drucksachen des Reichstags befinden — für die Frage der Arbeiterstatistik, im besonderen für die Frage einer InvaJiditätsstatistik oder einer Statistik der Altersrentenempfänger, irgendwie in Betracht. Was uns in den Geschäftsberichten unter der Rubrik „Statistisches" geboten wird, beschränkt sich auf Mitteilungen — 144 — über: die Zahl der Inyaliditäts- und Altersrentenempfänger ^), die Höhe der ausbezahlten Renten (in Summa), die Zahl der Fälle, in denen wegen Verheiratung oder wegen Todesfalles eine Beitragserstattung erfolgte, die Höhe der Beitragserstattnngen u. a. mehr. — Und älmlichen Angaben begegnen wir in den Tabellen der „Nachweisungen", nur dass uns die betreffenden Zahlen hier för jede der 31 Versicherungsanstalten besonders mitgeteilt werden. Fragen, wie wir sie durch eine Statistik der Inyaliditäts- und Altersrentenempfänger vor allem beantwortet zu sehen wünschten — so nach der Verteilung der Renten- empfänger auf die verschiedenen Berufs- und Altersgruppen, nach der Inyaliditätsursache u. s. w. — sind in diesen PubUkationen also in keiner Weise berücksichtigt, noch auch liesse sich auf Grund des in ihnen gebotenen Zahlenmaterials eine Antwort darauf finden. Allerdings hüa^t das Reichsversicherungsamt mit einer „Statistik der Ursachen der Erwerbsunfähigkeit" (nach der Invaliditäts- und Altersversicherung) vor einigen Jahren eiomal den Versuch gemacht, über die eben erwähnten Dinge einiges in Erfahrung zu bringen. Bearbeitet auf Grund von Zählkarten, die von den Ver- sicherungsanstalten und Kasseneinrichtungen für die einzehien Invaliditätsfalle aufgestellt worden waren, erstreckte sich diese Statistik auf 158462 Rentenempfänger, wobei hinsichtlich des Berufs 6 Berufsgruppen (die Abteilungen A, B, C, D, E, G der Berufs- und Q^werbezählung von 1895), hinsichtlich der Ursachen der Erwerbsunfähigkeit 28 Gruppen von Krankheiten unterschieden wurden. Von den, vom Reichsversicherungsamt gegebenen Übersichten seien hier nur erwähnt: die Verteilung der Rentenempfänger (m. w.) auf die einzelnen Berufsgruppen — absolut und pro 1000 Renten- empfänger, die Rentenempfänger nach Altersgruppen — absolut und pro 1000 Rentenempfänger, die Zahl der Rentenemp&nger (m. w.) in den einzelnen Berufen nach Altersgruppen, die Beteiligung (pro Mille der jeweiligen [m. w.] Renten- empfänger) der einzelnen Berufs- und der einzelnen Alters- gruppen an den verschiedenen Krankheitsursachen, für jede der 6 Berufegruppen die Beteiligung (pro Mille Rentenempfänger) jeder Altersgruppe an der Lungen- tuberkulose. So verdienstlich nun auch diese vom Reichsversicherungsamt aufgemachte SpezialStatistik ist und zu so interessanten Zahlen- kombinationen das vorhandene Material benutzt worden ist, so ^) Die ZaM der versicherongsp flicht igen Personen ist nicht genau bekannt. — 145 — kaon der Wert der gewonnenen Ergebnisse doch nicht allzohoch veranschlagt werden. — Dies aber nicht nur deshalb, weil die Angaben aber Beruf und Krankheit der einzelnen Rentenempfänger nicht als unbedingt zuverlässige angesehen werden können^ weil die Unterscheidung 'Von nur 6 Berufsgruppen als eine ziemlich grobe erscheinen muss, — und noch verschiedene andere Gründe Uessen sich geltend machen — , sondern vor allem, weil eine Hauptaufgabe dieser ganzen Statistik — die Ermittelung der wirklichen Invaliditätsursache — wenigstens fübr die Mehrzahl der Eälle als kaum lösbar bezeichnet werden muss. % 7. Arbeitsstatlstisehe Leistiingen von Organen der Arbelter-Interessenvertretong« So dürftig auch die Pflege gewesen ist, die man bisher amtlicherseits in Deutschland der Arbeiterstatistik hat angedeihen lassen, so lebhaftes Interesse ist ihr von jeher von Seiten der Interessenvertretungen der Arbeiter selbst entgegengebracht worden. Nicht allein, dass uns eine grosse ZsM arbeitsstatistischer Untersuchungen vorliegen, wie sie gelegentlich von einzelnen Arbeitervereinigungen, Gewerkschi^n und Gewerkvereinen für besthnmte BercSSszweige oder auch für die Arbeiter verschiedener Berufe ein- und desselben Orts angestellt worden sind ^), es fehlt auch nicht an Korporationen bezw. Organen der Arbeiterschaft, die über ein blosses Augenblicksinteresse hinaus, die Pflege der Arbeiterstatistik zur Programmsache gemacht haben. Es kommen in dieser Hinsicht für uns vor allem in Frage: 1. die deutschen (Hirsch-Dunckerschen) Gewerkvereine, 2. die Hamburger General- kommission der Gewerkschaften Deutschlands, 3. die, seit der Nürnberger Gründung vom Jahre 1894 in rascher Zunahme be- griffenen Arbeiterse^etariate. Von ihnen giebt der „Verband der deutschen Gtewerkvereine" seit 1880 aller 3 Jahre eine, auf den Angaben der Gtewerk- und Ortsvereine fussende „Arbeitsstatistik" heraus. ^) Wir erwähnen hier nnr: ,, Arbeitsverhältnisse der Müller Deutschlands^ \ nach statistischen Quellen bearbeitet von H. Käppier, Altenburg 1891. — ^^Lohn- und Arbeitsverhältnisse im deutschen Drechslergewerbe, eine Zusammenstellung statistischer Aufaahmen vom April 1890 bis April 1891 ^S herausgegeben von der zentralen statistischen Kommission der Vereinigung der Drechsler und Bemfsgenossen Deutschlands zu Halle a./S., Hamburg 1892. — ,,Die Lage der Arbeiter im Bremer Bäckergewerbe u. s. w. , Ergebnis einer statistischen Erhebung des Gewerkvereins der Bäckergesellen Bremens und Umgegend'", Bremen 1892. — „Statistische Erhebungen über Lohn- und Arbeitsverhält- nisse im deutschen Zimmergewerbe für das Jahr 1890 — 9V\ herausgegeben vom Verband deutscher Zimmerleute. — „Statistik der Lohn- und Arbeitsverhält- nisse im Hutmachergewerbe^\ aufgenommen vom ünterstützungsverein deutscher Hutmacher im . . Quartal 1891. — „Lohn-, Arbeits- und Wohnverhältnisse der Arbeiter Nümbergs^^ aufgenommen vom 15. Juni bis 10. Juü 1897, heraus- gegeben vom Arbeitersekretariat Nürnberg 1898. Dreydorffy Ein dentschee Beichaarbeitmnt. 10 — 146 — Dieselbe bringt, gegliedert nach Berufs- (Gtewerkvereins-) gruppen für die einzelnen Ortsyereine in einem L, obligatorischen Teile Angaben über: A) die Löhne (durchschnittlicher' Wochenlohn, durchschnitt- licher Akkord- bezw. Stücklohn, Lohnbewegung) für a) erwachsene, b) jugendliche mämiliche Arbeiter, B) die (wirkliche) Arbeitszeit — durchschnittiiche regel- mässige Wochentagsarbeit, Überarbeit an Wochentagen, in einem 11., freiwilligen Teile Angaben über: Arbeitsnachweis, Reise-, Übersiedelungs- und Arbeitslosenunterstützung; Kündigungs- und Lohnzahlungsfristen, Arbeitsverhältnisse; Löhne und Arbeits- zeit der Arbeiterinnen u. a. mehr. In einem Anhang zu diesem ü. Teil werden dann für die einzelnen Orte noch Situationsberichte über „sonstige" Lohn-, Arbeits-, Einkommens- und Yerbrauchsyerhältnisse gegeben. Ergänzen wir diese kurze Inhaltsangabe durch den Binweis darauf, dass die Arbeiter, um deren Verhältnisse es sich bei dieser Statistik handelt, ledigUch nach 17 Berufsgruppen bezw. Gewerkvereinen gegliedert werden, und auch jede weitere Unter- scheidung innerhalb der einzelnen Berufe (nach Arbeitsstellung, Altersklassen, Form der Betriebe u. s. w.) fehlt, dass sich die Angaben nur auf einen Monat (September) beziehen, dass wir nichts über die Stärke erfahren, in der die Angehörigen der ver- schiedenen Berufe in " den einzelnen Orten vertreten siud , so wird man freilich sagen müssen, dass der Wert dieser Statistik, die überdies nur aller 3 Jahre erscheint, ein ziemlich geringer ist, wie dass dieselbe zu irgendwelchen zuverlässigen Schlüssen auf die Gesamtlage der Arbeiter in den einzelnen Berufsgruppen und Orten um so weniger berechtigt, als die Mitglieder der Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereine doch nur einen relativ kleinen Teil der Arbeiterschaft überhaupt repräsentieren. Was sodann die Arbeiterstatistik der Hamburger General- kommission betrifft, so kommen von regelmässigen arbeitsstatisti- schen Leistungen in Betracht die auf Grund von Umfragen an- gefertigte, aber lückenhafte Statistik der Streiks und Aussper- rungen sowie die Mitteilungen über Stand und Bewegung der ihr unterstehenden Arbeiterorganisationen. Dass auch diese Arbeiten keinerlei Ersatz für den Mangel einer umfassenden ReichsarbeiterstatLstik zu bieten vermögen, bedarf selbstverständlich keiner weiteren Ausführung. Dasselbe gilt schliesslich auch von den bisherigen arbeits- statistischen Leistungen der Arbeitersekretariate, die damit übri- gens in ihrem Werte in keiner Weise von uns herabgesetzt werden sollen. — Im Gegenteil rechnen wir den Arbeitersekre- tariaten — und es sind ihrer eine ganze Anzahl — , die neben der meist sehr umfangreichen Auskunfterteilung über gewerb- liche Streitigkeiten, Fragen der Arbeiterversicherung, des Arbeiter- ~ 147 — Schutzes u. s. w. noch die Pflege der Sozialstatistik in den Bahmen ihrer Th&tigkeit einbezogen haben, dies nicht nur als Verdienst an, wir stehen auch nicht an, zu behaupten, dass uns verschiedene dieser Institute — insbesondere das Nürnberger, Mfinchener, Frankfurter, Bremer — in ihren Jahresberichten eine Menge interessanten arbeitsstatistischen Materials geliefert haben. ^) — Was wir gegen diese Thätigkeit der aus der eigenen Initiative der Arbeiter hervorgegangenen, höchst segensreich wirkenden Institute geltend machen, ist eben nur, dass sie die auf dem Gebiet der Arbeiterstatistik empfundene Lücke nicht ausgefallt haben, und — wie wir gleich hinzufügen wollen — auszitfüllen auch nicht in der Lage sein werden. ^) Es bestehen solcher Arbeitersekretariate heute im G-anzen 29, nämlich in Altenburg, Altena, Berlin, Beuthen, Bremen, Breslau, Darmstadt, Frank- fort a. M., Freibarg 1. B., Qera, HaUe a. S., Hamburg, Hannover, Hildesheim, Hohenlimburg, Jena, Kiel, Köln a. Rh., Landshut i. Schi., Lübeck, Mannheim, Mühlheim a. M., München, Nürnberg, Posen, Striegau, Stuttgart, Tuttlingen und Waidenburg. — Von ihnen besitzt das Nürnberger Sek^tariat — seit dem 1. Januar 1898 — eine eigene sozial-politische und sozial-statistische Ab- teilung. 10* lY. Ein dentsches Reichsarbeitsami Elnleitimg:« lÄsst der im Vorstehenden gebotene Überblick erkennen, dass, wie andere Staaten, anch Deutschland zwar eine ganze Anzahl wertvoller arbeitsstatistischer Leistungen aufzuweisen hat, dass es jedoch einer eigentlichen Organisation und umfassen- den Pflege der Arbeiterstatistik ermangelt, so erhebt sich zu- nächst die Frage, auf welche Weise diesem Mangel abgeholfen werden könnte. Dass dies von Seiten der Einzelstaaten, der Städte, wirt- schaftlicher Interessenverbände der Arbeiter selbst oder gar von Seiten Einzelner geschehen werde ^) oder auch nur geschehen könnte, scheint uns in hohem Grade unwahrscheinlich und bedu:f hinsichtlich der letzteren wohl wiederum keiner besonderen Be- gründung. Was aber die einzelnen Städte wie die verschiedenen Interesse- vertretungen der Arbeiter betrifft, so wäre die notwendige Voraus- setzung für die Organisation einer einheitlichen, systematisch betriebenen Arbeiterstatistik ein Zusammenwirken auf Orund eines gemeinsamen, für alle Teile gleichverbindlichen Arbeits- planes. Dass dies an sich nicht zu den Unmöglichkeiten gehört, lehrt unter anderem die, auf einer solchen Übereinkunft fussende Herausgabe des „Statistischen Jahrbuchs deutscher Städte". ^) Es darf bei dieser Gelegenheit allerdings nicht verschwiegen werden, dass die an der Herausgabe des statistischen Jahrbuchs deutscher Städte be- teiligten Städtestatistiker bemüht sind, nicht nur über das wirtschaftliche, sondern auch über das soziale Leben der grösseren Städte fortlaufende, ver- gleichbare Nachrichten zu beschaffen, wie dass man insbesondere die Lohn- statistik in den Rahmen der deutschen Kommunalstatistik einzubeziehen be- schlossen hat. Zum Beweise dafür, dass es an Versuchen eines Ausbaus oder richtiger Anbaus der Arbeiterstatistik nicht gänzlich gefehlt hat, sei femer erwätmt, dass die Leipziger Handelskammer vor Jahren den G-edanken angeregt hatte, jede Kammer solle, solange die amtliche Statistik diese Aufgabe nicht über- nähme, in regelmässigen Zwischenräumen für ihren Bezirk eine Bearbeitung der alljährlich am 1. Mai stattfindenden Fabrikarbeiterzählung veranstalten, 'aus der insbesondere auch über die Zahl der Betriebe in den nach der An- zahl der beschäftigten Arbeiter einzuteilenden Qrössenklassen, mit Unterscheidung der verschiedenen Gewerbe, Aufschluss zu erhalten wäre (Sozial-politisches Centralblatt, IV. Jahrgang, No. 1). r / ! I — 149 — Wurde eine derartige gemeinsame Arbeiterstatistik aber not- wendigerweise nur die Verhältnisse eines Teils der Gesamt- arbeiterschaft berücksichtigen können^), so glauben wir uns Ton Seiten der Arbeiter selbst aus anderen Gründen Vollkommenes Ar die Pflege der Arbeiterstatistik nicht yersprechen zu dürfen. Die notwendige Voraussetzung dafür wäre nämlich — von dem Vorhandensein genügender Geldmittel ganz zu schweigen — 1) eine feste, umfassende und vor allem auch einheitliche Or- ganisation der Arbeiter^), 2) die Dauerhaftigkeit derselben. So bekannt es nun aber ist, dass die gewerkschaftliche Organisation der deutschen Arbeiter auch heute noch viel zu wünschen übrig lässt, so wahrscheinlich ist es, dass jede heftige Erschütterung des wirtschaftlichen Lebens, jede grössere Krise auch die Organisation der Arbeiter schwächen würde, und dass somit keinerlei Garantien für eine gleichmässig starke, sichere Basis der Arbeiterstatistik geboten wären.") Endlich sei auch darauf hingewiesen, dass den arbeits- statistischen Untersuchungen sowohl der Städte wie der Arbeiter- organisationen ein wichtiges Erfordernis jeder zuverlässigen Statistik fehlen würde: nämlich die Befugnis, die begehrten Aus- künfte von den darum Angegangenen nötigenfalls zu erzwingen. •— Nach dem Gesagten käme ^ d^e Organisation einer umfassenden deutschen Arbeiterstatistik also nur ein Zusammenwirken der einzelnen Bundesstaaten in Betracht. Dass für ein solches aber irgendwelche Aussicht vorhanden wäre, glauben wir umsoweniger, als uns nichts davon bekannt ist, dass von irgend einer bundesstaaüichen Regierung jemals eine Anregung in diesem Sinne erfolgt wäre. Läge eine solche aber auch thatsächlich vor, und wäre man auf der anderen Seite geneigt, ihr Folge zu geben, so wäre es doch wohl das Zweck- massigste, mit der Organisation der geplanten Statistik das Beich selber zu betrauen, da das gemeinsame Ziel auf diese Weise mindestens ebensogut, wenn nicht besser, zu erreichen wäre. Doch gleichviel welche Art, das fragliche Problem zu lösen, die grössere Wahrscheinlichkeit für sich hat, sind wir der Mei- nung, dass die Organisation der Arbeiterstatistik durch das Beich nicht nur zweckn^siger, sondern dass dieselbe auch Pflicht des Beiches ist. — Als solche dürfte sie, wie dies auch Schönberg gethan hat, in letzter Linie schon aus dem zu Eingang der Ver- fassung des Deutschen Beiches stehenden Passus abgeleitet werden können, nach welchem der von den einzelnen deutschen ^) überdies besitzt eine ganze Anzahl deutscher Städte, die sehr gat ein besonderes statistisches Amt brauchen könnten, ein solches überhaupt nicht. *) Wir verweisen an dieser Stelle besonders auf die in der Schweiz mit der Organisation und Pflege der Arbeiterstatistik gemachten Erfahrungen. *) Vgl. auch „Haushaltungsrechnungen Nürnberger Lohnarbeiter" (be- arbeitet im Arbeitersekretariat Nürnberg 1901) Einleitung S. VI. — 150 — Fürsten geschlossene Bund unter anderem „zur Pflege der Wohl- fahrt des deutschen Volkes" gegründet worden ist. Indem wir im übrigen auf das verweisen, was wir bereits am Schlüsse des I. Kapitels für die Pflege der Arbeiterstatistik als einer Aufgabe des modernen Staates geltend gemacht haben, wollen wir an dieser Stelle nur noch betonen, dass, wenn das Deutsche Reich in wirtschaftlicher Beziehung ein einheitliches Ganzes bildet, wenn ihm die Beaufsichtigung des Gewerbe- betriebes, der Zoll- und Handelsgesetzgebung unterstehen, das- selbe bei dem tiefgreifenden Einfluss der beiden letzteren, — namentlich auch auf die breite Masse der Arbeiterbevölkerung, sich auch der Tragweite seiner gewerbe-, zoll- und handels- politischen Massnahmen klar bewusst sein muss. Ist aber eioe klare Vorstellung davon nicht ohne eine ge- naue Einsicht in die Verhältnisse der fraglichen Bevölkerungs- schichten, diese aber wieder nicht ohne eine fortlaufende, ein- gehende Beobachtung und Peststellung derselben zu gewinnen, so darf auch hieraus die Organisation und Pflege der Arbeiter- statistik als eine Aufgabe des Reiches gefolgert werden. % 1. Vorschläge, betr. die Organisation einer deutschen Arbeiterstatistik. Es bleibt uns danach nunmehr zu untersuchen übrig, welche Art, jene Aufgabe zu lösen, als die geeignetste anzusehen ist. Dass es sich dabei nicht um die sldavische Nachahmung fremder Vorbilder handeln kann, bedarf angesichts der Ver- schiedenheit der deutschen Verhältnisse und derjenigen des Aus- lands wohl keiner besonderen Begründung. — Andrerseits werden wir bei der Lösung jener Aufgabe aber auch nicht völlig freie Hand haben, vielmehr wird dieselbe bis zu einem gewissen Grade von vornherein bedingt sein, und zwar einmal durch den bundes- staatUchen Charakter des Deutschen Reiches, zum andern durch die Thatsache, dass wir auch heute bereits Organe des Reiches besitzen, die entweder sich mit der Pflege der Arbeiterstatistik bereits befassen oder aber ihrer ganzen Anlage und Aufgabe nach zur Ausbildung einer Arbeiterstatistik grösseren Stils in beson- derem Masse geeignet erscheinen. Nehmen wir dieses zweite Moment voraus, so wird es sich dabei um die Frage handeln, ob man die Pflege der Arbeiter- statistik einem besonderen und also neu zu begründenden Amt als dessen alleinige Aufgabe übertragen oder aber mit ihr nur den Aufgabenkreis eines bereits bestehenden Amtes — also ent- weder des Reichsversicherungsamtes oder des K. Statistischen Amtes*) — erweitem soll. ') Im Folgenden kurz mit R V. A. bezeichnet. ') Im Folgenden kurz mit K. St. A. bezeichnet. ■^--^ — 151 — Was zunächst die Frage: R. V. A. oder K. St. A. betrifft, so gehen die Meinungen hierüber bekanntlich auseinander. — Unter der Voraussetzung nämlich, dass sich die Gründung eines besonderen arbeitsstatistischen Amtes nicht oder doch nicht so bald verwirklichen lasse, haben sich für Übertragung seiner Funktionen an das B. V. A. ausgesprochen von Mayr^); bedingt auch Biermer^), der freilich einer tJl)ertragung der arbeitstatisti- schen Aufgaben an das K. St. A. den Vorzug giebt. — Während eine solche von v. Mayr ausdrücklich bekämpft wird, wurde sie — unter Ablehnung des R. V. A. — gleichfalls und zwar sehr energisch befürwortet von v. Scheel.^) — Vor diesem auch be- reits von Schoenberg. Von den Genannten begründen ihre Auffassung des näheren V. Mayr auf der einen, v. Scheel auf der anderen Seite. — Jener seine Ablehnung des K. St. A., indem er von diesem eine bloss gelegentliche Besorgung der arbeitsstatistischen Aufgaben befürchtet, eine solche Besorgung „gewissermassen im Nebenamt^ aber für ungenügend erachtet, v. Scheel seine Empfehlung des K. St. A., indem er geltend macht, „dass die Arbeiterstatistik nicht als ein abgesonderter Beobachtungskreis für eine bestimmte Klasse aufgefasst und gepflegt werden dürfe, sondern in Ver- bindung mit anderen Zweigen der Statistik gehalten werden müsse^, und indem er im besonderen als auf die Grundlage aller Arbeiterstatistik auf die allgemeine Berufs- und Grewerbestatistik verweist, die ja zu den Aufgaben des K. St. A. gehört. So gross aber auch hinsichtlich der besonderen Frage: R. V. A. oder K. St. A. der Gegensatz der Meinungen ist, so erscheint derselbe doch unerheblich gegenüber der Thatsache, dass die sowohl durch v. Mayr als auch ganz besonders von Schoenberg vertretene Auffassung: die Pflege der Arbeiterstatistik sei prinzipiell zur Aufgabe eines besonderen Amts zu machen^), auch durch v. Scheel, für den die ganze Angelegenheit überhaupt nur eine Frage der Zweckmässigkeit bedeutet, nicht durchaus bekämpft wird. — Wie von theoretischer Seite ist aber auch von Vertretern der praktischen Politik die Gründung eines be- sonderen arbeitsstatistischen Amts gefordert worden, und u. Er. mit vollem Recht. Denn nicht nur, dass sich auf diese Weise zugleich die Auffassung des Staates von der Pflege der Arbeiter- statistik als einer für ihn besonders wichtigen Ai^gabe am besten zum Ausdruck bringen lässt, wird man sich bei einer wirklich ') V. Mayr, Deutsche Arbeiterstatistik, Methodologisches nnd Technisches, AUgemeines Statistisches Archiv, III. Jahrgang, S. 160 ff. •) Wörterbuch der Volkswirtschaft, I. Bd., S. 169, 170. •) Schmoller, Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirt- schaft, Xni. Jahrgang, S. 3. — v. Scheel scheint eine Ausnahme nur hinsicht- lich der Lohnstatistik zu machen, die dem R. V. A. naheliege. *) So wohl auch van der Borght, wenngleich er die von ihm geforderte sozial-statistische ZentralsteUe mit dem R. V. A. verbunden wissen möchte (AUgemeines Statistisches Archiv, 11. Jahrgang, S. 227, 277). — 152 — mnfassenden Pflege der Arbeiterstatistik auch nicht aof die An- wendung der reinstatistischen Untersuchongsmethode beschränken können. — Vielmehr wird man sich sehr häufig und von vorn- herein anderer Mittel und Wege der Feststellung — so z. B. der persönlichen Besichtigung an Ort und Stelle — zu bedienen haben, dazu aber eines besonderen Apparates bedürfen, wie ihn das K. St. A. und auch das R. V. A. für ihre Zwecke weder benötigen noch auch in der That besitzen. Was nun das. andere Moment: den bundesstaatlichen Cha- rakter des Deutschen Reiches betrifft, von dem wir oben be- haupteten, dass er bei einer Organisation der Arbeiterstatistik gleichfalls zu berücksichtigen sei, so denken wir dabei an die Notwendigkeit, bei jener Organisation möglichst jede Schmälerung der einzelstaatlichen Selbständigkeit zu Gunsten der Reichs- zentralgewalt zu vermeiden. Denn nicht allein, dass jeder Ver- such in entgegengesetzter Richtung dem Wesen der deutschen Reichsverfassung zuwiderläuft, dflrfte er sich der Lösung unseres arbeitsstatistischen Problems auch umsoweniger förderlich er- weisen, als man sich gerade in letzter Zeit wiederholt ver- anlasst gesehen hat, die den Bundesstaaten dem Reiche gegen- über zustehende Selbständigkeit nachdrücklich zu betonen. Worauf es uns bei der Organisation einer selbständigen Reiohsarbeiterstatistik demnach anzukommen scheint, ist: das mit ihrer Pflege betraute Organ von einer Unterstützung durch die Organe der Einzelstaaten möglichst unabhängig zu machen, im besonderen alles zu vermeiden, was geeignet ist, die betreffende Reichsbehörde in Konkurrenz mit den Landesbehörden zu bringen. Betrachten wir unter besonderer Berücksichtigung dieser Forderung zunächst, was an positiven Vorschlägen für die Or- ganisation einer selbständigen Arbeiterstatistik gemacht worden ist, so kommen deren flir uns im wesentlichen drei^ in Frage, nämlich: 1) Der Schoenbergsche Vorschlag vom Jahre 1871, 2) Der im Winter 1899 von Seiten der sozialdemokratischen Fraktion des deutschen Reichstags eingebrachte Antrag Albrecht u. Gen., 3) Die von der neubegründeten „G^ellschaft für soziale Reform" in ihrer Ausschusssitzung vom 16. März 1901 angenommenen Leitsätze. ^) Auf einen am 12. Dezember 1898 von der freisinnigen Vereinigong eingebrachten Antrag „Pachnike-Rösicke^\ betr. die Errichtung eines Reichs- arbeitsamts einzugehen, liegt für uns keine Veranlassung vor, da derselbe nur ganz allgemein gehalten war. Er lautete: ^ßer Reichstag wolle beschliessen, den Herrn Reiclukanzler zu ersuchen, dahin zu wirken, dass ein Reichsaibeits- amt errichtet werde, welchem die Untersuchung und FeststeUung der Arbeiter- verhältnisse im Deutschen Reiche unter Zuziehung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern obliegt.*^ — 153 — Was zunächst den Schoenbergschen Vorschlag v. J. 1871 betrifft) so ist es natürlich nicht möglich, dessen eingehende Be- gröndong hier ausführlich wiederzugeben; vielmehr muss es ge- nügen, Schoenbergs Gedankengang nur mit einigen Worten kurz zu skizzieren. — Danach ist etwa das Folgende zu sagen: Erfüllt von den hohen Erwartungen, die man an die Grün- dung des neuen Deutschen Reiches zu knüpfen berechtigt sei, bezeichnet es Schoenberg als eine der wichtigsten Aufgaben des Kelches, mit zur Lösung der „Europa bedrohenden, sog. sozialen Frage" beizutragen, die sich ihm im wesentlichen als Arbeiter- frage darstellt. Ist nun die genaue Kenntnis der wirklichen Lage der arbeitenden Klasse wie der Ursachen der vorhandenen Übelstände die notwendige Voraussetzung einer solchen Lösung, diese Voraussetzung aber noch nicht erfUlt, so folgt daraus die Notwendigkeit, diesbezügliche Feststellungen vorzunehmen^ und zwar als eine Pflicht, nicht etwa der Einzelstaaten, sondern des Beiches, 4ft wir es nicht mit einer preussischen, badischen oder bayerischen, sondern mit einer deutschen Volkswirtschaft zu thun haben. Da jene Feststellungen aber nicht nur eine vorübergehende, sondern eine dauernde Aufgabe des Reiches bilden, bedarf es zu ihrer Erfüllung ständiger Reichsorgane; und zwar müssen sich diese Organe als besondere Reichsämter darstellen. „Denn", sagt Schoenberg, „die allgemeinen statistischen Bureaus mit ihrem Sitze an den Zentralpunkten der Reichsverwsdtung reichen ihrer ganzen Organisation nach zu jenem Zweck nicht hin. Selbst wenn man sie vermehren und ihre Organisation ändern wollte, so würde die Vereinigung dieser Erhebungen mit anderen in einem Bureau die Sache nur gefährden, der neuen Organisation auch nicht die Entwicklung geben, die sie haben muss. — Der umfang der Erhebungen ist so bedeutend, dass sie vollkommen die Thätigkeit besonderer Amter ausfüllen. Aus gleichen Oründen kann diese Arbeit nicht als eine neue, den schon vorhandenen Verwaltungsbeamten übertragen werden." Erwähnen wir endlich, dass Schoenberg auch die Notwendig- keit persönlicher, an Ort und Stelle duich besonders qualifizierte und privilegierte Beamte vorgenommener Erhebungen betont, so wird man die von ihm vorgeschlagene Organisation der Arbeiter- statistik als eine durchaus logische und notwendige bezeichnen müssen. Dieselbe besteht nun darin, dass das Reich in bestimmte Bezirke geteilt und für jeden (mit einer Bevölkerung von etwa 250 000 Seelen) ein besonderes Arbeitsamt errichtet wird. — Je 8 solcher hinter werden sodann einem Oberamt unterstellt, und wird ihnen allen als oberste Behörde ein Zentralamt ^) über- geordnet. Hinsichtlich des Personals wird nur bemerkt, dass ^) Dasselbe war von Seh. als eine Abteilung des damaligen Beichs- kanzleramts gedacht. Statt dessen wlirde heute wohl auch für Seh. das Reichs- amt des Innern in Frage kommen. — 154 — dasselbe bei den einzelnen Arbeitsämtern aus einem Dirigenten (Amtmann), 2 Sekretären und den nötigen Schreibern zu be- stehen habe. Soll nun auch die Pflege einer umfassenden und fortlaufenden Arbeiterstatistik die Haniptaufgabe jener Arbeitsämter bilden, so soll ihre Thätigkeit doch nicht darauf beschränkt bleiben. Viel- mehr fasst Seh. als weitere Aufgaben für sie ins Auge: die Überwachung der vom Reiche zu erlassenden Arbeiter(schutz)- gesetze wie Oberhaupt die Forderung von Eeformen im Interesse der Arbeiter. Indem wir uns vorbehalten, auf diese Schoenbergschen Vor- schläge weiter unten zurückzukommen, begnügen wir uns, hier nur zweierlei zu betonen, nämlich: 1) dass — wie vorhin schon erwähnt — auch Schoenberg mit der Pflege der Arbeiterstatistik ein besonderes Reichsamt betraut wissen will, 2) dass — wenig- stens soweit es sich lediglich um die statistische Aufgabe han- delt — bei dem Schoenbergschen Plane jegliche Konkurrenz zwischen Reichs- und Landesbehörden, wie sie besonders von Herrn v. Scheel als bedenklich bezeichnet wurde, durchaus ver- mieden ist. Der Pflege der Arbeiterstatistik als der Aufgabe einer be- sonderen Reichsbehörde begegnen wir auch in dem, an zweiter Stelle erwähnten Vorschlag, dem von der sozialdemokratischen Fraktion des Reichstags eingebrachten Antrag Albrecht u. Gren. — Jedoch wird der Pflege der Arbeiterstatistik hier eine ent- schieden andere Stellung angewiesen als bei Schoenberg, wie sich denn überhaupt jener sozialdemokratische Antrag von dem Schoenbergschen nicht unwesentlich unterscheidet, — Ist dieser nämlich in erster Linie von dem Wunsche nach einer gründlichen Aufhellung aller auf die Lage der Arbeiter bezüglichen Ver- hältnisse diktiert, so zielt der sozialdemokratische Antrag darauf ab, durch eine Regelung der gewerblichen Arbeit auf die Ge- staltung der Arbeiterverhältnisse selbst Einfluss zu gewinnen.^) Zu diesem Zweck sollen Arbeitsämter (für jeden Bezirk einer höheren Verwaltungsbehörde je eines) errichtet werden, die als oberster Behörde einem Reichsarbeitsamt ^) unterstellt werden, um von diesem Vorschriften und Anweisungen über ihre dienst- lichen Verrichtungen zu erhalten. Unter den Aufgaben dieses Reichsarbeitsamts ^ wird an erster Stelle erwähnt: Der Erlass von Vorschriften zum Schutze for Gresund- heit und Leben der in gewerblichen Betrieben aller Art, einschliesslich der Heimarbeit, des Handels und ^) Noch deutlicher geht dies ans zwei Vorläufern des sozialdemokratischen Antrags ans den Jahren 1877 und 1885 hervor. — Danach soUten die ge- planten Arbeitskammem nämlich u. a. zur Festsetzung von Minimallöhnen be- fugt sein. *) Im Folgenden kurz mit R. A. A. bezeichnet >) Dr.-S. des Deutschen Reichstags, 10. Leg., I. Sess. 1898/1900, Ko. 465. — 155 — Verkehrs, der Land- und Forstwirtschaft, der Fischerei und Schiflferei sowie des Bergbaus gegen Entgelt be- schäftigten Personen. Femer: Die Anordnung und Oberleitung von Erhebungen über die Lohn-, Arbeits- und Lebensverhältnisse der ge- nannten Personen. Die Herausgabe und Veröffentlichung von Berichten über die stattgehabten Erhebungen, die Zusammenstellung der Jahresberichte d^r Arbeitsämter über ihre Thätigkeit, die Herausgabe von Veröffent- lichungen über die Bewegung des Arbeitsmarktes (Streiks und Arbeiteraussperrungen), der Arbeitslöhne, iurbeits- vermittelung und ähnliche soziale Einrichtungen. Als Aufgaben der einzelnen Arbeitsämter werden genannt: Ausfährung der Anweisungen und Anordnungen des R. A. A., Aufsicht über die oben erwähnten Betriebe nach den gesetzlichen Vorschriften und den Anordnungen des R. A. A. und der Organe der TJnfallversicherungs- genossenschaften. — Einrichtung des Arbeilsnachweises in den Grenzen des Arbeitsamtsbezirks, Errichtung von Einigungsämtem, Veröffentlichung eines Jahresberichts über seine amtliche Thätigkeit. Endlich: Einberufung der Sitzung der Arbeitskammer und Leitung derselben durch den als Leiter des Arbeitsamtes £ngierenden Arbeitsrat. Ein jedes Arbeitsamt soll nämlich zu seiner Unterstützung noch eine, aus mindestens ' 50 Mitgliedern bestehende Arbeits- kammer erhalten, die innerhalb ihres Bezirks das Recht hat, Untersuchungen anzustellen über: Gtehälter, Löhne, Arbeitsart und Arbeitsdauer, Lebensmittel- und Mietpreise, über die Wir- kung von Verordnungen und Gesetzen, insbesondere von Handels- verträgen, Zöllen, Steuern und Abgaben; femer Beschwerden und Missstände im gewerblichen Leben zur Kenntnis des R. A. A., der Landeszentralbehörden und der gesetzgebenden Körperschaften zu bringen, Anträge an dieselben zu stellen, sowie Gutachten abzugeben. Was nun die Bildung der genannten Körperschaften betrifft, so bleibt — nach § 1 des sozialdemokratischen Entwurfs — die Organisation der obersten Arbeitsbehörde, des R. A. A., der gesetzlichen Regelung vorbehalten. Dagegen werden hinsichtlich der Zusammensetzung der einzelnen Arbeitsämter bestimmte Vor- schläge gemacht. Danach wird die Arbeitskammer eines jeden Bezirks aus mindestens 50 Personen gebildet, die auf Grund gleichen, all- gemeinen und geheimen Stimmrechts auf die Dauer von 5 Jahren, zur Hälfte durch die grossjährigen Betriebsleiter, zur anderen — 156 — Hälfte durch die grossjährigen, gegen Entgelt beschäftigten Per- sonen des Bezirks gewählt werden (§ 13). Abweichend hiervon ist die Bildung der Arbeitsämter geregelt. — Während hier nämlich nur die Hilfsbeamten (mindestens zwei) gewählt werden, und zwar von der Arbeitskammer (zur Hälfte von den Vertretern der Betriebsleiter, zur Hälfte von den Vertretern der Arbeit- nehmer), und auf die Dauer von 5 Jahren, wird der als Leiter des Amts fungierende Arbeitsrat ernannt, und zwar von der Zentralbehörde desjenigen Bundesstaates, in dem das Arbeitsamt seinen Sitz hat. Ausserdem sind fOr die Beurteilung des von sozialdemo- kratischer Seite angeregten Organisationsplanes aber auch die folgenden Bestimmungen von Wichtigkeit: 1. das B. A. A. beruft alljährlich einmal Vertreter der Arbeitsämter und der Arbeitskammem, und zwar von letzteren mindestens je einen Vertreter der Betriebsleiter und der gegen Entgelt beschäftigten Personen, die jede Klasse der Arbeitskammer aus ihrer Mitte erwählt, zu einer Tagung, in der die zu lösenden Aufgaben beraten werden (§ 3), 2. der Vorsitzende der Arbeitskammer ist verpflichtet, diese mindestens alle 3 Monate einmal zu einer Sitzung zu- sammenzuberufen; er muss dieselbe zu ^iner ansseronlent- lichen Sitzung einberufen, sobald mindestens ein Drittel der Arbeitskammer mit Angabe des Gegenstandes, über den verhandelt werden soll, darauf anträgt (§ 22), 3. die Mitglieder der Arbeitskammer erhalten for die Sitzungen, welchen sie beiwohnen und far die Zeitversäumnis, welche die im Auftrage des Arbeitsamts oder der Arbeitskammer ausgeffihrten Beratungen und Arbeiten beanspruchen, Ent- schädigungen und Ersatz der Reisekosten, ebenso fär die Teilnahme an den Verhandlungen der vom B. A. A. ein- berufenen Tagung und der Einigungsämter (Art. IV. § 27) . . . 4. „soweitnachden§§105a— 105i, 115— 119b, 120a— 120e, 134— 139 a, 154 und 154a der Gewerbeordnung den höheren Verwaltungsbehörden Aufgaben zugewiesen sind, geht die Wahrnehmung dieser Aufgaben nach der Er- richtung der Arbeitsämter auf diese über. — Soweit nach den Vorschriften der Gewerbeordnung die unteren Verwaltungsbehörden bestimmte Aufgaben zu erftillen haben, treten diese Behörden in dasselbe Verhältnis zu den Arbeitsämtern, in dem sie vor Errichtung desselben zu der höheren Verwaltungsbehörde ihres Bezirks ge- standen haben," 5. ausser dem R. A. A. hat nach § 9 auch das einzelne Arbeitsamt das Recht, zum Schutz filr Leben und Ge- sundheit der in den ihm unterstelltenBetrieben beschäftigten — 157 — Personen Anordnungen zu erlassen und flir die Nichtbe- folgung derselben Geldstrafe bis zur Höhe von 300 Mk. oder Haft bis zu 6 Wochen anzudrohen und festzusetzen. — Auch kann es zur Durchfuhrung der von ihm er- lassenen Vorschriften Ordnungsstrafen bis zur Höhe von 300 Mk. oder Haft bis zu 6 Wochen verhängen, 6. das E. A. A. bUdet die oberste Instanz zur Entscheidung von Beschwerden (vgl. § 10). Obwohl dieser entschieden gross angelegte Plan, vor allem wegen seiner einheitlichen Regelung der verschiedensten, für die Arbeiter jedoch gleich wichtigen Materien Vieles för sich hat, glauben wir doch, dass nicht nur mancherlei politische That- sachen seiner Verwirklichung im Wege stehen, sondern dass sich auch verschiedene, rein sachliche Einwände gegen ihn erheben lassen. Was die letzteren betrifft, so scheint uns vor allem sowohl die Stellung, die der sozialdemokratische Entwurf der Pflege der Arbeiterstatistik anweist, als auch die Art ihrer Organisation keine befiiedigende zu sein. Während in dem sozialdemokratischen üitwurf nämlich erst an dritter Stelle von Erhebungen arbeits- statistischer Art die Rede ist (§ 2), sind wir vielmehr der Meinung, dass, sofern einem Arbeitsamt neben der Pflege der Arbeiter- statistik überhaupt noch andere Funktionen zugewiesen werden, jene — wie in dem Schoenbergschen Vorschlage — die Haupt- aufgabe und Grundlage jeder weiteren Thätigkeit des Amtes zu bilden habe. Dazu kommt, dass die Formulierung der arbeits- statistischen Aufgabe zum mindesten nicht klar erkennen lässt, ob nur je nach Bedürfiiis, d. h. nur gelegentlich Arbeiterstatistik getrieben werden soll oder ob — und auch das halten wir mit Seh. für absolut notwendig und wichtig — an eine fortlaufende systematische Pflege der Arbeiterstatistik gedacht ist. Endlich drittens aber fürchten wir, dass, wenn nach § 24 auch die Arbeitskammem berechtigt sind, Untersuchungen über Gtehälter, Löhne, Arbeitsart und ^beitsdauer, Lebensmittel- und Mietpreise u. dgl. anzustellen, dies nicht nur zu einer Zersplitterung der für die Zwecke der Arbeiterstatistik verfügbaren Kräfte, sondern auch zu einer Disparität der arbeitsstatistischen Ei^eb- nisse fiihren könnte. Dies Letztere nämlich deshalb, weil die Mit- glieder der Arbeitskammer bei den aus eigener Initiative veran- stalteten Untersuchungen an keinerlei Vorschriften von Seiten des einzelnen Arbeitsamts oder des R. A. A. gebunden sind, ohne eine sachgemässe Anlage derartiger Untersuchungen aber — und irgend welche Garantien sind für eine solche doch nicht ohne weiteres vorhanden — die gewonnenen Resultate möglicherweise nur sehr bedingten Wert haben. Zahlreicher noch als diese rein sachlichen Bedenken dürften jedoch die der Durchführung des sozialdemokratischen Entwurfs entgegenstehenden politischen Momente sein. — 158 — Indem wir uns darauf beschränken, von ihnen hier nur die wichtigsten hervorzuheben, verweisen wir vor allem auf die durch den Entwurf geschaffene, nicht unbeträchtliche Ausdehnung der Reichsgewalt auf Kosten der Einzelstaaten. So kommt die diesen bisher zustehende Ernennung der Oe- werbeinspektoren, deren Funktionen von den Arbeitsämtern über- nommen werden sollen, in Fortfall; desgleichen die den Einzel- staaten auf Grund der §§ 105 h (Ausnahmen, betr. die Be- stimmungen über die Sonntagsruhe), 120 d, e (Anordnung von Sicherheitsmassregeln) der Gewerbeordnung zustehenden ver- waltungsrechtlichen Befugnisse.* Etae Ausdehnung der Reichsgewalt auf Kosten der Einzel- staaten muss femer in den Bestimmungen des § 7 des sozial- demokratischen Entwurfs erblickt werden, wonach die unteren Verwaltungsbehörden, soweit sie nach den Vorschriften der Ge- werbeordnung bestimmte Aufgaben zu erfüllen haben, nunmehr zu dem Arbeitsamt ihres Bezirks in dasselbe Verhältnis treten, in dem sie bis dahin zu der höheren Verwaltungsbehörde ihres Bezirks gestanden haben. Im Hinblick auf ihre Durchführung wenig aussichtsvoll er- scheinen auch die Bestimmungen der §§ 2 und 9, sofern danach neben dem R. A. A. auch noch die einzelnen Arbeitsämter das Recht haben sollen, nicht nur Arbeiterschutzbestimmungen zu erlassen, sondern auch für deren Nichtbefolgung Ordnungsstrafen bis zur Höhe von 300 Mk. oder 6 Wochen Haft zu verhängen. Ein Moment für sich bildet das Streben des sozialdemo- kratischen Antrags, in den Entwurf Materien einzubeziehen, die — wenn auch noch keine endgültige und völlig befriedigende — doch bereits eine Regelung, und zwar in anderer Weise geftinden haben. Wir rechnen dahSn — abgesehen von der bereits er- wähnten, völligen Neugestaltung der Q^werbeinspektion — die Organisation der Arbeitsnachweise und der Einigungsämter. Hin- sichtlich der letzteren begnügen wir uns auf die letzte Novelle zum Gewerbegerichtsgesetz zu verweisen. Was aber die Frage der Arbeitsnachweise betrifft, so halten wir, so sehr wir auch eine mögliche Zentralisation derselben für nötig und erstrebenswert ansehen, es doch weder für thunlich, noch für aussichtsvoll, hier in eine Bewegung einzugreifen, die in erfreulicher Zunahme begriffen ist und besonders iu Süddeutsch- land (Württemberg) bereits namhafte Erfolge aufzuweisen hat. Ein letztes Bedenken endlich erweckt iu uns die Grösse des geforderten Apparats und die Höhe der notwendigerweise damit verknüpften Kosten. — Wir haben dabei nicht die auch von uns für durchaus zweckmässig erachtete Errichtung mehrerer Arbeitsämter, sondern lediglich die Organisation der Arbeits- kammem im Auge, deren Mitgliederzahl — dies aber auch aus rein praktischen Gründen — uns viel zu gross erscheiut. — Soll nämlich für jeden Bezirk einer höheren Verwaltungsbehörde ein — 159 — Arbeitsamt erriclitet (§ 4), jedem Arbeitsamt aber wieder eine Arbeitskammer beigegeben werden (§ 12), so würden bei einer Gesamtzahl von 58 höheren Verwaltungsbehörden im Ganzen also 58 Arbeitskammern zu errichten sein. -— Setzt sieh nun eine jede Arbeitskammer nach § 12 aus mindestens (!) 50 Mit- gliedern zusammen, so ergäbe sich ein Gesamtpei^sonal von 2900 Kammermitgliedem, die nach § 22 jährlich zu nündestens vier Sitzungen zusammentreten. Von diesen 2900 Personen vereinigen sich nach § 3 zu einer einmaligen besonderen Tagung noch ausserdem 116 Personen. SoUen nun die Mitglieder der Arbeits- kanuner — nach § 26 — für die Sitzungen, denen sie beiwohnen (und für die Zeitversäumnis, welche die im Auftrage des Arbeits- amts oder der Arbeitskammer ausgeführten Beratungen und Arbeiten beanspruchen), ebenso für die Teilnahme an den Ver- handlungen der vom R. A. A. einberufenen Tagung (§ 3) (und der Einigungsämter) Entschädigungen und Ersatz der Reisekosten erhalten, so ist leicht einzusehen, dass die daraus erwachsenden Verwaltungskosten eine sehr beträchtliche Höhe erreichen würden. Wenden wir uns endlich den erst jüngst von Seiten der „Gesellschaft für soziale Reform" gemachten Vorschlägen zu, so können wir uns insofern kurz fassen, als es sich bei ibiien nicht, wie bei dem sozialdemokratischen Antrag, um eiuen bis ins Ein- zelne ausgearbeiteten Gesetzentwurf, sondern vorerst nur um die AuftteUung gewisser Grundgedanken handelt. — Dieselben lauten: 1. Es ist durch Gesetz ein Reichsarbeitsamt zu errichten mit folgenden Aufgaben: a) Feststellung und Elarlegung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse der Lohnarbeiter und der ihnen gleichstehenden Angestellten zum Zwecke der Gesetzgebung und Verwaltungsthätigkeit, wie z. B. der ZaM der Arbeiter und der Arbeiterkategorien, der Löhne, Arbeitszeiten und sonstigen Arbeits- bedingungen, hygienischen und sittlichen Zustände, der Ernährung, Wohnung, Erziehung, Arbeiter- budgets und ihrer Familienverhältnisse; b) Ermittelung des Verhältnisses der Arbeiter zu den Arbeitgebern, der Thätigkeit der Arbeiterausschüsse, der Wirksamkeit der Gewerbegerichte und Eini- gungsämter, von Ursachen, Verlauf, Beendigung und Folgen von Streiks und Aussperrungen, der Lage und der Thätigkeit der Organisationen der Arbeiter und der Arbeitgeber; c) Fortlaufende Beobachtung der Wirkung der Arbeiter- schutz- und Versicherungsgesetze auf die Lage der Arbeiter und der Unternehmer. d) Vorschläge an den Reichskanzler auf Grund der Ergebnisse der oben erläuterten Thätigkeit. — 160 — 2. Das Eeichsarbeitsamt bildet ein selbständiges Amt, wie z. B. das Reichspatentamt, das Kaiserl. Stat. Amt. Es hat einen eigenen Direktor, die nötigen ständigen Mit- glieder nnd Hülfsarbeiter. Zu den ständigen Mitgliedern gehört ein Vertreter des Kaiserl. Stat. Amts. Es unter- steht dem Staatssekretär des Eeichsamts des Inneren. 3. Dem Eeichsarbeitsamt wird ein Beirat beigegeben, be- stehend aus 36 Personen, welche vom Beichskanzler möglichst auf Grand von Vorschlägen der Beteiligten za Vs aus Arbeitgebern, zu Vs aus Arbeitnehmern, zu Vs aus unparteiischen Sachverständigen ernannt werden. Dieser Beirat hat sowohl bei Aufstellung des generellen Arbeits- plans wie bei den einzelnen Erhebungen als sachverstän- diges Organ zu dienen. 4. Das Eeichsarbeitsamt ist befugt, zur Erledigung seiner Aufgaben die Behörden der Einzelstaaten zu requirieren, die dem Ansuchen stattzugeben haben. Es ist femer befugt, von Arbeitgebern und Arbeitnehmern schriftliche Auskunft zu fordern, welche nicht verweigert werden darf. 5. Die Eesultate der Untersuchungen des Eeichsarbeitsamts werden veröffentlicht. Aussei^em giebt das Amt eine Zeitschrift heraus, welche das wichtigste Material zur Beurteilung der Lage der Arbeiter enthält, wie die Labour Gazette u. a. Sollen wir aus diesen Leitsätzen kurz dasjenige hervorheben, worauf es uns bei Erörterung des fraglichen Problems vor allem anzukommen seheint, so erblicken wir dasselbe: 1. darin, dass die Errichtung eines besonderen Eeichsamts gefordert wird, 2. dass dessen Aufgabe im wesentlichen als eine statistische (im weiteren Sinne des Worts) gedacht wird, 3. dass man es vermieden hat, für das Amt verwaltungs- rechtliche Befugnisse zu beanspruchen, die es in Kon- kurrenz mit den Landesbehörden bringen würden, 4. dass das Amt auf dem Wege der Gesetzgebung begründet werden soll, 5. dass man dem Amt, um ihm die „zu einer fruchtbringen- den Arbeit notwendige Fühlung mit dem praktischen Leben" zu geben, einen Beirat zur Seite steUen will. So sehr aber auch wir die Berücksichtigung dieser Grund- gedanken bei Errichtung eines E. A. A. für nötig erachten, so ^) Diese Bestimmungen decken sich fast vollkommen mit den Vorschlägen, die der verdiente Herausgeber der „Sozialen Praxis^\ E. Franke, bereits in No. 88 des YII. Jahrganges dieser Zeitschrift (23. Juni 1898) bezüglich eines „Reichsamts für Arbeiterstatistik in Deutschland^^ gemacht hat; nur dass Franke auf die Errichtung eines Beirats verzichtet, dafür aber vorschlägt, Arbeitgeber und Arbeiter mit beratender Stimme zu den Arbeiten des R. A. A. selbst heranzuziehen. — IGl — können wir uns doch hinsichtlich einiger Einzelheiten mit den Vorschlägen der „Gesellschaft für soziale Reform" nicht ein- verstanden erklären bezw. glauben wir, dass über dieselben noch hinauszugehen wäre. Vor allem sind wir der Ansicht, dass ein Arbeitsamt für das ganze Reich auch beim besten Wülen nicht in der Lage ist, den an dasselbe gestellten Anforderungen völlig zu genügen; und zwar selbst dann nicht, wenn es gelänge, in das betr. Gesetz einen Passus aufzunehmen, nach dem das R. A. A. befugt wäre, zur Erledigung seiner Aufgaben die Behörden der Einzelstaaten zu requirieren^) (vergl. Ziffer 4). Auch wenn dies geschähe, träfe nämlich u. Er. auch heute noch völb'g das zu, was Schoenberg gegen die Verwendung der allgemeinen statistischen Bureaus für die Zwecke der Arbeiter- statistik bereits vor 30 Jahren geltend machte, und was von uns oben bereits im Wortlaut mitgeteilt worden ist. Sind wir danach aber genötigt, fiir die Organisation der Arbeiterstatistik gleich Schoenberg die Errichtung einer Mehr- zahl von Arbeitsämtern zu fordern, so würden wir doch — anders als er — vorschlagen, Zahl und Verteilung dieser Arbeitsämter nicht von einer bestimmten Bevölkerungszahl abhängig zu machen, sondern, wie es jener sozialdemokratische Entwurf plante, soviel Arbeitsämter zu begründen als höhere Verwaltungsbehörden vor- handen sind, und die Ämter derjenigen Bezirke, die eine be- sonders hohe Ziffer erwerbsthätiger Personen bezw. gewerblicher Betriebe aufweisen, nur mit einem entsprechend grösseren Be- amtenpersonal auszustatten. Wie Herr v. Berlepsch seinem R. A. A. einen Beirat zur Unterstützung beigeben will, würden wir — ähnlich dem sozial- demokratischen Entwurf -- aber auch jedem Arbeitsamt einen solchen Beirat zur Seite stellen, der sich ebenfalls auf Grund gleicher und direkter Wahlen zur Hälfte aus Vertretern der Arbeitgeber, zur anderen aus solchen der Arbeitnehmer zusammen- zusetzen hätte. Endlich sei noch auf einen, allerdings untergeordneten Punkt verwiesen, in dem wir mit der von Herrn v. Berlepsch ver- tretenen Auffassung nicht übereinstimmen. Anders als er möchten wir nämlich das sub d) seiner Leitsätze erwähnte Recht des Ob übrigens die Einzelstaaten geneigt sein würden, ihre Behörden — und unter ihnen doch wohl vor allem die statistischen Ämter — den jeweiligen Bedürfnissen des R. A. A. dienstbar zu machen, erscheint uns zweifelhaft, da sich Requisitionen von Seiten des R, A. A. wahrscheinlich ziemlich häufig nötig machen würden. Eine Befürchtung dieser Art suchte Herr v. Berlepsch in jener Ausschusssitzung vom 16. März 1901 zwar mit dem Hinweis auf den Staatssekretär des Innern zu entkräften, der einer übermässigen Inanspruch- nahme der bundesstaatlichen Behörden durch das R. A. A. ja sofort vorbeugen könne. Allein es ist doch fraglich, ob das R. A. A. auch dann noch in der Lage wäre, den ihm gestellten Aufgaben zu genügen. Dreydorff, Ein deutsches Reichsarbeitsamt. 11 — 162 — R. A. A. , dem Reichskanzler auf Grund der gewonnenen statisti- schen Ergebnisse Vorschläge zu machen, diesem genommen und lediglich dem Reichsarbeitsrat bezw. auch den einzelnen Arbeits- räten zugestanden wissen; und dies, um auch nur den Schein, es handle sich bei der Thätigkeit des R. A. A. um irgendwelche Tendenzstatistik, von vornherein auszuschliessen. Als eine besondere Schwierigkeit verbleibt für die Organisa- tion der Arbeiterstatistik in Form eines selbständigen R. A. A. freilich noch die von dem sozialdemokratischen Entwurf nicht beantwortete, in den Berlepschschen Sätzen nur flüchtig berührte Frage nach dem Verhältnis des R. A. A.: a) zu den Organen des Reiches, die bereits Arbeiterstatistik treiben bezw. infolge der ihnen zu Gebote stehenden Quellen zur Lösung bestimmter arbeitsstatistischer Aufgaben besonders geeignet erscheinen, b) zu denjenigen Verwaltungszweigen der Einzelstaaten, hinsicht- lich deren die Einzelstaaten entweder vöUig selbständig sind oder für welche das Reich doch nur in beschränktem Masse zu- ständig ist. Was das Letztere betrifft, so erachten wir uns zu einem Urteil darüber nicht für kompetent und halten es deshalb auch für zwecklos, irgend welche Erwägungen darüber anzustellen, ob oder wie die durch jenes Verhältnis begründeten Schwierig- keiten gelöst werden könnten. Nur soviel sei bemerkt, dass, wenn sich zwischen den ein- zelnen Bundesstaaten in dieser Hinsicht und zwar zu Gunsten einer allgemeinen Reichsarbeiterstatistik eine Einigung nicht er- zielen Hesse, gewisse Betriebe und Personenkategorien eben bis auf weiteres der statistischen Thätigkeit des Reichsarbeitsamtes vorenthalten bleiben müssten. Was aber das Verhältnis des R. A. A. zu anderen Organen des Reiches betrifft, die entweder bereits Arbeiterstatistik treiben oder aber zur Pflege derselben besonders geeignet erscheinen, so sind hier wieder zu unterscheiden: a) solche, die in derselben Weise wie das R. A. A. vom Reichsamt des Inneren ressortieren (K. St. A., R. V. A. und andere), b) solche, die sich als selbständige Reichsämter darstellen (Reichsmarineamt u. s. w.). Während die Schwierigkeit im ersten Falle in der Ab- grenzung der den einzelnen Ämtern zufallenden Arbeitsgebiete bestehen würde, wäre sie im anderen in der Frage gelegen, ob bezw. inwieweit dem R. A. A. innerhalb eines anderen Ressorts eine selbständige (arbeitsstatistische) Thätigkeit zugestanden werden soll. Sind diese Schwierigkeiten sonach auch verschiedener Art, so glauben wir doch, dass dieselben auf die gleiche Weise zu lösen wären; nämlich dadurch, dass man, dem österreichischen — 163 — Vorbilde folgend, je 1 Vertreter der verschiedenen Reichsbehörden als ständige Mitglieder des vom Leiter des R. A. A. präsidierten Reichsarbeitsrats — nicht des R. A. A., wie es v. Berlepsch hinsichtlich des Vertreters des K. St. A. vorschlägt — dele- giert und alles Weitere der mündlichen Verständigung der Be- treffenden überlässt. Sollen wir nach dem Gesagten endlich auch die von uns geltend gemachten Vorschläge genauer zu formulieren suchen, so würden wir den nachstehenden Entwurf als geeignete Grundlage für eine weitere Erörterung der Frage nach der Organisation einer deutschen Reichsarbeiterstatistik glauben ansehen zu dürfen. § 2. Gesetzentwurf, betr. die OrflnduDg eines arbeits- statistiselien Seielisamts (Beiclisarbeitsamts). § 1. Zur Feststellung und Klarlegung der wirtschaftlichen und sozialen Lage der Lohnarbeiter und der ihnen gleichstehenden Angestellten sind arbeitsstatistische Daten systematisch zu er- heben, zu verarbeiten sowie periodisch zu veröffentlichen. Es ist ausserdem von dem in § 2 genannten Reichsarbeits- amt eine periodisch erscheinende Zeitschrift herauszugeben, die rasch und zuverlässig über alle wichtigen Erscheinungen des inländischen und ausländischen Arbeitsmarktes, der Arbeiter- bewegung und Arbeitergesetzgebung, Einrichtungen der Arbeiter- fürsorge, der Thätigkeit der Einigungsämter und Schiedsgerichte u. s. w. zu berichten hat. §2. Zur Erfüllung der in § 1 bezeichneten Aufgaben werden Arbeitsämter errichtet, und zwar für jeden höheren Verwaltungs- bezirk jedes Bundesstaates je ein Arbeitsamt. Diesen Arbeitsämtern wird als Centralbehörde ein Reichs- arbeitsamt übergeordnet, das dem Staatssekretär des Reichsamts des Inneren untersteht. Die erforderliche Anzahl von Beamten und sonstigen Hülfs- organen ist vom Reichskanzler zu ernennen. § 3. Die den einzelnen Arbeitsämtern zufallenden Feststellungen werden nach Gegenstand und Plan vom Reichsarbeitsamt an- geordnet und unterliegen dessen Oberleitung. §4. Sollen Erhebungen hinsichtlich solcher Betriebe angestellt werden, welche der selbständigen Verwaltung eines Bundesstaates 11* — 164 — unterstehen oder dem Wirkungski-eise eines anderen selbständigen Eeiebsamts angehören, so ist dafür die Zustimmung des betr. Bundesstaates bezw. des Staatssekretärs des betr. Reichsamts erforderlich. §5. Die Auskünfte, welche aus Anlass der arbeitsstatistischen Erhebungen auf Grund dieses Gesetzes verlangt werden, sind seitens der hierzu Aufgeforderten genau und wahrheitsgemäss zu liefern. Den Organen des R. A. A. bezw. der Arbeitsämter ist zum Zweck der ihnen obliegenden Erhebungen die Einsichtnahme in die Arbeiterverzeichnisse, Lohnlisten u. s. w. zu gestatten. Den- selben ist auch jederzeit, in der Nacht jedoch nur während des Betriebs, der Eintritt in die Arbeitsräume und die übrigen zum Betriebe gehörigen Räumlichkeiten (einschliesslich etwaiger Ai- beiterwohn- oder Unterkunffcs-räume) zu gewähren. Die Berufsgenossenschaften können für die vom R. A. A. benötigten Auskünfte in derselben Weise wie vom R. V. A. in Anspruch genommen werden. Die Behörden der Einzelstaaten wie deren Aufsicht unter- stellte öffentlich-rechtliche Korporationen können um die für die Thätigkeit des R. A. A. erforderliche Unterstützung ersucht werden. § 6. Für Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen des § 5, Abs. 1. können vom R. A. A. Ordnungsstrafen, in Geld bis zu 30 Mark oder Haft bis zu 8 Tagen, verhängt werden.^) Der Verhängung einer Ordnungsstrafe hat die Androhung derselben voranzugehen. Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen des § 5, Abs. 2, werden, sofern dieselben nicht dem Thatbestand einer nach dem Strafgesetzbuch schwerer zu ahndenden Strafe begründen, mit Geldstrafe bis zu 30 Mark oder mit Haft bis zu 8 Tagen bestraft. §7. Die Geheimhaltung der aus Anlass der arbeitsstatistischeu Erhebungen zur Kenntnis der Beamten und Angestellten des R. A. A. (der Arbeitsämter) gelangenden Betriebs- und Geschäfts- verhältnisse, technischen Einrichtungen u. dergl. ist strenge Amts- pflicht der betr. Personen, auch über die Dauer ihrer amtlichen Eigenschaft hinaus. Die Verletzung dieser Amtspflicht wird mit Gefängnis nicht unter 3 Monaten bestraft. *) Dies Strafmass ist nur gewählt in Rücksicht auf R. Gew. O. § 149, Ziffer 7. — Sonst dürfte eine höhere Strafe wohl angemessen sein (vgl. den österreichischen Entwurf). — 165 — §8. Für die in § 6, Abs. 3 und § 7 bezeichneten Zuwider- handlungen sind cUe ordentlichen Gerichte zuständig. §9. Zur Unterstützung des R. A. A. wie der einzelnen Arbeits- ämter wird dem ersteren ein Reichsarbeitsrat (R. A. R.), jedem •Arbeitsamt je ein Axbeitsrat beigegeben. Der R. A. R. wird gebildet aus dem Leiter des R. A. A. als Vorsitzenden, aus je einem Vertreter der übrigen Reichsämter und aus 30 weiteren Mitgliedern, welche bestehen zu einem Drittel aus Arbeitgeber- Vertretern, zu einem Drittel aus Arbeitnehmervertretem, zu einem Drittel aus fachmännisch gebildeten Personen. Die Betreffenden sind vom Reichskanzler zu ernennen, und zwar die Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus der Mitte der Arbeitsräte. § 10. Die Arbeitsräte werden gebildet aus dem Leiter des Arbeits- amts als Vorsitzendem und 12 Personen, welche in getrennten Wahlhandlungen auf Grund gleichen, direkten und geheimen Wahlrechts zur Hälfte von den Arbeitgebern, zur Hälfte von den Arbeitnehmern des betr. Bezirks gewählt werden. Der (die) Gewerbeaufsichtsbeamte(n) des betr. Bezirks ist (sind) jederzeit berechtigt, an den in § 12 erwähnten Sitzungen mit beratender Stimme teilzunehmen, und von deren Einberufung vom Vorsitzenden rechtzeitig in Kenntnis zu setzen. § 11. Der R. A. R. wie die Arbeitsräte sind befugt: a) Vorschläge für etwaige Untersuchungen zu machen, b) an den Reichskanzler Anträge betr. den Erlass von Ar- beiterschutzbestimmungen zu richten. § 12. Der R. A. R. ist vom Leiter des R. A. A. jährlich einmal zu einer Tagung einzuberufen. Er ist zu einer ausserordentlichen Tagung einzuberufen, wenn Vs der 30 Mitglieder des § 9 darauf antragen. Die Einberufung der Arbeitsräte erfolgt nach Eimessen der Leiter der Arbeitsämter, in jedem Halbj^äir jedoch mindestens einmal. § 13. Die Mitglieder des R. A. R. wie der Arbeitsräte sind für die ihnen aus ihrer Mitgliedschaft erwachsenden Kosten und Zeitversäumnis zu entschädigen. — 166 — § 14. Über die Wahl der Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter, über die Greschäftsordnong des E. A. A. und der Arbeitsräte, sowie über die Höhe der auf Grund des § 15 zu leistenden Ent- schädigungen hat der Beichskanzler auf dem Yerordnungswege das Nähere zu bestimmen. § 15. Die aus der Durchführung dieses Gesetzes erwachsenden Kosten werden vom Reiche übernommen und sind in den Beichs- etat einzustellen. Litoraturangabe. Inama-Sternegg^, Arbeitsstatistik, Stat. Monatsschrift, 1892. y. Mayr, Deutsche Arbeiterstatistik, Methodologisdies und Technisches, AUg. stat Archiv, III. Jahrg. 1894. Neu mann, unsere Kenntnis von den sozialen Zustanden u. s. w., Jahrb. für Nationalökonomie und Stat 18. S. 278 ff. Bücher, Die Wohnungsenquete der Stadt Basel vom 1.— 19. Febr. 1889. Schoenberg, Arbeitsämter, eine Aufgabe des Deutschen Reiches, Akademische Rede, 1871. derselbe, Arbeitsbureaus und arbeitsstatistische Ämter, H.W.B. L S. 970 ff. Joachim, Institute für Arbeitsstatistik, 1890. Coroll D. Wright, Die Organisation der arbeitsstatistischen Ämter in den Verein. 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